Elfenschwestern
jene Stunden …
alles das vergessen?
„Da kommt der weiße Schwan“, begrüßte Rose ihre Schwester spöttisch. „Was ist passiert, Lilylein? Gefällt dir dein Prinz nicht?“
Lily betrachtete ihre Schwester nachdenklich. Sie war ein Bildnis in Schneeweiß und Ebenholz, wie sie da so mit funkelnden Veilchenaugen inmitten ihrer Verehrer stand. Die jungen Herren hatten ja keine Ahnung, dass die Glut in Roses Blick durch Wut entfacht worden war.
„Danke für diese Begrüßung, liebste Rose. Und? Fühlst du dich jetzt besser?“, erkundigte Lily sich.
„Nein“, sagte Rose knapp. „Aber es war einen Versuch wert.“
Lily lächelte die jungen Fey an, packte Roses Arm und zog sie mit sich.
„Hey, Tiger“, protestierte Rose. Ihre Kavaliere protestierten auch. Nur Robert Swanscot schenkte Lily ein kleines Lächeln, bevor er die Lücke schloss, die Rose im Kreis der Fey hinterlassen hatte.
Lily war unerbittlich. Erst nach einigen Schritten ließ sie die Schwester los, drehte sich zu ihr um und bohrte ihren Blick in Roses. „Mach das nicht“, sagte Lily eindringlich. „Fang nicht an mich zu hassen. Ich brauche dich. Und Grayson braucht uns beide.“
Rose seufzte abgrundtief. „Ich weiß. Aber es ist so hart.“ Sie sah weg. „Als er dich geküsst hat … Da habe ich mir gewünscht wie nichts auf der Welt, ich wäre du.“
„Ja“, sagte Lily trocken. „Das hätte ich mir auch gewünscht, das kannst du mir glauben. Allerdings ist mein Kleid schöner, das würde ich nicht hergeben.“
Rose lachte laut heraus.
Lily hörte es mit Erleichterung. „Hör zu, Rosie. Ich habe einen Plan.“
„Gut! Wir können einen neuen gebrauchen. Ist der Duke am Ende tot?“
„Nein, aber vielleicht nicht mehr ganz so mächtig.“
Rose bekam die zwei Falten auf der Stirn. „Tiger, Tiger“, sagte sie. „Was hast du vor? Wie willst du ihn schwächen?“
Lily lächelte. „Indem wir Grayson stärken“, zitierte sie die Nymphe und überlegte, ob sie nicht vielleicht am nächsten Tag ihre Abendschuhe am Ufer des schwarzen Sees aussetzen sollte.
Deal ist schließlich Deal, dachte sie.
Porter Chapman war nervös. „Und du bist sicher, das ist im Sinne der Chronisten?“, fragte er zum wiederholten Male.
Rose schnaubte, aber Lily sagte einfach: „Heldenhaft, Porter, sei heldenhaft.“
Und Porter ging schweigend weiter.
Sie hatten das Dienstbotengeschoss erreicht und liefen den schmalen, schmucklosen Flur mit den vielen geschlossenen Türen entlang. Graysons Hand lag heiß in Lilys. Rose ging auf seiner anderen Seite. Graces Absätze klapperten hinter ihnen über die rohen Dielen. Gwyneth fragte leise: „Wie weit noch?“
Lily blieb vor Jolyons Zimmer stehen. „Wir sind da.“
Porter nestelte nach dem Schlüssel. Sobald er die Tür geöffnet hatte, drängten die Lancasters an ihm vorbei. Lily ging als Letzte.
Der junge Mann reichte ihr das Bündel, das er getragen hatte.
„Danke, Porter“, sagte sie. „Jetzt tu mir noch einen Gefallen und behalte die Yorks im Auge. Wir beeilen uns auch.“
Entschlossen machte Lily die Tür vor seiner Nase zu. Als sie sich umdrehte, entdeckte sie, dass die Kammer viel kleiner wirkte als noch vor wenigen Stunden. Das könnte daran liegen, dass sie so vollgepfercht ist, dachte Lily. Man kann sich ja kaum rühren vor lauter Lancasters. Unwillkürlich schweifte ihr Blick an Roses bauschigem Tüllrock vorbei zu der Stelle, an der noch vor wenigen Stunden Jolyons Seesack gestanden hatte. Er war verschwunden.
Das gab ihr einen Stich. Jolyon war also fort. So schnell. Gut, dachte Lily gezwungen optimistisch, dann muss ich mich wenigstens nicht mehr darum sorgen, was ich tue, wenn ich ihm begegne.
Lily holte tief Luft. „Wir müssen hinaus“, befahl sie. „Aufs Dach.“ Sie trat zum Fenster, löste den Haken und riss es weit auf.
„Du erinnerst mich schon an den Collegeboy“, murrte Rose. „Was für ein Kommandoton.“
Lily drehte sich zu ihrer Schwester um, um zu sehen, ob das als Gemeinheit gedacht gewesen war.
War es nicht. Rose machte im Gegenteil ein ganz erschrockenes Gesicht. „Entschuldige“, sagte sie betreten. „Ich habe nicht nachgedacht.“
„Ist schon okay. Ich glaube, es geht mir besser, du machst hin und wieder einen Witz über ihn, als dass wir ihn totschweigen.“
„Das kriege ich problemlos hin.“
Lily grinste ihre Schwester an.
„Tiger“, fragte Grayson von Porters Bett her, von dem er mit den Beinen baumelte. „Was machen wir
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