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Elfenschwestern

Elfenschwestern

Titel: Elfenschwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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umschlossen von einer weichen, warmen Hand. Lily sah auf.
    Alles an Grace Lancaster war weich: ihr schulterlanges Haselnusshaar, das sich an den Spitzen nach außen drehte, der Ausdruck ihrer warmen braunen Augen, der Schwung ihrer Formen, die sich unter dem wollweißen Kaschmirkleid abzeichneten, das Kleid selbst, und, dachte Lily, als Grace sagte: „Ach, Liebes“, ihre Stimme.
    „Es wird alles gut gehen“, versprach Grace mit dieser weichen Stimme. „Versuch dich zu entspannen.“
    Rose, die vorne neben Gwyneth saß, drehte sich um. Sie sagte nichts, die Schwestern verständigten sich einzig durch Augenkontakt. Das machten sie jetzt häufig so, wenn sie nicht allein waren.
    Nur Mut!, sagte Roses Blick. Okay?
    Okay, sagte Lilys. Ich versuch’s.
    Rose lächelte. „Pfefferminz?“, fragte sie. „Irgendjemand?“
    „Ja danke, Rose.“ Um nach dem kleinen flachen Blechdöschen mit den weißen Bonbons zu greifen, nahm Grace ihre Hand von Lilys.
    Lily war gleichzeitig erleichtert und enttäuscht. Ihre Tanten waren zugegebenermaßen eine angenehme Überraschung gewesen, als sie vor vier Tagen in Pipers Corner auftauchten. Sie schienen von einer Entschlossenheit beseelt, Grayson zu finden, die der Lilys und Roses in nichts nachstand. Aber Lilys Instinkte riefen: Vorsicht! Und Roses waren, wie Rose es ausdrückte, in höchster Alarmbereitschaft.
    „Wir bleiben wachsam“, hatte sie Lily erklärt, als sie nach jenem ersten Treffen Kriegsrat in der Küche hielten. Ganz alleine. Ohne Duncan, ohne Jolyon. Es gab jetzt nur noch sie zwei.
    „Aber sie sind unsere Tanten“, wandte Lily ein. „Familie!“
    Rose schüttelte den Kopf. „Sie sind Fremde“, sagte sie. „Erst mal.“
    Das bedeutete für Lily nicht nur, die neuen Tanten aufmerksam zu beobachten, sondern auch, sich selbst zurückzuhalten. Sich nicht fallen zu lassen, die Schwestern ihres Vaters nicht spontan ins Herz zu schließen. Das war schwer, weil sie die Lancasters mochte, und noch schwerer, weil es sich so gut anfühlte, dass da plötzlich zwei Erwachsene aufgetaucht waren, die sich um sie kümmern, ihnen Verantwortung abnehmen und sie auch mal liebevoll in die Arme schließen wollten.
    „Ich muss euch etwas gestehen“, sagte Grace plötzlich, gerade als Gwyneth den Bentley aus dem dichten Wald hinaus ins Sonnenlicht lenkte. „Ich weiß, wir wollen unsere Gastgeber unauffällig ausspionieren. Und ich weiß, wir hoffen mehr als alles andere, herauszufinden, wo Grayson ist. Aber“, sie machte eine Pause, in der sie Lily anlächelte, „ich bin auch ganz schrecklich glücklich und stolz, dass wir all unseren Freunden unsere Nichten vorstellen können.“
    Da, dachte Lily. Wie soll ich sie bitte nicht mögen, wenn sie doch so etwas sagt?
    Gwyneth nahm eine Hand vom Steuer, drehte den Innenspiegel ein wenig und suchte darin erst Graces, dann Lilys Blick. „Und soll ich euch auch etwas gestehen?“, fragte sie. „Ich bin noch dazu mächtig froh, dass unsere Nichten zwei so umwerfende Geschöpfe sind, dass sie die Töchter unserer Freunde problemlos in den Schatten stellen werden.“
    „Gwyn“, protestierte Grace. „Wie oberflächlich, so etwas zu sagen!“
    Gwyneth lachte. „Ja, nicht wahr?“
    Lily merkte, dass Rose grinste. Und dass Gwyneth ihrer Nichte einen Seitenblick zuwarf und Roses Reaktion ihrerseits mit einem Grinsen quittierte.
    Diese beiden waren sich wirklich sehr ähnlich, fand Lily. Zumindest in ihrem Verhalten.
    Die Lancaster-Damen waren gleich groß, hatten beide braune Augen und braunes Haar. Doch wo Grace weich und wohlgeformt war, war Gwyneth sehnig und schmal. Ihr Haar, mehr rötlich glänzende Kastanie als matte Haselnuss, war fast brutal gestutzt und schwang bei jeder Bewegung an Gwyneth’ scharfer Kinnlinie entlang. Ihr sandfarbener Hosenanzug aus Schurwolle war schlicht und streng, betonte aber Gwyneth’ schmale Taille und lenkte die Blicke auf ihr Gesicht mit dem großzügig geschnittenen Mund.
    Gwyneth ist auf ihre Art genauso umwerfend wie Grace, dachte Lily. Und stilsicher.
    Vor ihrer Abreise hatten die Tanten erklärt, die Garderobe der Fairchild-Schwestern müsse für den Besuch in Englefield Park aufgestockt werden. Und so waren nicht nur Ballkleider angefertigt, sondern Streifzüge durch London angesetzt worden, zur Bond Street, zur New Bond Street und natürlich zu Harrod’s . Die Tanten hatten für ihre Nichten hier das passende Kleid für den Fünf-Uhr-Tee entdeckt, dort den geeigneten Mantel für einen

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