Elfentausch
»Und da ist auch eine Gaststätte, falls ihr euch etwas erfrischen wollt. Wir Wolken essen und trinken ja nicht.«
»Vielen Dank, Wolke«, sagte Rüdiger. »Auf einen kleinen Imbiss hätte ich jetzt schon Lust.«
»Oh, bitte«, sagte die Wolke. »Nennt mich doch nicht Wolke. Ich heiße Molly.«
»Also vielen Dank, Molly«, sagte auch Evelin. Und zu Rüdiger gewandt meinte sie: »Du kannst gerne etwas essen. Wir haben von Dieter, dem Höhlen-Eumel, Proviant mitbekommen. Ich glaube nicht, dass wir Interesse an Sumpftieren haben. Wir essen lieber Beeren und die Honigküchlein.«
»Wie ihr meint!«, sagte Rüdiger, der von den genannten Köstlichkeiten so gar nichts hielt. Sie gingen und flogen also auf die Gaststätte zu, die ganz anders eingerichtet war, als die Wirtschaft der Alkobolde.
Anstelle einer Holzhütte hatten die Frösche aus getrockneten Sumpfgewächsen und einer lehmartigen Substanz, die in der Sonne hart getrocknet war, eine Art großen, überdachten Höhleneingang gebaut. Es sah aus wie ein rundes, vorn offenes Zelt, das vielen Fröschen Raum und Schatten bot. Der Eingang war mit Ornamenten hübsch verziert und davor standen zu beiden Seiten des Bogens Lehmstatuen von berühmten Fröschen mit einer kleinen Gedenktafel davor. Innen waren viele gepolsterte Sitze in Form von großen Seerosen und kleine Tische aus Lehm hübsch arrangiert. Eine Froschbedienung bereitete die Speisen und Getränke an einer langen Theke am hintersten Ende des Raumes zu, bevor sie diese servierte und mehrere junge Frösche fingen die Nahrung frisch aus dem Tümpel.
»Lecker!«, sagte Rüdiger.
»Pfui Teufel«, dachten die anderen. Aber sie sagten nichts. Wenn sie etwas auf ihrer Reise gelernt hatten, dann dies: dass jedes Wesen eine andere Nahrung brauchte und diese auch mag. Als Unbeteiligter konnte man zwar eine andere Meinung haben, aber man musste den Freunden ja nicht unbedingt den Spaß verderben. Sie setzten sich alle zu Rüdiger an den Tisch und fragten die Bedienung: »Was kostet denn ein Essen bei euch?«
Der Frosch mit der weißen Schürze starrte die seltsamen Besucher aus großen Augen an. »Also, das Wasser ist umsonst. Das ist ein natürlicher Rohstoff. Aber die Fliegen, Insekten und Fische müssen wir extra fangen und zubereiten. Das ist dann etwas teurer. Was könnt ihr denn zum Tausch anbieten?«
Jetzt machte Rüdiger ein betretenes Gesicht. Zum Tauschen hatte er leider gar nichts dabei. Hilfe suchend blickte er seine Freunde an. Evelin seufzte. Es war wohl wieder an ihr, eine von ihren Habseligkeiten für das Essen von Rüdiger einzutauschen. Aber sie wollte ja nicht undankbar sein. Ohne ihn hätte sie es niemals so weit geschafft und echte Freunde helfen einander schließlich. Zögernd packte sie die verbliebene Singkastanie aus und legte auch den Kaugummi und das Jo-Jo daneben. Bevor sie noch weitere Dinge aus der Tasche ziehen konnte, war der Frosch jedoch schon fasziniert.
»Ein echter Kaugummi«, rief er aus. »Den will ich haben! Ihr bekommt so viele Insekten und Wasser wie ihr wollt.«
Das sind aber nicht viele, dachte Evelin seufzend und legte dem Frosch den Fruchtkaugummi auf den Tisch. Er war auf der Reise leicht zerknautscht worden, aber so ein Frosch hatte sicher nicht oft Kaugummi und würde den Unterschied zu einem neuen und frischeren gar nicht bemerken. Sie steckte also die Singkastanie wieder in die Tasche zurück und der Wirt hüpfte glücklich davon, um frisches Wasser und getrocknete und marinierte Insekten für Rüdiger an den Tisch zu bringen.
»Was genau hast du denn da bestellt?«, fragte Börti angewidert, als der Kellner wieder an den Tisch hüpfte und hübsch arrangierte Schälchen, gefüllt mit verschiedenen Tieren servierte. Vorsichtig warf auch Evelin einen Blick auf das ungewohnte Essen. Es sah fast aus wie das moderne Essen in China oder Japan. Sie wusste gar nicht mehr, von welchem Land der Bericht stammte. Dort wurden sogar frittierte Heuschrecken und dergleichen verspeist, was sehr gesund sein sollte, wegen der Proteine und so. Als sie den Kopf zurückzog, stieg ihr ein Geruch nach Lakritz in die Nase. »Hmmmm, etwas riecht hier nach Lakritz«, stellt sie nachdenklich fest.
»Ja«, sagte Rüdiger. »Das sind die getrockneten Lakritzfliegen. Die sind wirklich lecker. Willst du auch eine?« Mit dem rechten Flügel schob er ihr das Schälchen zu.
»Nein, danke«, winkte Evelin ab. Egal wonach die Fliege roch, es war dennoch eine Fliege und deshalb würde
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