Elfenwinter
lag.
Gundar streckte seine Hand nach dem Holzstoß aus. Er schloss die Augen. Seine Stirn furchte sich in tiefen Falten. Flammen schlugen aus dem Holz. Sie waren winzig, leckten aber gierig an den dürren Ästen entlang. Ulric konnte zusehen, wie sie an Kraft gewannen. Im gleichen Maße verschwand die Erscheinung des Priesters. »Ich wünsche dir Glück«, hauchte Gundar mit ersterbender Stimme und wurde eins mit der Glut, die sich ins Holz fraß.
Blut schüttelte sich, und ein Schauer von Wassertropfen sprühte in das Feuer. Ein Teil der Flammen verlosch. »Weg!«, schrie Ulric. »Mach das nicht noch einmal.« In fliegender Hast suchte er dürre Ästchen an der Wassergrenze. Das Feuer verlor an Kraft.
»Bitte, Luth, lass es nicht ausgehen«, bettelte er. »Ich werde immer alles tun, was meine Mutter sagt. Aber lass es nicht verlöschen.« Er schichtete die kleinen Äste um die letzte Flamme, die noch übrig geblieben war. Einen bangen Augenblick hielt er den Atem an. Endlich gewann das Feuer wieder an Kraft. Und jetzt brannte es stärker als zuvor. Eine kräftige Flamme leckte am bleichen Holz entlang, wuchs und sprang auf andere Äste über.
Halgard drückte ihm schlotternd einen Kuss auf die Wange. Sie versuchte etwas zu sagen, doch das Klacken ihrer Zähne erstickte alle Worte.
»Du musst jetzt deine Kleider ablegen«, sagte Ulric zögerlich.
Unbeholfen streifte das Mädchen ihren Mantel ab. Der Junge drehte sich beschämt zur Seite. Er wusste, dass es sich nicht gehörte, einem Mädchen zuzusehen, wenn es sich auszog. Jetzt streifte auch er seine Kleider ab, bis nur noch die kurze Wollho-se übrig war. Wie Eis klebte sie auf seinen Lenden, während er auf Armen und Brust die wohlige Wärme des Feuers spürte.
Halgard hatte sich ganz ausgezogen und kauerte dicht bei den Flammen. Ihre Haut war ganz runzelig. Die Arme und Beine des Mädchens sahen wie dünne Äste aus. Die Linie aus feinen Knochen malte sich unter der Haut ihres Rückens ab, und Rippen stachen durch ihr Fleisch. Sie rieb sich mit den Händen über die Arme.
Zögerlich streifte Ulric die kurze Hose ab. Jetzt erst fiel ihm ein, dass Halgard ihn ja gar nicht sehen konnte. Wie hatte er das vergessen können! Erleichtert setzte er sich neben sie. Auch Blut lag am Feuer. Der große Hund blickte ärgerlich zu ihm herüber. Feiner Wasserdampf stieg von seinem Fell auf. Mit einem tiefen Seufzer streckte er sich. Wie ein Welpe strampelte er mit den Pfoten und drehte sich auf den Rücken. Klirrend schlitterte etwas über den Stein. Ulric und Blut waren mit einem Satz auf den Beinen. Halgard stieß einen spitzen Schrei aus. »Was geschieht?«, rief sie ängstlich.
Die Elfe schob sich aus dem Wasser. Sie hatte ihr Schwert ans Ufer geschleudert. Ulric versuchte, ihr zu helfen. Es war zum Verzweifeln, wie schwer die zierliche Kriegerin war. Erst als Halgard ihm zu Hilfe eilte, schaffte er es, Yilvina ganz ins Trockene zu zerren.
Die Elfe redete in einer Sprache, die Ulric nicht verstand. Ihre Augen glänzten vor Fieber.
»Wir müssen sie auch ausziehen«, sagte Halgard. Mit vereinten Kräften zogen sie ihr das Kettenhemd über den Kopf. Das Mädchen tastete über Yilvinas Leib.
»Ich habe noch nie so weichen Stoff berührt«, sagte sie leise. »Was für wunderbare Kleider muss sie tragen.« Ulric fand nichts Besonderes an der gepolsterten Jacke und dem Hemd, das die Elfe darunter trug. Er hütete sich aber, dies zu sagen. Schließlich wollte er Halgard nicht die Freude verderben.
Yilvinas Stiefel auszuziehen, war fast unmöglich. Wie eine zweite, dickere Haut schloss sich das Leder um ihre Schenkel. Fluchend mühte sich Ulric ab, während Halgard ihr ein letztes zartes Seidenhemd auszog.
Die Kleider der Elfe waren blutdurchtränkt. Yilvina stöhnte und krümmte sich vor Schmerz, als sie sie von dem Hemd befreiten, das mit den Krusten ihrer Wunden zusammengebacken war. Ein Knochen ragte ihr seitlich aus dem Leib. Dort sickerte jetzt wieder Blut durch den dicken Schorf. Die ganze Brust und der größte Teil ihres Bauchs waren rot und blau verfärbt. Ihr Leib wirkte seltsam verformt. Etwas verwirrte Ulric, als er die schrecklichen Prellungen betrachtete. Er musste eine ganze Weile hinsehen, bis er begriff, was es war. Auf der linken Seite ihrer Brust zeichneten sich keine Rippen mehr ab. Ungläubig tastete der Junge über die zerschundene Haut. Knochen konnten doch nicht einfach so verschwinden! Er spürte etwas Festes im Fleisch, das sich leicht
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