Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin - Paradigi, J: Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin
sich auf.
Darby rührte sich nicht vom Fleck, drehte sich nicht einmal vom Fenster weg. Sein Wispern drang zu Tanner herüber und klang wie das Blätterrauschen in einem Laubhain. »Ich werde dich nicht noch einmal warnen, mein Freund. Auch meine Geduld ist irgendwann zu Ende. Forderst du mich noch ein einziges Mal heraus oder stellst mich vor anderen bloß, wird es mir eine Freude sein, dein Dasein auf der Stelle zu beenden. Glaube mir, ich bin zu Dingen fähig, die du und deine neue Freundin euch nicht einmal vorstellen könnt.«
Tanner erstarrte und hielt den Atem an. Er spürte ein leichtes Ziehen an den Schläfen, dann war die Stimme in seinem Kopf wieder verschwunden. Oder hatte Darby laut geantwortet? Verwirrt registrierte er, dass Elisabeth lachte. Nicht über ihn; nein, sie lachte, als hätte man ihr gerade ein Kompliment gemacht – fröhlich, sogar ein wenig verschämt.
Es musste einer dieser elfischen Zauber sein, mit denen Darby die Frau an der Museumskasse und den Kellner im
Le Monde
bezirzt und in haarsträubender Dreistigkeit betrogen hatte. Was Tanner allerdings weit mehr beunruhigte, war die Tatsache, dass sich dieser Kerl ganz eindeutlich davor drückte, seine Motive in der Sache offenzulegen.
Tanner nahm sich vor, vorsichtiger zu sein und Darby nicht mehr aus den Augen zu lassen. Dieser Elf hatte etwas vor, und es konnte nichts Gutes sein. Bis er es herausgefunden hatte, blieb ihm nichts anderes übrig, als mitzuspielen.
»Ich denke, Ihr könntet ein Bad vertragen, Gräfin«, sagte er in geübt galanter Manier und nunmehr modernem Umgangston, um die Situation zu entschärfen. »Wie wär’s? Soll ich Euch die Badevorrichtungen erklären und warmes Wasser einlassen? Es wäre doch schade, wenn die neue Kleidung, die ich Euch besorgt habe, Blutflecken bekäme.«
Die Gräfin musterte ihn mit einem vielsagenden Lächeln, stand auf und sagte: »Eine hervorragende Idee, in der Tat. Und ich bin sicher, dass du mir bei mehr behilflich sein kannst.«
23 Nachtwache
Mit der Nachricht von Elisabeth Báthorys Erweckung war Robert zurück zu Anne ins Hotel geeilt. Er hatte fieberhaft und in einem Kauderwelsch aus Deutsch und Englisch die möglichen Unterkünfte höherer Preisklasse angerufen und nach einem Gast namens Saul Tanner gefragt. Angefangen beim
Apollo Hotel
und dem
Arcadia
über das
Aston Business
, das
Park Inn Hotel
bis hin zum
Carlton
. Doch überall hatte man verneint. Mittlerweile war es Abend.
»Irgendwo muss er untergekommen sein«, murmelte Robert vor sich hin, während er mit seinem Laptop über den hoteleigenen WLAN-Zugang im Internet nach weiteren Adressen suchte. Auf der Stadtinformationsseite drückte er den Menüpunkt
Unterkünfte
, stellte bei der Kategorieauswahl vier Sterne ein und verglich die Liste mit der bereits abgearbeiteten.
Immer wieder malte er sich aus, was in der Zwischenzeit alles geschehen konnte. Was würde eine Wiedererweckte aus dem siebzehnten Jahrhundert als Erstes unternehmen wollen? Würde sich Annes Blut in irgendeiner Form auf sie auswirken? Womit hatten Darby und Tanner es so weit neutralisiert, dass es die Gräfin nicht gleich wieder umgebracht hatte? Vielleicht waren sie bereits fort aus der Stadt und irgendwo ins Umland geflohen, um in Ruhe ihre weiteren Pläne zu schmieden. Fragen über Fragen rauschten durch seine Gedanken.
»Versuch’s mit dem
Tatra
oder
Crowne Plaza
«, sagte Anne, die ihm über die Schulter blickte. »Beide liegen im Zentrum und nahe an der Burg.«
»Und wenn Tanner und Co. schon weg sind?«, fragte Robert.
»Wohin sollen sie denn gehen? Nein, eine Menschenmasse ist immer noch ein besseres Versteck als ein einsam gelegenes Dorf. Und um das Land zu verlassen, werden sie ihr erst einen gefälschten Ausweis besorgen müssen.«
»Solange sie nicht per Flugzeug unterwegs sind, braucht sie innerhalb Europas keinen«, widersprach Robert.
»Trotzdem. Elisabeth Báthory ist niemand, den man einfach so am Arm greift und wie ein Stück Gepäck mit sich nimmt. Sie mag anfänglich etwas verwirrt sein, aber ihren Adelsstand hat sie sicher nicht vergessen. Sie wird den beiden gehörig einheizen, wenn sie sie rumkommandieren wollen.«
Robert drehte sich zu Anne um und blickte zu ihr auf. »Ist sie jetzt, da sie Tanners Belebungsritual offenbar überlebt hat, ein Vampir wie du?«
Anne strich ihm über die Wange. »Jein. Sie ist keine Muse, aber ein untoter Vampir, der seine Kräfte wahrscheinlich weder kennt noch im Griff hat. Der Hunger
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