Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin - Paradigi, J: Elfenzeit 10: Fluch der Blutgräfin
wie mir scheint, brauchen wir uns beide. Es muss einen Grund geben, warum du mich mit solch einem aufwendigen Zauber wiedererweckt und dabei nicht einmal vor dem Kampf mit einem Vampir zurückgeschreckt hast.«
Braves Mädchen
, dachte Tanner bei sich.
Jetzt kommen wir der Sache näher. Du hilfst mir, und ich helfe dir, und am Ende bekommen wir beide, was wir wollen
. »Gut erkannt«, sagte er mit einem Kopfnicken. »Legen wir unsere Karten auf den Tisch. Das Blut, das ich unter Einsatz meines Lebens besorgt habe, hat nur für eine Dosis gereicht, und die ist Euch zugutegekommen. Was ich also zuallererst will, ist etwas von Eurem Lebenssaft.«
»Um noch jemanden zu erwecken?«
Tanner dachte einen Moment lang nach und entschied sich für die Wahrheit. »Mich … sozusagen.«
Die Gräfin blinzelte irritiert.
»Ich bin krank«, erläuterte Tanner. »Zu Euren Zeiten hätte es wie ein Wunder oder Teufelswerk angemutet, doch heute ist die Medizin weit fortgeschritten. Man kann ohne Hexerei Einblick in das Innere des Körpers nehmen, um Krankheiten zu erkennen, die keine äußerlich sichtbaren Symptome zeigen. Trotz dieser und vieler anderer bahnbrechender Erfindungen haben mir die Ärzte den baldigen Tod vorausgesagt. Aber das, was jetzt durch Eure Adern fließt, kann mir vielleicht helfen.«
»Also war ich Eure Vorkosterin?«, fragte Elisabeth gereizt.
Bevor sie ausfallend werden konnte, hob Tanner die Hand. »Ich sagte, dass mich dies zuallererst interessiert, aber nicht ausschließlich.« Er senkte seine Stimme, trat hinter sie ans Sofa und legte seine Fingerspitzen sanft auf ihre Schultern. »Ihr seid weit mehr, meine Teure. So viel ist über Euch geschrieben worden. Berühmt seid Ihr für Eure grausamen Taten, ich aber erkenne die Leidenschaft dahinter. Die quälende Begierde, die Euch dazu treiben muss. Ein Gefühl, das ich kenne.« Behutsam strich er ihr über den frei liegenden Nacken. »Die Vorstellung, diese Lust mit Euch zu teilen, hat mich die Grenzen meiner menschlichen Möglichkeiten überschreiten lassen.«
Tanner sah aus den Augenwinkeln, dass Darby spöttisch die Augen verdrehte. Doch Elisabeth schienen die Schmeicheleien zu gefallen; sie ließ die Berührungen ohne Gegenwehr zu.
»Versteht Ihr?«, sagte Tanner mit säuselnder Stimme. »Gemeinsam könnten wir uns die Welt untertan machen.« Da sie immer noch nicht aufbegehrte oder sich ihm entzog, beugte er sich hinunter zu ihrem Ohr, strich eine Haarsträhne zur Seite und flüsterte: »Wir kennen uns noch kaum, und ich werde Euren Mann wohl niemals ersetzen. Aber ich werde mein Bestes geben, um Euch ein Paradies auf dieser Welt zu erschaffen.«
Bei der Erwähnung ihres Gatten Ferenc Nadasdy – der in einer der Schlachten, in denen er als Schwarzer Ritter grausam gewütet hatte, umgekommen war – zuckte sie zusammen. Mit ihm hatte sie zu jener Zeit den letzten Halt und das letzte bisschen Anstand verloren, das Mitgefühl für ihre Opfer. War ihre Folterkarriere vorher noch in aller Heimlichkeit geschehen, fanden ihre Quälereien von da an immer offener statt. Trotzdem hatten die Menschen aus ihrem Umfeld lange Jahre geschwiegen. Erst als Elisabeth auch vor adeligen Töchtern keinen Halt mehr gemacht und bereits sechshundert tote Mädchen auf dem Gewissen hatte, war ihr von offizieller Stelle Einhalt geboten worden. Man hatte sie verhaftet und vor Gericht gebracht.
Dieses Mal würde Tanner ein Auge auf sie haben. Er würde die richtigen Leute zur richtigen Zeit mundtot machen. Das war nur eine Frage des Geldes und der Druckmittel. Recht war in der modernen Welt Auslegungssache und vielleicht sogar käuflicher als vor vierhundert Jahren.
»Und welche Rolle spielt dein Partner?«, fragte Elisabeth, während sie Tanner weiterhin gewähren ließ. »Welchen Vorteil erhofft er sich?«
Tanner setzte zu einer Antwort an, aber sosehr er nachdachte, ihm fiel keine ein. Er versuchte sich an die Unterhaltung im Restaurant zu erinnern. Sie hatten über die Gräfin gesprochen, seine Krankheit. Über die Hoffnungen, die er sich machte, und seine geheimsten Pläne. Er glaubte sich sogar daran zu erinnern, Darby nach dessen Beweggründen gefragt zu haben. Aber falls der Elf etwas erwidert hatte, war es aus Tanners Gedächtnis verschwunden. Lag das wirklich allein am Alkohol? Misstrauisch blickte er zu dem Elfen, der entspannt am Fenster stand und vor sich hin grinste.
»Ich bin sicher, dass er das gerne selbst erklärt«, antwortete Tanner laut und richtete
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