Elfenzeit 2: Königin des Schattenlandes - Thurner, M: Elfenzeit 2: Königin des Schattenlandes
sich hin. Robert setzte nach: »Recht herzlichen Dank, mein Bester, dass du dich freiwillig als mein Frustpaket zur Verfügung stellst.« Neuerlich trat er zu, so fest er konnte. Die Zaunlatten drückten sich nach innen, drohten zu brechen.
»Und jetzt wünsche ich dir viel Spaß mit deinesgleichen!« Er zog die Beine des Strauchdiebs hoch, kippte ihn vornüber hinein in die Suhle. Schlamm blubberte hoch. Empörtes Quieken folgte. Die Schweine reagierten hörbar verärgert auf die nächtliche Ruhestörung, während Robert pfeifend davonspazierte.
Er fühlte sich erleichtert, fast befreit. All seine Sorgen und Probleme traten in den Hintergrund – um im nächsten Moment umso heftiger wiederzukehren. Der Klang der Klarinette fand zu neuen, irrwitzigen Höhen. Der Klangteppich kitzelte seine Gehörgänge auf unangenehme Weise; er ließ seinen Körper zittern und wanken und erzeugte einen weiteren Panikschub.
Was geschah mit ihm? Die Stimmungsschwankungen, denen er unterlag, waren nicht normal! Er setzte sich in Bewegung. Rasch, immer rascher lief er dahin. Vorbei an Menschen, die verlangend die Hände nach ihm ausstreckten. An beinlosen Krüppeln, die in Holzkisten saßen und blicklos in die Welt hinausstarrten. Weiber warfen sich vor Robert in den Staub der Straße. Sie flehten um Almosen und schleuderten ihm gottlose Flüche hinterher, als er nicht auf sie reagierte. Männer in aufgeplusterten Uniformen kreuzten ihre Hellebarden vor ihm. Er umlief die Sperre, hetzte weiter. Weg von dieser schrecklichen Musik. Irgendwohin.
Allmählich wurde es heller. Der Gestank ließ nach, und das Klarinettenspiel verstummte. Selbst der Klang seiner Schuhe auf dem Asphalt veränderte sich.
Asphalt?
Nach all dem Morast und Schmutz, durch den er sich hatte quälen müssen, spürte er endlich wieder festen Untergrund unter seinen Füßen. Links von ihm tauchte ein WH-Smith-Drugstore aus dem Dunst; er war grell beleuchtet und voll blinkender Werbeschilder.
»Oi!«
Er prallte gegen einen Mann, breit wie ein Schrank, und wurde zurückgestoßen. »Keine Angst«, sagte der Riese und lachte. Er schwankte, und seine Augen verrannen. »Du versäumst nichts von der Party. Um die Ecke befindet sich ein Stand mit diesem leckeren Springwater-Zeug. Die Mädels sind abgehauen und haben das Gesöff kistenweise zurückgelassen. Bediene dich ruhig ...« Er lachte und stützte sich schwer gegen einen Laternenmast. »Zieht mächtig rein, wenn man sich mal dran gewöhnt hat. Kriegst die volle Dröhnung nach der zehnten Flasche, kannste mir glauben. Ich hab’s ausprobiert.«
Robert ließ den Betrunkenen stehen, ohne auf seine Worte einzugehen, und marschierte weiter. Schmutz und Gestank waren aus den Straßen verschwunden. Die Wege waren breit und die Häuser in wesentlich gepflegterem Zustand als noch vor wenigen Minuten.
Hatte er geträumt? Visionen gehabt? Hatte ihn die Zurückweisung durch Anne Lanschie endgültig eine Grenze überschreiten lassen und in einen beginnenden Wahnsinn gedrängt?
Er rieb sich über die Handgelenke. Das Cairdeas war schweißbedeckt. Es fühlte sich warm, fast heiß an. Robert erschrak. War dies das angekündigte Alarmzeichen Rians und Davids? Wollten die Elfen ihm und Nadja etwas mitteilen?
Nadja! Er musste sie unbedingt finden. Sie würde ihm die Dinge erklären können, die er im Laufe dieser schrecklichen Nacht erlebt hatte. Robert benötigte ihre Nähe wie selten zuvor.
Das Handy zeigte wieder Empfang an. Robert nahm es mit Erleichterung zur Kenntnis. Er aktivierte das Gerät und marschierte in die vom Betrunkenen angegebene Richtung. Ein Alcopop würde seinen Durst stillen und das Zittern seiner Hände beseitigen.
Da war der Stand, einsam und verlassen am Rande eines kleinen Platzes.
Ringsum lagen mehrere Gestalten am Boden. Die meisten wanden sich wie unter schweren Magenkrämpfen, manch einer lag da wie tot. Robert öffnete den Mund. Er begann zu schreien.
26 Gofannon
Zeuge der Geschichte
Er spielte seine Rolle so, wie es Bandorchu von ihm wünschte. Er hielt Ohren und Augen offen, während er Fanmórs Fluch nachkam.
Kaum ein Jahrhundert der Menschenzeit verging, in dem Bandorchu ihn nicht einsetzte. Niemals gelang es ihm, seinen Körper durch das Portal mitzunehmen. Stattdessen manifestierte sein Bewusstsein in labilen, verwirrten Geistern. Der seltsame Zwang des Elfenkönigs brachte ihn dazu, das Leben seines Gastgebers in bestimmte Bahnen zu zwingen. Er sammelte Gesinnungsgenossen um sich und
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