Elfenzeit 2: Königin des Schattenlandes - Thurner, M: Elfenzeit 2: Königin des Schattenlandes
nicht ...«
»Zurück ins Haus, hinauf in den ersten Stock. Der Eingang ist hier.« Er zog Nadja mit sich. Eine hölzerne Tür, die durch einen rostigen Eisenring zu öffnen war, gab dem kräftigen Zug ihres Begleiters nach.
»Ich glaube, das ist keine gute Idee. Ich sollte jetzt wirklich gehen ...« Nadja fühlte sich von Augenblick zu Augenblick unbehaglicher. Wo war sie da hineingeraten? Zeigte der Wolf im Schafspelz endlich sein wahres Gesicht?
»Vertraust du mir denn so wenig?«
Licht aus einer trüben Funzel sprang an. Die Glühbirne besaß eine altertümliche Form. Es dauerte lange, bis sie zu einigermaßen ausreichender Leuchtstärke fand. Sie zeigte Nadja die ersten Stufen einer steinernen Wendeltreppe, ähnlich jener, die ins Eborachonn hinabgeführt hatte. Diese hier krümmte sich in engem Radius nach oben.
»Das Haus gehört mir«, sagte Darby O’Gill. »Es ist nicht nur wegen des Eborachonn etwas Besonderes. Ich möchte dir zeigen, was es oben zu bieten hat.«
»Warum hast du mir das nicht früher gesagt?« Nadja schüttelte den Kopf. Darby verabreichte seine Informationen in sparsam bemessenen Apothekerdosen. »Ich hätte es lieber, wenn du in Zukunft mit offenen Karten spieltest.«
Ihr Begleiter blieb am Treppenabsatz stehen und drehte sich zu ihr um. Ernst sagte er: »Ich bin Geschäftsmann. Ein erfolgreicher noch dazu, wenn ich den Zahlen meiner Bankkonten vertrauen darf. Misstrauen ist Teil meiner beruflichen Existenz. Würde ich nicht gewisse Vorsichtsmaßnahmen treffen, wäre ich bereits vor vielen Jahren gescheitert. Du musst verstehen, dass ich jedes Wort abwäge, das ich in der Öffentlichkeit von mir gebe. Umso mehr, als du als Aufdeckungsjournalistin sozusagen meine natürliche Todfeindin bist.«
»
Hast
du denn etwas zu verbergen?« Sie wischte ihren eigenen Einwand mit einer Handbewegung zur Seite. »Vergiss, was ich gesagt habe. Doch bevor wir uns deine Überraschung ansehen, möchte ich eine Klarstellung von dir: Was an unserem Essen war offiziell? Stammten die Erzählungen über die Gründung der Stadt York und deine geschäftlichen Ambitionen vom Geschäftsmann oder vom Privatier Darby O’Gill? Wolltest du einen Abend in angenehmer Gesellschaft verbringen, oder wolltest du der Reporterin Rede und Antwort stehen? Zeige mir bitte schön, wo die Grenzlinie verläuft, damit ich mich darauf einstellen kann!«
Darby setzte zu sprechen an, ließ es aber bleiben und blickte sie lange Zeit bloß stumm an. »Du entwickelst eine besondere Schönheit, wenn du wütend bist. Dann zeigst du die wahre Nadja; dein Kämpferherz und deine stürmische Natur.«
»Du tust es schon wieder!« Empört stampfte die Journalistin mit dem rechten Bein auf dem Boden auf. »Du gibst keine zufriedenstellenden Antworten und lenkst vom Thema ab. Du schämst dich nicht einmal, mir halbseidene Komplimente zukommen zu lassen und mich offen zu umgarnen!«
»Gefällt es dir etwa nicht?«
»Hör gefälligst auf!«, rief sie. Wütend über sich selbst; darüber, dass sie diesen Mistkerl anziehend fand, und darüber, dass er wusste, welche Wirkung er auf sie ausübte.
Ein dumpfes, gefährliches Knurren ertönte. Es kam von oben.
»Was war das?«, fragte Nadja leise.
»Du hast Cara aufgeweckt«, antwortete Darby O’Gill, »meinen Hund. Er ist sanftmütig und besitzt ein goldenes Herz. Aber er mag es ganz und gar nicht, wenn man unhöflich zu mir ist.«
»Dann sollte ich wohl nach Hause gehen«, wiederholte Nadja patzig.
»Jetzt hör endlich auf! Ich garantiere dir, dass du etwas zu sehen bekommst, was du dein Lebtag nicht vergessen wirst. Etwas, das nur die wenigsten Menschen kennen.«
»Sprichst du nun mit der Reporterin oder mit dem Menschen Nadja Oreso?«
»Mit beiden.« Er fasste sie an der Hand und zog sie mit sich. Er tat es mit überraschender Sanftmut. Nadja sträubte sich kurz, folgte ihm aber schließlich doch. Ihre Neugierde, ihr journalistisches Interesse besiegte das ungute Gefühl im Magen, das sich immer dann einstellte, wenn es aus irgendeinem Grund gefährlich wurde.
Die steinerne Wendeltreppe wand sich eine ganze Drehung nach oben. Kabel lagen blank am Mauerwerk, mit billigen Wandhaken fixiert; nackte Glühbirnen erzeugten Licht, das Nadja gerade ausreichte, um nicht über die unregelmäßig geformten Stufen zu stolpern.
Eine blitzblank polierte Stahltür überraschte sie am Ende des Aufstiegs. Zwei winzige Kameras lugten aus gegenüberliegenden Ecken auf sie und Darby herab.
»Das
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