Elidar (German Edition)
und ihr Schreibzeug herumgetragen hatte.
Eusebian hatte sie kopfschüttelnd betrachtet. »Ich glaube es nicht«, sagte er. »Ich kann es einfach nicht fassen, dass du uns verlassen willst. Es war immer dein größter Wunsch, ein Mitglied unseres Ordens zu sein.« Er nahm sie bei der Hand. »Sag mir die Wahrheit, mein Junge. Warum gehst du fort?«
Elidar wollte ihn nicht belügen, aber sie konnte ihm schlecht die Wahrheit sagen. Sie schüttelte den Kopf. »Frag nicht mich, Eusebian«, bat sie. »Seine Magnifizenz schickt mich fort.«
Der Cubicular schüttelte heftig den Kopf. »Das kann ich mir nicht vorstellen! Er hat lange auf einen Schüler wie dich gewartet. Du hast ihm das Leben gerettet.« Sein Gesicht verfinsterte sich, wahrscheinlich dachte er an Bär.
»Er schickt mich fort«, wiederholte Elidar. »Lass es gut sein, Eusebian. Er tut wahrscheinlich recht damit. Auch wenn es mir schwer fällt, das zu sagen.«
Nein, sagte eine empörte innere Stimme. Nein, es ist unrecht! Sie hieß die Stimme schweigen. Was nützte es, sie musste gehen, ob es nun gerecht war oder nicht.
Eusebian seufzte und nahm den Sommerhabit entgegen, den Elidar ihm ordentlich gefaltet übergab.
»Kann ich Kleider von dir bekommen?«, fragte sie. »Sonst muss ich erst hinunter in die Stadt und mir etwas besorgen.«
Eusebians Miene wurde noch kummervoller. »Das fehlte noch«, sagte er. »Warte, mein Junge. Ich werde dich doch nicht nackt vor die Tür setzen!« Er verschwand im hinteren Lager.
Elidar hockte sich auf einen Schemel und streckte die Beine von sich. Hier hatte sie gesessen, an ihrem ersten Tag im Orden. Und jetzt saß sie wieder hier, und ihre Gefühle waren ähnlich bang im Angesicht einer Zukunft, die hinter dichten Schleiern verborgen lag. Wohin würde ihr Weg sie nun führen? Sie war kein Kind mehr, das war immerhin von Vorteil. Sie war ein ausgebildeter, wenn auch noch recht unerfahrener Magister. Vielleicht konnte sie sich bei einem Adelshaus oder reichen Landbesitzer als Hausmagier verdingen. Das kam vor. Der kleine Sprenz hatte eine solche Stellung angenommen; er würde die Kinder eines Landedelmanns unterrichten, seinem Herrn mit allerlei Alltagszaubern dienlich sein und sicherlich ein gutes Leben führen.
Sie seufzte unwillkürlich. Nein, das konnte nicht ihr Weg sein. Alles in ihr sehnte sich danach, den Himmel Yasaims über sich zu sehen, trockene Wüstenluft zu schmecken, die heiße Sonne ihre klammen Knochen erwärmen zu lassen und endlich wieder die weichen Laute der yasemitischen Sprache zu hören und zu sprechen statt des kantigen und rauen ledonischen Idioms. Elidar schüttelte lächelnd den Kopf. So unglaublich es auch klingen mochte - sie hatte Heimweh.
Eusebian schnaufte ein wenig, als er zurückkehrte. »Hier«, sagte er atemlos und legte ein dickes Bündel und ein Paar beinahe neuer Stiefel auf den Tisch. »Das sollte dir passen.«
Elidar entfaltete die Kleider. Es war kein Habit, aber schlichte Männerkleidung in dunklen Farben und - was ihr das Wichtigste war - ein langer Kapuzenmantel aus weicher Wolle, der im Schnitt einer Kukulle ähnelte. Über dem Kleiderbündel lag noch der Rest eines Konservierungs-Zaubers, der Motten und Alter fernhalten sollte.
»Ich danke dir, Eusebian, du bist der Allerbeste«, sagte Elidar erleichtert. »Das sind wunderbare Kleider. Wo hast du sie her?«
Der Cubicular lächelte erfreut. »Das hat einem unserer Magister gehört, einem jungen Adligen, der immer in Zivil seine Familie besucht hat. Er hat den Orden verlassen, um sein Erbe anzutreten, und diese Kleider hat er uns geschenkt. Ich wusste immer, dass ich sie für jemand Besonderes aufbewahre.«
»Eusebian, du warst von der ersten Minute an so freundlich zu mir«, erwiderte Elidar. »Es fällt mir schwer, mich von dir zu verabschieden.«
Der Cubicular blinzelte gerührt. »Warte, ich habe noch etwas für dich«, sagte er eilig und verschwand wieder in den Tiefen seines Lagers.
Als er zurückkehrte, hielt er eine abgeschabte Lederbörse in der Hand. Er drückte sie ein wenig verlegen zwischen den Fingern. »Sie hat mich fast ein Leben lang begleitet«, sagte er gedämpft. »Aber ich bekomme hier alles, was ich benötige. Du hingegen kannst sie jetzt wirklich brauchen, mein Junge.« Er drückte sie Elidar in die Hand und sah sie erwartungsvoll an.
Elidar wendete die schäbige Börse ratlos in der Hand. Ihr Leder war weich und rissig vom Alter und vom langen Gebrauch, und es glänzte speckig. »Danke«,
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