Elidar (German Edition)
du von mir willst.«
»Hochedler Magister«, sagte der kleine Yasemit, »ich dachte mir, dass Ihr mich mit Euren zauberischen Fähigkeiten sogleich als das erkennt, was ich bin - ein armseliger Sohn der Wüste.«
Elidar lachte auf. »Wertester Ibramarbi, wenn du ein Sohn der Wüste bist, bin ich der uneheliche Sohn des Kurators. Ich erkenne einen Kayvaner, wenn ich ihn sehe.«
Der Yasemit lächelte und faltete entschuldigend die Hände vor dem Gesicht. »Seid mir nicht böse«, bat er. »Ich bin hier in einem fremden Land, unter Fremden, deren Sprache ich nur unzulänglich spreche und die mich herablassend behandeln. Ich verspüre großes Heimweh.«
Elidar sah ihn nachdenklich an. Das klang sehr aufrichtig, aber dennoch lag ein falscher Ton unter dem süßen Gesang.
»Warum hast du mich verfolgt?«, fragte sie geradeheraus.
Der Yasemit zuckte kurz mit den Lidern. »Ich habe Euch nicht …«, begann er, dann unterbrach er sich, lächelte, zuckte mit den Schultern. »Ach, es ist sinnlos, einen Magister anlügen zu wollen. Ja, Herr, ich habe Euch verfolgt. Seit ihr dort hinten mit Rui, dem Händler gesprochen habt.« Seine Augen funkelten. »Ich habe gesehen, wie Ihr das Dakh geritten habt. Es war wie ein Blitz in meinem Herzen.« Er presste seine Hände auf die Brust. »Ich wusste, dass Ihr der Rechte seid. Herr«, er blieb stehen und verneigte sich so tief, dass Elidar befürchtete, er werde jeden Moment umfallen.
»Lass die Kriecherei«, sagte sie unangenehm berührt.
Er richtete sich geschmeidig wieder auf und legte die rechte Faust auf sein Herz. »Herr, ich biete Euch meine Dienste an.«
Elidar schüttelte den Kopf. »Ich brauche keinen Diener«, wehrte sie ab.
»Oh, doch!«, insistierte der lästige kleine Mann. »Ihr tretet eine lange, beschwerliche Reise an. Ruis Karawane ist kein angenehmer Aufenthaltsort für einen vornehmen Herrn wie Euch! Ein Diener würde Euch mancherlei Bequemlichkeit und Erleichterung auf der langen Reise verschaffen. Und ich verlange keinen Lohn - nur die Passage nach Kayvan.« Er verbeugte sich wieder und sah Elidar flehend an.
Sie seufzte. »Ibramarbi al Fasil, ich danke dir für dein Angebot. Aber ich benötige keinen Diener. Leb wohl.« Sie ließ ihn stehen und ging davon.
Es überraschte sie nicht, als an der übernächsten Ecke der kleine Yasemit wieder auf sie wartete. Sie war zügig gegangen, also musste er gerannt sein, aber sein Atem ging ruhig. Er verbeugte sich erneut, nicht ganz so tief wie zuvor und sagte: »Ich falle Euch lästig und bitte dafür um Vergebung. Darf ich dennoch an einem ungestörten Platz ein paar Worte mit Euch sprechen?«
Elidar wollte höflich und bestimmt ablehnen, aber dann zögerte sie. Das Verhalten des kleinen Mannes, der Ausdruck seines Gesichtes und seine Haltung hatten sich verändert. Vorhin auf dem Marktplatz hatte sie der Kayvaner noch an einen kleinen, winselnden Hund mit hängenden Ohren und eingeklemmter Rute erinnert. Aber jetzt war seine Haltung bestimmt und fest, er sah sie ruhig an, und alles Kriecherische und Honigträufelnde war aus seiner Miene und Gestik verschwunden.
»Ibramarbi al Fasil«, sagte sie nachdenklich, »du bist ein seltsamer Mann. Gut, lass uns miteinander reden.«
Er blickte sich aufmerksam um. »Gehen wir einfach weiter«, schlug er vor. »Ich achte darauf, ob uns jemand folgt.«
Elidar hob die Brauen, aber sie schwieg und ging neben ihm her. Er führte sie in einem engen Bogen durch die Altstadt, bis sie wieder in der Nähe ihres Ausgangspunktes angelangt waren. »Und?«, fragte Elidar halb amüsiert, halb ärgerlich.
Er hob die Hände in einer typisch yasemitischen Geste. »Ich denke, dass wir reden können.«
»Bitte, dann rede«, sagte Elidar nicht ohne Schärfe.
Er sah sie an, ohne zu blinzeln. »Eure Freunde sind in ihrem Versteck nicht mehr lange in Sicherheit«, sagte er. »Der Kurator lässt seine Geheimpolizisten die Altstadt durchkämmen. Und Ihr steht ebenfalls auf seiner Liste. Der Primispettor hat sich im Ordenshaus schon nach Eurem Aufenthaltsort erkundigt.«
Elidar ging weiter, obwohl ihr Herz einen erschreckten Satz machte. »Welche Freunde meinst du?«, fragte sie.
Er sah sie blinzelnd von der Seite an. »Nun, der - hm - malandakische Vater mit seiner kranken Tochter. Die so gerne das schöne und weit entfernte Kayvan besuchen möchten.«
Elidar packte seinen Arm und fühlte erstaunlich kräftige Muskulatur unter ihren Fingern. »Geh weiter«, sagte sie scharf. »Und nun
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