Elina Wiik - 02 - Sing wie ein Vogel
Bergenstrand, »schon damals ziemlich runtergekommen.«
»Warum hat er mit Drogen angefangen?«
»Als Jugendlicher ist er in schlechte Gesellschaft geraten. Und er war immer leicht verführbar. Mangelndes Selbstbewusstsein.«
Ein typischer kleiner Bruder, dachte Elina.
»Wissen Sie etwas über seinen Bekanntenkreis?«, fragte sie.
»Das sind wahrscheinlich Leute, die so leben wie er«, erwiderte Magnus Bergenstrand kurz. »Zu uns anderen hat er die Verbindung total abgebrochen. Auch zu unserer Mutter, obwohl sie in all den Jahren immer wieder versucht hat, Kontakt zu ihm aufzunehmen.«
»Kennen Sie eine Frau, die Elisabeth Åkesson heißt?«
»Mit Wiljam Åkesson verwandt?«
Elina nickte.
»Eine Tochter. Wissen Sie, ob Ihr Bruder Håkan sie kennt oder kannte?«
»Nein.«
»Okay. Und wer ist das hier?«
Sie zog ein weiteres Album aus der Tasche und zeigte auf ein Bild, auf dem der Charterreisende Pelle mit den beiden Birgittas posierte.
»Das ist Pelle Torstensson. Ein Freund meines Vaters. Sie haben sich auf dieser Charterreise nach Zypern kennen gelernt. Das ist noch gar nicht so lange her. Danach haben sie weiterhin miteinander verkehrt und gemeinsam Reisen unternommen. Haben zu Hause in Göteborg zusammen gegessen. Papa fand ihn so unkompliziert. Er ist Unternehmensberater, genau wie mein Vater es ursprünglich war. Warum fragen Sie?«
Elina wusste nicht recht, was sie antworten sollte.
»Es interessierte mich einfach«, sagte sie dann etwas kleinlaut.
Als sie Magnus Bergenstrands Haus verließen, wollte John Rosén dasselbe von ihr wissen.
»Warum hast du nach diesem Pelle Torstensson gefragt?«
»Ich weiß es nicht«, antwortete Elina ausweichend.
John Rosén sah sie an.
»Aber es muss doch einen Grund geben, dass du ausgerechnet nach ihm gefragt hast. Auf dem Bild waren ja noch andere Personen zu sehen.«
»Ich kann es dir tatsächlich nicht erklären, John. Manchmal lenkt mich mein Instinkt, ohne dass ich weiß, wohin mich das führt. Irgendwann verstehe ich es vielleicht. Aber im Augenblick habe ich keine Ahnung.«
Am Samstagabend um zehn zog Gerhard Tallberg eine Lederjacke an und trat in die Augustdämmerung hinaus. Er startete seinen Volvo und fuhr zur Första Långgatan, parkte und betrat einen Pub. Er brauchte eine Weile, um sich in dem verrauchten Lokal zu orientieren. Dann ging er zur Theke und bestellte ein Tonic. Ohne Gin.
»Du auch hier, Håkan?«, sagte er und wandte sich an einen Mann, der auf dem Barhocker neben ihm saß. »Wie ist die Lage?«
»Gibst du einen aus?«
»Klar.«
Tallberg winkte dem Barkeeper und zeigte auf Håkans leeres Bierglas.
»Wer zum Teufel bist du?«, fragte Håkan.
»Ein Freund von Elisabeth. Soll dich grüßen, falls ich dir in Göteborg über den Weg laufe.«
»Mensch, bist du groß. Ein richtiger Goliath, was? Wie heißt du?«
»Gerhard.«
Er streckte seine Hand aus.
»Boah, wie ein Waffeleisen.«
»Wie gesagt, ich soll dich von Elisabeth grüßen. In Västerås, du weißt schon.«
»Kenn ich nicht, aber grüß sie von mir aus wieder.«
»Elisabeth Åkesson. Ich glaub, die hast du mal vor einiger Zeit getroffen.«
»Muss aber ziemlich lange her sein. In Västerås hab ich schon seit einer Ewigkeit keine mehr gebumst.«
»Elisabeth, jünger als du. Blonde kurze Haare. Denk mal nach, es fällt dir bestimmt wieder ein.«
Håkan Bergenstrand lehnte sich ein wenig zurück und versuchte Gerhard Tallberg mit dem Blick zu fixieren.
»Scheiße, bist du’n Bulle? Sitzt da und quetscht mich aus, ohne mich um Erlaubnis zu fragen. Bei mir kommst du nicht weiter. Zum Teufel, such dir einen anderen, den du überführen kannst.«
Er stand auf und wankte zu einem Tisch. Gerhard Tallberg folgte ihm.
»Du hast Recht. Ich bin Polizist. Und ich möchte mit dir über Elisabeth Åkesson reden.«
»Ich sag doch, dass ich keine Elisabeth kenne. Hau ab und lass mich in Ruhe.«
»Wo wohnst du?«
»Bei einem Kumpel.«
»Wo, Håkan? Ich muss mit dir sprechen, wenn du nüchtern bist.«
»Dann kannst du noch zwanzig Jahre warten. Gib mir noch einen aus, das müssen dir meine Antworten wert sein.« Gerhard Tallberg erhob sich.
»Dann sehen wir uns im Polizeipräsidium. Ich werde dich morgen schon finden.«
Sonntagmorgen um neun checkten Elina Wiik und John Rosén im Hotel aus. Sie hatten beschlossen, nicht länger in Göteborg zu bleiben. Mit Hilfe des Fotos wollten sie lieber in Västerås nach der Verbindung zwischen den beiden Männern
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