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Elke im Seewind

Elke im Seewind

Titel: Elke im Seewind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Gündel
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irgendeinen spitzen Fischknochen einfädeln und damit das Kaputte zusammennähen — das ist nämlich nicht leicht. Das muß man sich bloß richtig vorstellen. Oder wenn so ein armer Eskimo oder Schwarzer Zahnschmerzen kriegt. Wir können zum Zahnarzt gehen, das ist auch keine reine Freude, natürlich nicht, allein schon wegen dem Bezahlen nämlich — aber der Eskimo, der muß einen Stein nehmen und sich das Biest von Zahn aus dem Mund rausschlagen — danke, herzliches Beileid!“
    Elke versteht als gescheites Mädel durchaus, wie der Alte es meint. Man soll sich mal überlegen, wie gut man es hat, wenn alles so schön bequem und einfach ist, dann quarkt man nicht gleich los, weil mal irgendeine Kleinigkeit nicht klappt. Und für ihr Robinsonspiel haben sie sich auch extra vorgenommen, alles ganz so zu machen, als wenn sie sich wirklich mit dem Einfachsten behelfen müssen. Aber das Zahnschmerzenbeispiel zieht sie ins Lächerliche. Sie sagt keck: „Sollen wir uns für unser Robinsonspiel vielleicht extra Zahnschmerzen anschaffen? Nee, bloß nicht — so dumm sind wir nämlich nicht!“ Sie winkt übermütig und ist auch schon mit dem Teekessel auf und davon.
    Aber wie ist es denn nun mit Lotti geworden? Spielt sie mit oder spielt sie nicht mit? Nein, Lotti hat rundheraus erklärt, sie hat keine Lust, sie will nicht mitspielen. Ruth könne tun, was sie wolle, das wäre ihr einerlei. Und Ruth tat dann auch, was sie wollte. Sie fand es schön, eine Wildenfrau zu werden, und tuschelte in froher Aufgeregtheit mit Katje herum, die ja auch eine Schwarze war und die dem Häuptling Fietje-Kokonusso feierlich hatte schwören müssen, daß sie auch ihrer Freundin Elke niemals verraten wollte, was die Wilden im Schilde führten gegen die Familie Robinson. Als Kleidung bekam Ruth von Kokonusso einen gelben Krepprock zudiktiert — gelb mit Silberflitter und Möwenfederbehang — schick! Und wie wär’s noch mit einem hübschen Federbüschel im Haar?
    In Kokonusso schien ein wahrer Künstler im Herausputzen zu stecken. Der Kopfschmuck, den er für Katje aus Möwen- und Krähenfedern, gelben Strohblumen und braunroten Schilfrispen zusammenbastelte, war ein wahres Meisterstück seiner Art und stand dem Mädel reizend. Katje war überhaupt eine allerliebste Häuptlingsfrau. Das kornblumenblaue Kreppkleidchen, das sie sich mit wenigen Stichen zusammengeheftet hatte, paßte ganz großartig zu ihrem ebenholzschwarzen Haar. Elke würde Augen machen, wenn die Wilden eines Tages zum Angriff vorgingen! Bei Kokonussos Stamm war es nämlich Sitte, daß auch die Frauen mitkämpfen mußten.
    Die Familie Robinson ist an diesem ersten Nachmittag schwer damit beschäftigt, sich eine vor allem dauerhafte Burg herzustellen. Was, nebenbei bemerkt, gar nicht so einfach ist, weil der weiße, trockene Sand sehr rutschig ist und nicht haften bleibt, wo man ihn hinhaben will. Aber mit Hilfe von Kistenholz und Plaggen von Heidekraut bekommt die ganze Geschichte schließlich doch Halt. Ein Ausguck, ein Burggraben — es ist alles vorhanden, und nur von einer Seite her gibt es einen Zugang. Das Wahrzeichen der Burg ist der auf den Bambusstock gestülpte Holzpantoffel. Die Anhöhe, von der man einen weiten Ausblick hat, befindet sich ungefähr zwanzig, dreißig Meter von der Burg entfernt; Sie ist ziemlich steil und wegen des rutschigen Sandes schwer zu erklettern, aber das ist Michael, der das wichtige Amt des Burgwächters bekleiden soll, gerade recht so. Er ist sehr stolz auf sein mit Schwierigkeiten verknüpftes Amt. Im übrigen haben Robinsons und die Wilden vorher genau verabredet, wie sie sich bekämpfen wollen. Sie wollen sich mit Kiefernzapfen werfen; Kiefernzapfen gibt es in Massen im Wäldchen. Wer von einem Zapfen getroffen wird, ist verwundet und darf für den Tag nicht mehr mitkämpfen. Mit Sand zu werfen ist streng verboten, das ist zu gefährlich für die Augen. Außerdem ist abgemacht worden, daß sie immer nur nachmittags Robinson spielen wollen. Morgens wird ja die Zeit fürs Baden gebraucht, und aufs Baden wollen sie ja nun wirklich nicht verzichten.
    Lotti hat bereits zwei neue Freundinnen gefunden. Auf Grund ihrer Großzügigkeit im Verteilen von Näschereien wird ihr das bestimmt nicht schwer gefallen sein. Irgend jemand hat auch schon erzählt, daß sie ebenfalls was aufführen wollten, aber „was viel Schöneres als den dummen Robinson“. Na, hoffentlich wird was draus, denn es wäre ja betrüblich für Lotti, wenn sie aus

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