Ellin
seinen Mund auf ihren presste und das Blut von ihren Lippen leckte. Sein Atem roch nach Gerstschnaps und fettem Fleisch. Er legte eine Hand auf ihre Brust und drückte sie. Deutlich konnte Ellin seine Erregung spüren.
»Was ich dir schon immer sagen wollte«, keuchte er. »Ich habe deine Eltern töten lassen.«
Trotz ihrer Benommenheit horchte sie auf. Seine Worte waren wichtig, sie musste sich konzentrieren.
»Sicher fragst du dich jetzt, warum?« Er starrte sie an, wartete auf ihre Reaktion. Sie zwang sich zu einem Nicken. »Deine Mutter war meine Halbschwester, hast du das gewusst? Sie war ein elender Bastard, eine Hure. Und mein Vater hat ihr Land geschenkt, als sie den Bund geschlossen hat. Land, Ellin, welches nach ihrem tragischen Tod in deinen Besitz übergegangen ist.« Er überlegte kurz. »Vielleicht hätte ich dich zu meiner Gefährtin gemacht, damit das Land an mich zurückfällt, doch mit deiner trotzigen Flucht hast du diese Möglichkeit zerstört. Jetzt musst du leider sterben, damit ich das zurückbekomme, was mir gehört.«
Ellin sog scharf die Luft ein. Diese Information war bedeutungsvoll, doch sie schaffte es nicht zu erkennen, warum. Vielmehr beäugte sie die zierliche Gestalt, die in der Ecke der Kammer kauerte und sie mit großen Augen betrachtete. Eine kindliche Ausgabe ihrer selbst, zart und rein wie eine gefrorene Götterblüte. Sie trug ein weißes Gewand, das ihr bis zu den Knien reichte.
»Komm«, krächzte Ellin und lächelte. Wolfhard stutzte und sah sie an, als hätte sie den Verstand verloren. Dann folgte er ihrem Blick und erstarrte.
»Bei den Göttern, wer ist das?«, stieß er hervor.
Das Mädchen erhob sich und blickte fasziniert an sich hinab.
Wolfhard sprang auf und stapfte auf das Kind zu. »Was tust du hier? Wie bist du in meine Gemächer gelangt?«
Er schnappte nach ihr. Das Mädchen wich geschickt aus.
»Bleib stehen!«, befahl er.
Das Mädchen sah zu Ellin hin. »Bist du meine Freundin?«
Ellin nickte schwach. Noch immer war die Welt um sie herum seltsam verzerrt. »Ja.«
»Tut er dir weh?«, fragte das Mädchen, während es Lord Wolfhards Griff ein weiteres Mal entwich.
»Ja«, wisperte Ellin.
»Warum tust du meiner Freundin weh?«, fragte sie an Lord Wolfhard gewandt. Er fluchte und schlug nach ihr.
Das Mädchen wich kichernd aus. »Du kriegst mich nicht, alter Mann.« Sie hüpfte zur Bettstatt und beugte sich über Ellin. »Soll ich ihm wehtun?«, fragte sie verschwörerisch.
Ja , dachte Ellin, tu ihm weh! Sein Blut für mein Blut.
»Was soll ich tun?«, fragte das Mädchen. »Sag es und ich tue es.«
Ellin zermarterte ihr Gehirn nach einer Antwort. Träge flossen ihre Gedanken dahin, zu träge um etwas Nützliches herauszufiltern. Was sollte sie tun? Lord Wolfhard schnappte das Mädchen, zerrte es vom Bett und schüttelte es. Sofort verlor ihre Substanz an Festigkeit.
»Beiß ihn«, hauchte Ellin. »Beiß ihn, schnell.«
Das Mädchen kicherte und biss zu, bohrte ihre spitzen, kleinen Zähne in Wolfhards Haut. Er schrie auf, riss sie von seinem Arm und schleuderte sie von sich. Hart prallte sie gegen die Wand, war aber sofort wieder auf den Beinen.
»Du verdammtes Balg«, schrie er. »Das wirst du mir büßen.«
Wutentbrannt stürmte er dem Mädchen nach, jagte sie durch die Kammer. Er erwischte ihre Haare, riss sie zurück und hob die Hand zu einem Schlag. Das Kind begann, sich aufzulösen und als seine Hand auf sie niederfuhr, war es nur bleicher Rauch, den er aufwirbelte. Von der Wucht seines Hiebes stolperte er und blickte dann erstaunt auf seine leeren Finger.
»Was ist das für ein dämonisches Wesen?« Sein Kopf ruckte zu Ellin herum, die soeben bemerkte, dass die tote Schneekatze wieder an der Wand hing.
»Das ist dein Werk«, schrie er. »Du hast den Dämon heraufbeschworen. Verdammte Zauberin!« Er schnappte den Dolch und stürmte auf sie zu. »Ich töte dich, du Hure.«
Das Mädchen sprang auf seinen Rücken, krallte sich an ihm fest und versenkte ihre Zähne in seinem Hals.
Taumelnd drehte er sich im Kreis, versuchte, das Kind von seinem Rücken zu zerren. Erfolglos. Das Mädchen hielt ihn umklammert wie eine Talanisschlinge. Er stolperte und fiel gegen die Wand.
»Löse meine Fesseln«, rief Ellin, die sich langsam etwas klarer fühlte. Das Mädchen sprang von Wolfhards Rücken, tänzelte leichtfüßig auf sie zu und begann, die Knoten zu lösen.
»Beeil dich«, drängte Ellin, als sie sah, wie Lord Wolfhard sich aufzurappeln
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