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Ellin

Ellin

Titel: Ellin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Millman
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durfte jetzt nicht zögern. Unbeirrt begann sie, den Knochen zu durchtrennen. Wie aus weiter Ferne vernahm sie Nuelias Schluchzen, Jeshs keuchenden Atem und Butans Wimmern. Schweiß rann ihre Stirn hinab. Irgendjemand reichte ihr ein größeres Messer. Sie ergriff es und begann, an dem Knochen zu sägen. Ihre Muskeln zitterten vor Anstrengung. Schon begann Butan, sich wieder zu regen.
    »Soll ich ihm noch ein paar Tropfen verabreichen?«, fragte Geldis. Mit dem Ärmel ihrer Tunika wischte sich Ellin über die Stirn. »Ich weiß nicht, wie viel hat er bekommen?«
    »Sechs oder sieben Beeren.«
    »Zu viel.«
    Butan bog den Rücken durch, sein Gesicht zu einer Fratze verzerrt. Ellin rutschte ab und schnitt mit dem Messer in das gesunde Fleisch. Sie fluchte. »Also gut, gib ihm noch ein paar Tropfen.«
    Geldis schnappte die Phiole mit dem Saft und träufelte die Tropfen auf Butans Lippen. Kurz darauf gab er ein schauerliches Gurgeln von sich und fiel dann in sich zusammen wie ein leerer Sack Gerstmehl. Mit ganzer Kraft durchtrennte Ellin das letzte Knochenstück, reichte den abgetrennten Arm an Geldis weiter und begann dann, die Hautlappen über den Stumpf zu ziehen und mit Dornen zu fixieren. Eine schlüpfrige und mühevolle Arbeit.
    »Atmet er noch?«, fragte sie, während sie den letzten Dorn durch die Haut fädelte.
    Nuelia legte ihren Kopf auf Butans Brust. Ellin griff nach der Flasche mit der milchigen Flüssigkeit und träufelte sie über die Wunde. Ihre Hände und der Kittel waren blutverschmiert, ihre Armmuskeln zitterten. Erschöpft sackte sie in sich zusammen.
    »Sein Herz ist schwach, doch es schlägt«, sagte Nuelia.
    »Was geschieht jetzt?«, fragte Jesh. Er war fast so bleich wie Butan und sah aus, als würde er jeden Moment das Bewusstsein verlieren.
    »Jetzt müssen wir warten und beten«, erwiderte Ellin.
    Ihr Blick fiel auf Kylian, der sie mit einem seltsamen Ausdruck im Gesicht musterte. Unglauben? Respekt?
    Ellin rappelte sich auf, schlurfte zu der kleinen Wasserstelle hinter dem Felsen und versuchte, das Blut aus ihrer Tunika zu waschen. Sie fühlte sich körperlich und seelisch ausgelaugt. Leer, wie ein ausgeweideter Fisch. Alle Kraft war aus ihr gewichen. Nachdem sie sich notdürftig von den Spuren des Eingriffs gereinigt hatte, schlurfte sie zu ihrem Schlaffell, legte sich hin, schloss die Augen und schlief ein.
    Jemand rüttelte an ihrer Schulter. »Ellin?«
    Sie blinzelte in den flammenden Himmel. »Was ist?«
    Jesh hielt ihr einen Gerstfladen hin. »Du musst etwas essen.«
    »Wie lange habe ich geschlafen?«, fragte sie verwirrt.
    »Den ganzen Tag und die Nacht hindurch.«
    »Was? Wieso habt ihr mich nicht geweckt?«
    Jesh lächelte. »Du warst am Ende deiner Kräfte und wir können vorerst sowieso nicht weiterreiten.«
    Die Erinnerung an den vergangenen Tag kehrte zurück. »Wie geht es Butan?«
    »Er hat starke Schmerzen, aber er lebt«, erwiderte Jesh.
    »Das ist gut. Ich muss nach seinem Arm sehen.« Ruckartig setzte Ellin sich auf. Stechende Kopfschmerzen ließen sie innehalten.
    »Zuerst musst du etwas essen«, befahl Jesh und drückte ihr den Gerstfladen und ein Stück gebratenes Fleisch in die Hand. Ungeduldig stopfte sie das Essen in sich hinein, fühlte sich anschließend aber tatsächlich besser. Die Kopfschmerzen verblassten zu einem dumpfen Pochen. Sie flocht ihr Haar, glättete ihre Tunika und eilte zu Butans Krankenlager.
    Er sah nicht gut aus, doch immerhin lebte er. Geldis hatte den Stumpf verbunden und ihm einen schmerzlindernden Trank verabreicht. Sie berührte Butans Stirn. Er hatte kein Fieber. Die Haut war warm und trocken und er atmete tief und gleichmäßig, was sie als gutes Zeichen wertete. Sie blickte sich nach den anderen um, die die freie Zeit nutzten, um sich um ihre Waffen zu kümmern. Kylian war fort, kehrte aber kurz darauf mit mehreren erlegten Wühlhörnern zurück. Es gab nicht viel zu tun und so streifte Ellin durch die Gegend, sammelte Wildkräuter, Pilze und Wurzeln und widmete sich der Körperpflege. In regelmäßigen Abständen sah sie nach Butan, der bei Geldis und Nuelia jedoch in guten Händen war. Während des Tages dämmerte er zwischen Wachen und Schlafen dahin, erst am Abend schlug er die Augen auf und sah sie mit klarem Blick an. Nuelia flößte ihm Fleischsud ein und hielt seine Hand, als er vor Schmerz das Gesicht verzog. Ellin half derweil bei der Essenzubereitung und fühlte sich zum ersten Mal, seit sie zu der Gruppe gestoßen war,

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