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Ellin

Ellin

Titel: Ellin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Millman
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zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht. Es scheint fast so, als würde er erfrieren. Vielleicht ist das die spezielle Wirkweise des Giftes. Ich werde seine Wunde noch einmal reinigen und ihm etwas von dem Kräutersud verabreichen. Mehr kann ich nicht tun.«
    Nuelia nickte stumm, beugte sich zu Butan hinab und sprach beruhigend auf ihn ein. Vorsichtig reinigte Ellin die Wunde und legte einen frischen Verband an.
    Bis zum Morgengrauen wachten sie an Butans Seite. Erst im Tageslicht offenbarte sich die gesamte Tragweite seines Zustands. Obwohl Nuelia mehrere Felle über ihn gebreitet hatte, zitterte er unkontrolliert. Seine Lippen, Wangen und Hände hatten sich bläulich verfärbt, die Haut war so bleich, dass sie fast durchscheinend wirkte. Ratlos flößte Ellin ihm den letzten Rest Kräutersud ein. Als sie zu dem kleinen Teich ging, der nicht weit entfernt hinter einer Ansammlung schmaler Bäume lag, trat Kylian unvermittelt auf sie zu.
    »Wie geht es ihm?«, fragte er.
    Erschrocken fuhr Ellin herum. Sollte sie ehrlich sein? »Nicht gut«, gab sie zu. »Sein Zustand ist besorgniserregend.«
    »Geldis sagt, sein Zustand hat nichts mit dem Abtrennen seines Armes zu tun.«
    Sorgfältig wusch Ellin ihre Hände. »Das ist richtig. Und ich habe keine Ahnung, was mit ihm nicht stimmt, aber ich habe das sichere Gefühl, dass er stirbt.«
    Kylian riss die Augen auf. »Er stirbt? Warum?«
    Sie erhob sich und trocknete ihre Finger mit einem Tuch. »Er erfriert. Ich sehe seine Lebenskraft schwinden und es gibt nichts, was ich dagegen tun kann.« Ihre Augen füllten sich mit Tränen.
    »Seid Ihr Euch sicher?«
    Sie nickte. »Ich frage mich, ob ich es Nuelia sagen soll, damit sie sich darauf vorbereiten kann.«
    »Nein«, sagte Kylian bestimmt. »Alles, was meine Schwester noch hat, ist die Hoffnung, nehmt sie ihr nicht, bevor Butan wahrhaft verloren ist.« In seiner Stimme klangen Bitterkeit und ein tiefer Schmerz. »Wir müssen versuchen, ihm unnötiges Leid zu ersparen.«
    Ellin seufzte. »Wir haben keinen schmerzlindernden Sud mehr und die Pflanzen, die ich benötige, um einen neuen herzustellen, wachsen ausschließlich in Wäldern. Bei Tageslicht kann ich Ausschau halten, doch ich bezweifle, dass ich etwas finden werde.«
    »Was ist mit den Beeren?«
    »Sie sind zu gefährlich.«
    »Ist das jetzt noch von Belang? Wovor habt Ihr Angst?«
    Sie drehte sich um und blickte ihn an. Der Impuls, nachzugeben, war fast übermächtig. »Ich möchte nicht für Butans Tod verantwortlich sein«, gab sie schließlich zu.
    »Ihr habt ihm den Arm abgetrennt, wie könnt Ihr da sagen, dass Ihr nicht für seinen Tod verantwortlich sein wollt?«
    »Das ist etwas anderes«, entgegnete sie. »Die Amputation war der Versuch, ihn zu retten, die Gaiabeeren wären ein Willkommensgruß für den Knochensammler. Es tut mir leid, Kylian, ich kann das nicht verantworten.«
    Kylian betrachtete sie mit steinerner Miene. »Mir tut es auch leid«, sagte er schließlich, wendete sich abrupt ab und stapfte in die Dunkelheit davon.
    Resigniert schlurfte Ellin zu ihrer Bettstatt, wickelte sich in die Felle und versuchte zu schlafen. Im schwachen Schein des Feuers beobachtete sie Nuelia, die neben Butan kniete und ihm einen Becher Wasser an die Lippen hielt, während sie leise auf ihn einredete. Anschließend tupfte sie sein Kinn ab und strich liebevoll eine Haarsträhne aus seiner Stirn. Ellin schloss die Augen und drehte ihnen den Rücken zu.
    Am nächsten Morgen brachen sie früh auf. Butan zitterte nicht mehr, was Nuelia als gutes Zeichen wertete. Doch ein Blick in seine Augen zeigte Ellin, dass er sich immer weiter von dieser Welt entfernte. Dass er nicht mehr zitterte, lag einzig an seinem schwächer werdenden Leib, der nicht mehr in der Lage war, gegen das Gift in seinem Blut zu kämpfen. Jesh und Kylian hievten Butan auf die Bahre und banden ihn fest, damit er nicht hinunterrutschte. Der faulige Gestank, den er verströmte, überdeckte mittlerweile jeden anderen Geruch. Während Ellin den Stumpf aufpolsterte, versuchte sie, nur durch den Mund zu atmen, trotzdem musste sie immer wieder die aufsteigende Übelkeit niederkämpfen. Anschließend stieg sie hinter Nuelia auf das Pferd. Nuelia nahm die Zügel zur Hand. »Auf geht’s, Pineo«, sagte sie und presste ihre Schenkel in die Flanken des Wallachs, der sich gehorsam in Bewegung setzte.
    Der Schlafmangel und die Sorge um Butan hatten deutliche Spuren in ihrem Gesicht hinterlassen.
    »Können wir nicht

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