Ellorans Traum
Leuten, mit denen ich reiste.
Ich lenkte den Wagen an den Wegrand, und wir pferchten uns in das Innere. Es war zumindest schön warm. Ich saß halb auf Ranans Schoß, und Galens Arm drückte sich so fest in meine Seite, daß ich selbst durch meine Kleider hindurch glaubte, die Grabeskälte seiner Marmorhaut spüren zu können. Quinn berichtete, und Akim warf hin und wieder eine grämliche Bemerkung ein. Er hielt ein riesiges Taschentuch an seine tropfende Nase, in das er pausenlos hineinnieste.
Karas hatte sich inzwischen so weit erholt, daß er wieder auf den Beinen war. Die Oberste Maga war tatsächlich unter Arrest gestellt, und Veelora hatte Trupps von Soldaten in alle Himmelsrichtungen ausgesandt, um meiner habhaft zu werden. Meine Personenbeschreibung war überall verbreitet worden und, was noch schlimmer war, auch die von Tom, Ranan, Akim und unserem bunten Gefährt. Botschafter Galen hatte zwar sein Möglichstes getan, den Zusammenhang zwischen meiner Flucht und dem Verschwinden seiner Begleiter zu verleugnen, aber das war ihm anscheinend nicht gelungen. Veelora hatte zwei und zwei zusammengezählt und leider vier herausbekommen.
»Was ist mit den Inseln?« fragte Tom. Galen räusperte sich und ergriff erstmals das Wort.
»Das ist eine seltsame Geschichte«, sagte er langsam. »Der Edle Gioanî behauptet, sein Sohn sei niemals zur Burg geschickt worden. Prinz Cesco sei kurz vor seiner geplanten Abreise erkrankt und befinde sich nach wie vor zu Hause bei seinen Eltern.« Dröhnende Stille, die von einem donnernden Nieser unterbrochen wurde.
»Das ist doch Schwachsidd«, ereiferte sich Akim. »Wir habed ded Pridzed doch alle gesehed, oder? Bis zu seideb udrühbliched Abgagg schied er bir sehr adwesedd zu seid!« Ich starrte den Botschafter an. Er hob in einer seltsam fließenden Geste die Hände und schwieg wieder.
Quinn sagte: »Zumindest haben die Kronstaaten nun keinen Krieg mit den Inseln am Hals. Veelora schäumt allerdings, und die Oberste Maga grinst wie die Katze, die den Kanarienvogel verspeist hat, und hüllt sich in Schweigen. Wer der Tote ist, weiß niemand. Sein angeblicher Erzieher ist spurlos verschwunden. Nach ihm suchen sie natürlich auch.«
»Ist Jemaina noch vor eurer Abreise eingetroffen?« fragte Tom erschüttert. Quinn verneinte. Tom berichtete in aller Kürze von dem Verdacht, den die Heilerin geäußert hatte. Galen warf mir einen nachdenklichen Blick zu und griff nach meinem Handgelenk. Ich zuckte zusammen, aber Quinn sagte scharf: »Jetzt nicht, Wunder!« Er ließ mich ohne Widerspruch los, und ich fragte mich nicht zum ersten Mal, wer hier eigentlich das Sagen hatte.
Quinn rieb sich über den Armstumpf und dachte nach. »Unser vornehmliches Ziel ist, Nikolai wiederzufinden«, sagte sie endlich. »Wenn wir ihn bei Omelli abgeliefert haben, können wir uns in aller Ruhe um die andere Angelegenheit kümmern. Tut mir leid, Elloran, aber ich kann nicht anders vorgehen. Wir werden dir zu helfen versuchen, denn wir stecken in der Sache inzwischen selbst zu tief drin.« Ein strafender Blick traf Tom, der ihn mit trotzig vorgestrecktem Kinn entgegennahm.
Sie fuhr fort: »Wir werden uns trennen. Elloran, du weißt, wo du Nikolai finden kannst. Traust du dir zu, das alleine zu unternehmen, während wir die Soldaten Veeloras von dir ablenken?« Ich nickte stumm, wagte nicht zuzugeben, daß ich nicht genau wußte, wo ich nach Nikal suchen sollte.
Sie nickte zufrieden und fragte Tom: »Kater, hast du eine Idee, wie wir ihn unauffälliger machen könnten?« Er zog die Brauen zusammen und dachte nach. Sein abschätzender Blick landete auf meinen Haaren. Ich zuckte zusammen und faßte unwillkürlich nach meinem Zopf. Er grinste und sagte: »Wir könnten ihm die Haare färben.« Ich atmete auf. Einen Augenblick lang hatte ich befürchtet, er würde vorschlagen, mich kahlzuscheren. Sein Blick ruhte auf mir, und er blinzelte mir heimlich zu. Ich grinste dankbar. Ranan hatte sich weggedreht und wühlte in einem Kasten herum.
»Hier«, verkündete sie triumphierend, »ich habe noch was von dem Zeug, mit dem wir damals Nikolais Haare ...«
»Ja, wunderbar, Ran«, sagte Quinn ungeduldig. »Dann übernimm du das bitte. Weiter. Wir müssen einen Treffpunkt ausmachen. Was glaubst du, Elloran, wie lange wirst du brauchen, ihn zu finden?«
»K-keine Ahnung. Vielleicht zehn Tage?«
»Gut. Also werden wir uns morgen einen Ort aussuchen, an dem in zwei Wochen jemand von uns auf dich und Nikolai
Weitere Kostenlose Bücher