Elsas Küche: Roman (German Edition)
Beispiel der Küchenchef und der Tellerwäscher – unterfordert waren, während auf die schlechtesten – die beiden schrecklichen Köche – zu viel Rücksicht genommen wurde. Solche Beobachtungen waren ihr zur zweiten Natur geworden, da sie von klein auf effiziente Betriebsführung gewohnt war. Dora war sich bewusst, dass Elsa zwar etwas vom Kochen verstand und auch sehr kreativ sein mochte, dass sie jedoch nicht die geringste Ahnung vom Management hatte.
»Aber der Küchenchef macht einen klugen Eindruck«, erzählte sie ihrem Vater, dem sie jeden Abend berichtete, was sie tagsüber gelernt hatte. »Er arbeitet hart und ist ambitioniert!«
Dora hatte sich fast sofort bis über beide Ohren in den Küchenchef verliebt, und damit hatten weder sie noch ihre Eltern gerechnet. Zu Hause redete sie nur von ihm. Sie war jedoch verwirrt, weil sie nicht verstand, warum er so reserviert war, als sie eingestellt wurde, und sie verstand auch nicht, warum er sich mit Elsa stritt. Er arbeitete gut. Also musste etwas anderes dahinterstecken.
Sie blieb nur so lange in der Tulpe , weil sie seine Aufmerksamkeit zu erregen versuchte. Nur deshalb nahm sie die unflätigen Köche hin und den stinkenden alten Tellerwäscher.
Der Küchenchef brauchte ein Weilchen, bis er sie wahrnahm. Es passierte an dem Abend, als Elsa seinen Heiratsantrag wieder einmal abgelehnt hatte und er seine Sachen aus ihrer Wohnung trug. An diesem Abend ging er mit Freunden etwas trinken. Er beschwerte sich über Elsa, und sie schüttelten die Köpfe über ihn.
»Sie ist nicht mehr die Jüngste«, sagte einer. »Sie könnte deine Tante sein.«
»Genau«, sagte ein anderer. »Worüber beklagst du dich dauernd? Sie tut dir einen Gefallen. Spaß ist ja ganz schön, aber mal ehrlich – du hast lang genug nach ihrer Pfeife getanzt. Wieso zerbrichst du dir über die alte Schnalle den Kopf, wo hier lauter Mädchen allein an der Bar rumsitzen und nur drauf warten, dass es ihnen jemand besorgt?«
Der Küchenchef sah zu den jungen Frauen an der Bar hinüber, und Dora mit ihren flachsblonden Locken und der abendlichen Glittervariante des zu ihrem Markenzeichen gewordenen rauchigen Lidschatten, starrte ebenso offen zurück wie ihre Freundinnen.
Sie lächelten sich zu und winkten, und dann setzten sie sich zueinander.
An diesem Abend begann ihr Flirt, und Dora fing sofort Feuer. Der Küchenchef war etwas langsamer, musste sich aber eingestehen, dass er sie mochte.
Aber er wollte ganz offen mit ihr sein und erzählte ihr deshalb von seiner Affäre mit Elsa.
»Kein Wunder!«, sagte sie.
Sie unterhielten sich, und sein Ehrgeiz beeindruckte sie ebenso wie die Erkenntnis, dass seine Weltsicht vollkommen mit ihrer eigenen und der ihrer Familie harmonierte. An einem Wochenende lud sie ihn zum Abendessen zu sich nach Hause ein, und der Küchenchef sagte zu. Man muss es ihm hoch anrechnen, dass er alle in der Familie bereits sehr mochte, bevor er wusste, wer sie waren. Um herauszufinden, dass diese reiche Familie die reiche Familie überhaupt war, brauchte er ganze zwanzig Minuten. Die berühmten Kartoffelchipsfabrikanten aus Délibáb, Leute, die ihm nicht ferner hätten sein können. Was für ein Glücksfall, dass ich hier sitze , dachte er bei sich.
»Sie sind ein kluger Mann«, sagte Doras Vater. »Was haben Sie für Zukunftspläne?«
Diese Frage hatte dem Küchenchef noch niemand gestellt. Er hatte drei Jahre lang versucht, Elsa dafür zu interessieren, aber sie hatte ihm nie zugehört.
»Oh, ich habe Pläne«, sagte der Küchenchef.
Er blickte zu Dora, die neben ihrer Mutter am Tisch saß.Der Küchenchef betrachtete sie nacheinander und lächelte ihnen zu. Mutter und Tochter erröteten. Doras Vater warf einen Blick auf seine Tochter und glaubte, ein Glitzern in ihren Augen zu erkennen. Er überlegte kurz.
»Pläne hat jeder, junger Mann«, sagte Doras Vater. »Was ist an Ihren besonders?«
»Ich hab nicht nur Pläne«, sagte der Küchenchef selbstbewusst, und erklärte Doras Vater, dass er vorhabe, sein Auto zu verkaufen, seine Ersparnisse zu plündern, den Schrebergarten zu verkaufen und einen Kredit aufzunehmen, um ein eigenes Restaurant aufzumachen. Das erinnerte Doras Vater an etwas. Er musterte den jungen Mann und bot ihm noch ein Bier an.
»Ein guter Plan!«, sagte er. »Bei Gott, so hab ich auch mal angefangen – mit dem Verkauf des Familiengartens! Das ist das Tolle an Chancen. Einfallsreich muss man sein. Das Einzige, was den Leuten im Weg steht,
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