Elsas Küche: Roman (German Edition)
sorgfältig im Inventar verzeichnet seien und für den Festwagen mit den Pyramiden von Giseh bestimmt.
»Ich brauch nur ein paar Sträuße«, antwortete Elsa. »Bitte. Alle Ladenbesitzer in der Stadt haben Blumen in den Schaufenstern. Ich brauch doch nur ein paar Sträuße gelbe Tulpen.«
Der Lastwagenfahrer klimperte mit seinen Schlüsseln herum und sah auf die Blumenpaletten.
»Ein paar Sträuße tun keinem weh«, sagte er.
»Natürlich nicht«, erwiderte Elsa. »Die merken das nicht mal. Haben Sie vielen Dank.«
Sie nahm die Blumen in Empfang und machte sich auf den Weg ins Restaurant. Der Boulevard war jedoch gesperrt, weil dort Stände und Bänke und Raststätten und Zelte aufgebaut wurden. Für die Fußgänger waren Umgehungswege eingerichtet worden. Leise fluchend folgte Elsa den Schildern. Bald bemerkte sie, dass der Umweg sie ganz in die Nähe von Pistis Häuschen im Romaviertel brachte.
Sie fragte sich, ob die Kerzenleuchter ihnen irgendwie geholfen hatten und ob sie alles in allem einen guten Preis für die Spiegel bekommen hatten.
»Wieso auch nicht«, sagte sie leise.
Dann bog sie um die Ecke und ging auf das wohlbekannte Tor zu, doch das Häuschen sah verlassen aus.
Sie sah zum Laden an der Ecke hinüber, nahm allen Mut zusammen und ging hinein.
Als sie die Tür aufstieß, schellte eine neue Klingel über der Tür, und der Ladenbesitzer, der gerade Silber putzte, blickte auf. Er rollte die Augen und seufzte laut, als er sie sah. Der Laden wirkte verändert. Sie bemerkte zwei von ihren Spiegeln an der Wand.
»Woher haben Sie diese Kerzenleuchter?«, fragte sie. Sie hatte sie auf einem Regal neben anderem Nippes entdeckt.
Der Ladenbesitzer blickte ebenfalls dorthin. Er legte die Silbergabel ab, die er gerade polierte.
Als sie zu den Leuchtern ging, einen herunterholte und vor ihn stellte, lachte er.
»Unsere Freunde!«, sagte er. »Unsere lieben Freundehaben vor ein paar Wochen einen Haufen altes Zeug angebracht, das sie mir verkaufen wollten. Sie haben fast zwanzig von diesen Dingern hergebracht und ein paar Spiegel.« Er zeigte auf den Spiegel, der hinter ihm an der Wand hing. Auf ihren Spiegel.
»Das sind meine«, sagte sie und fuhr mit der Hand über die Kerzenleuchter. »Und das ist mein Spiegel!«
Der Ladenbesitzer betrachtete eingehend die Silbergabel.
»Tja, ich hab sie ihnen abgekauft«, sagte er schließlich. »Sie waren nicht sehr teuer, falls Sie sie zurückkaufen wollen. Ich mach Ihnen einen Sonderpreis. Ich habe sowieso zu viele davon – die anderen sind hinten und verstauben nur.«
»Nein, danke«, sagte sie. »Kein Interesse.«
»Was wollen Sie?«, fragte er.
Elsa fingerte an dem Kerzenleuchter herum.
»Ich such sie immer noch«, sagte sie. »Ich hab ihnen das Zeug gegeben, damit sie genügend Geld für ihren kleinen Neffen haben.«
Der Ladenbesitzer hob wütend die Hände.
»Meine Dame«, sagte er, »schauen Sie mal. Das sind Leute, die nicht arbeiten wie Sie und ich. Das tun sie einfach nicht. Sie sind schon eine Ewigkeit weg. Wenn sie zurückkommen, dann ziehen sie in irgendein Viertel auf der anderen Seite der Stadt. Ich hab Ihnen schon mal gesagt, dass Sie denen nichts schuldig sind, auch wenn Sie das meinen. Geben Sie’s auf. Für die ist das nur ein Spiel, und jetzt sind sie halt weg. Leben Sie Ihr Leben weiter und kommen Sie nicht mehr her! Mehr fällt mir dazu nicht ein.
Der Ladenbesitzer wienerte weiter an seinem Löffel herum. Elsa verließ den Laden. Sie würde nicht mehr wiederkommen.
XVIII
A m Tag des Blumenkarnevals wachte Elsa morgens um sechs vom Läuten der Kirchenglocken auf. Sie schlüpfte schnell in die Kleider, die sie am Abend zuvor herausgelegt hatte, und da der Aufzug zu lange auf sich warten ließ, nahm sie die Treppe und rannte hinunter. Dann eilte sie zum Restaurant und dachte dabei an die vielen Gäste, die an diesem Vormittag zu erwarten waren, und an das Geld, das sie einnehmen würde: Es könnte ein warmer Geldregen werden, der ihr helfen würde, das Restaurant auch abends wieder zu öffnen.
Alle ihre Angestellten waren pünktlich und machten sich eifrig an die Frühstücksvorbereitungen. Eva kam, und Elsa schickte sie sofort mit dem neuen Tellerwäscher in die Innenstadt, wo sie Coupons für ein verbilligtes Frühstück an die Festbesucher verteilen sollten, die in Scharen in die Stadt geströmt kamen. Obwohl bis zum Nachmittag keine Straßenbahnen fuhren, musste es ein paar Touristen geben, die dort herumliefen und nichts zu
Weitere Kostenlose Bücher