Elurius (Vater der Engel) (German Edition)
klang ganz ehrlich, nichts war an ihm aufgesetzt. Robert glaubte ihm dennoch nicht.
Verächtlich fragte er: „Wer setzt dir Schranken, Engel?“
Ja, dachte sich Jesco, wer setzte einem Engel Schranken?
Ami-el wies mit dem Daumen auf Jesco, als könne Robert sehen, was er tat. „Ich denke“, meinte er versonnen, „dein freundlicher Begleiter hier wird dir darüber Auskunft geben können.“
Ohne zu zögern, stellte Jesco fest: „Du bist kein Engel. Und den Dämonen hat Gott Schranken gesetzt, damit sie hier nicht grenzenlos wüten können.“
„Du bist ebenso respektlos wie Robert“, erwiderte Ami-el in seltsamer Herzlichkeit. „Rede weiter.“ Die Mimik in Robins Gesicht spielte nun schon perfekt mit, sie strahlte eine gelassene Heiterkeit aus, die roten Haare leuchteten trotz des grauen Zwielichts in seltsam überirdischer Schönheit.
Jesco wollte sich von dieser atemberaubenden Metamorphose nicht beirren lassen. Er sagte das, was er zu sagen hatte. „Sogar Menschen können Dämonen beherrschen, in Jeschuas Namen, wenn sie seine Vollmacht haben. Und außerdem gibt es Dämonenbeschwörer, die nicht auf Gottes Seite stehen. Doch auch sie nehmen in Endeffekt gottgegebene Vollmachten wahr, die er ihnen als Herrscher über die Erde schon bei der Schöpfung gegeben hat.“
Ami-el zauberte ein strahlendes Lächeln in Robins Gesicht. Jesco spürte, wie sich sein Herz zu erwärmen begann, obwohl der Verstand ihn warnte. „Du hast recht damit, dass einige Menschen Macht über mich ausüben können. Ich bin zwar Geist, doch an Gesetze dieser Welt gebunden. Wie ich ohne Einladung keinen menschlichen Körper in Besitz nehmen darf, so bin ich zu einem gewissen Grad Elisas Befehlsgewalt unterstellt. Zugleich beherrscht der Schwarze Priester Zauber, die mir Schranken auferlegen können.“ Robins Zeigefinger deutete auf Robert. „Die Zeichen auf deinen Armen haben ihren Sinn.“
Robert schwieg dazu, doch Jesco konnte, auch ohne sein Gesicht zu sehen, geradezu den Widerwillen spüren, der von ihm ausging. Ami-el sprach weiter zu ihm.
„Ich will dich nicht über meine Motive täuschen. Mein Anliegen war es nie, dich vor jedem Schaden zu bewahren. Du bist jemand, der seine Kämpfe selbst durchzustehen weiß, der keinen Beschützer oder Gefährten braucht. Aber der Schwarze Priester wusste, dass ich es nicht akzeptieren würde, wenn er dich schwer verletzt oder gar tötet. So hat er meinen Zugriff auf dich und auf das gesamte Ritual verhindert. Trotzdem lebst du. Man gab dir Gift zu trinken, hat dich verbluten lassen ... und du lebst. Denn ich finde immer einen Weg.“
„ Lüg mich nicht an“, sagte Robert nur und wandte brüsk den Kopf ab.
Das strahlende Wesen mit den funkelnden hellgrünen Augen barg nur noch eine Erinnerung an Robins Äußeres, die körperliche Hülle war bis in die Haarspitzen durchdrungen von dem fremden Geist. Fasziniert beobachtete Jesco die feinen Züge im glatten, hellen Gesicht, die wirkten wie lebendig gewordener Marmor. Der visuelle Eindruck entsprach tatsächlich am ehesten der menschlichen Vorstellung von einem von innen heraus leuchtenden, unirdischen Wesen, einem Engel.
Ami-el ließ sich durch Roberts konstante Abwehr nicht beirren. „Ich werde dir zeigen, dass ich nicht wie ER bin. Du kannst sofort Heilung von mir bekommen. Dann können wir uns ohne jegliche Einschränkungen gegenüberstehen und du kannst frei entscheiden, ob du mir weiter zuhören willst. Wir haben genug Zeit für alles. Der Schwarze Priester hat sich bereits auf den Weg gemacht, doch wird er nach dir am Ziel eintreffen.“
Jesco konnte an dieser Stelle nicht an sich halten. „Ich biete dir Gottes Heilung an, Robert. Du brauchst dieses Wesen nicht.“
Ami-el wandte sich Jesco zu, um ihm in die Augen zu blicken. Der Blick dieses Wesens wirkte wie ein Bann, Jesco konnte sich ihm nicht entziehen, die Tiefe dieser Schönheit berührte ihn in der Seele. „Ich habe dir versprochen, dir zu erklären, was mit Robert geschehen ist. Danach wird er entscheiden, welches Angebot er annimmt.“
Jesco wollte sagen, dass er das gar nicht wissen musste, doch zögerte er einen Moment zu lange bis Ami-el bereits weitersprach. „Robert kann die unsichtbare Welt, deren Existenz dir bekannt ist, zu einem viel größeren Teil wahrnehmen und beeinflussen als andere Menschen. Ein Teil des Gehirns, der normalerweise stark verkümmert ist, ist bei ihm aktiv. Diesen Teil hat er in einer Konfrontation mit dem Schwarzen Priester
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