Elurius (Vater der Engel) (German Edition)
und sie konnte Elisa einfach nicht entkommen. Jeder Fluchtversuch war bislang damit geendet, dass sich eine unsichtbare Schnur um Tadeyas Hals festzog und sie nach Luft ringen ließ. Der Sauerstoffmangel raubte ihr fast die Sinne und sie war gezwungen, die Flucht abzubrechen, um nicht zu ersticken. Wer sie mit diesem Fluch geschlagen hatte, ob Elisa selbst oder ihr finsterer Freund, wusste sie nicht. Doch im Grunde genommen konnte ihr der direkte Urheber des Zaubers egal sein, denn es geschah auf jeden Fall mit Elisas Einwilligung. Elisa erwies sich auf dieser Reise als kaum angreifbar, außer vielleicht mit bissigen Worten.
Ludwig löste die Fesseln und Tadeya versuchte, ihre schmerzenden Knochen vom Boden zu erheben. Zum Frühstück gab es schon etwas älteres Brot mit ein paar Löffeln Schmalz, dazu einen Becher Wasser. Die beiden anderen nahmen dieselbe karge Mahlzeit zu sich, Nahrungsmitteleinkäufe standen auf dieser Fahrt nicht an erster Stelle. Elisa wollte diese Reise schnell hinter sich bringen. Insgesamt blieb die Laune unter den Dreien stets frostig. Manchmal führte Ludwig recht humorige Monologe, mit denen er sich wohl selbst aufzumuntern versuchte, an der Allgemeinstimmung änderte das aber wenig.
Bald darauf bewegten sie sich über holprige Straßen weiter durch die Landschaft, während im Kutscheninneren zwischen den beiden Frauen zumeist eisiges Schweigen herrschte.
Die nächste kurze Rast fand gegen Mittag statt, Ludwig plapperte mal wieder ein wenig vor sich hin, während er die Pferde versorgte und die beiden Frauen ihre dürftige Mahlzeit verzehrten.
„Ob er dort wohl heimlich betet, unser Meister, in der Katharinenkapelle?“ fragte Ludwig sich laut. Er lachte leise vor sich hin und schüttelte den Kopf. „Das würde wahrscheinlich ein galaktisches Beben hervorrufen. Dann wäre es vorbei mit der Heimlichkeit.“
Tadeya horchte auf. „Wann werden wir denn dort sein?“ fragte sie.
„Kein weiter Weg mehr“, gab Ludwig zurück und zwinkerte sie dabei an, als seien sie miteinander vertraut. „Ich bin mal gespannt, was dort auf uns wartet.“
„ Wer weiß“, meinte Tadeya leichthin. „Vielleicht wird es eine böse Überraschung für dich. Schließlich ist dein Chef nicht umsonst so eilig abgereist.“
„ Ich wette, er hat alles im Griff“, erwiderte Ludwig und wandte sich dabei wieder von ihr ab. „Wir müssen weiter, vor dem Abend habe ich noch eine gute Strecke geplant.“
Doch Ludwigs Ambitionen standen unter keinem guten Stern, denn kurz darauf krachte das linke Vorderrad der Kutsche gegen einen Stein, sodass das Holz brach. Mit einem lauten Krachen sackte die Kutsche in leichte Schräglage, rumpelte einige Meter weiter und blieb dann stehen. Tadeya wäre beinah vom Sitz gerutscht und auch Elisa griff mit beiden Händen nach den Haltegriffen.
„Mist“, hörten sie draußen Ludwig sagen, der schnell vom Kutschbock gesprungen war, um sich die Sache anzusehen.
Elisa steckte ihren Kopf zum Fenster hinaus. „Wie weit ist es bis zur nächsten Stadt?“ erkundigte sie sich.
„Nur ein kurzes Stück“, meinte der Mann. „Ich werde dort sicher einen Stellmacher oder Tischler finden. Sie kommen doch allein zurecht?“
Ohne Frage konnte Elisa gut auf Ludwig verzichten. Der spannte nur noch die Pferde aus und gab ihnen ein wenig Freiraum auf der angrenzenden Wiese, dann machte er sich zu Fuß auf den Weg in die Stadt.
„Wie geht es dir bei dem Gedanken,“, fragte Tadeya ihre Großmutter provozierend, „dass das Monster, dem du dienst, deinen Asno längst umgebracht hat? Dem ist doch nichts heilig.“
„ Darüber diskutiere ich nicht mit dir“, sagte Elisa nur.
„ Vielleicht hat Robert auch beide erledigt“, sinnierte Tadeya weiter. „Ich werde mich dann dafür einsetzen, dass er dich leben lässt. Du brauchst schließlich noch genügend Zeit, um darüber nachzudenken, was du alles angerichtet hast.“
Elisa schaute demonstrativ aus dem Fenster, obwohl es dort draußen gar nichts zu sehen gab. Tadeya hatte in den letzten Tagen viel geschwiegen und jetzt war es an der Zeit, sich wieder einmal Luft zu verschaffen. „Du verhältst dich unmöglich. Kein Wunder, dass meine Mutter in deiner Gegenwart nicht mehr leben wollte. Und dein Asno ist dir wahrscheinlich auch deshalb weggelaufen, weil er dich nicht weiter ertragen konnte.“
Elisa sah weiterhin nach draußen, während sie leise, vielleicht sogar etwas resigniert, erwiderte: „Du weißt nicht einmal, wer Asno ist.
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