Elurius (Vater der Engel) (German Edition)
drehte sich herum und griff nach Robins Arm, der vor Schreck zu keinem Widerstand in der Lage war. Plötzlich fand der junge Mann sich zwischen Robert und dem Zaubermeister wieder, direkt vor dem Sarkophag stehend, an beiden Armen von hinten festgehalten. Er erstarrte.
„Die Macht des Todes“, erklärte Elmor mit tiefer, böser Stimme, „übersteigt alles, was du bisher erlebt hast. Wenn du ihm begegnest, dann wird er alles von dir fordern, woran dein Herz hängt. So wirst du im Kampf an meiner Seite zu Grunde gehen und uns womöglich beide in den Abgrund des Scheols reißen, wenn du dich weiter an etwas Lebendigem klammerst.“
„ Du hast gründlich dafür gesorgt, dass nichts mehr da ist, woran ich mich klammern könnte“, erwiderte Robert und jetzt konnte Robin sehen, wie die Gelassenheit allmählich wieder von ihm wich. Der alte Zorn schimmerte durch, die Augen verengten sich.
„ Gut“, sagte Elmor. „Dann weg mit diesem hier.“
Robin atmete zitternd durch. Er wollte irgendetwas sagen, das ihn vielleicht retten konnte, doch er brachte nichts heraus. Er spürte den kräftigen Druck der Hände an seinen Gelenken und wusste, dass es kein Entkommen gab, selbst, wenn er sich diesem Griff entwandt.
„Er soll zu mir kommen“, forderte Robert. „Ich kümmere mich darum.“
Elmor ließ ihn los. Robin fühlte sich nicht mehr als Herr über seinen Körper, ihm war, als sei ihm seine fleischliche Hülle zum zweiten Mal gestohlen worden. Und doch setzte er einen schwankenden Schritt vor den anderen, irgendwie kam er um den Steinsarg herum, ohne zu stürzen. Die Haut brannte ihm an den Stellen, wo er festgehalten worden war. Er forschte in Roberts Gesicht, um zu erkennen, was ihn an seinem Ziel erwartete, doch er sah dort nichts, was ihm Mut machen konnte.
Robert berührte ihn nicht, sondern trat sogar einen Schritt zurück, als Robin bei ihm ankam.
„ Hilfe“, kam es heiser aus Robins Kehle.
Robert schaute ihn an. In den schwarzen Augen lag ein böses Funkeln, das Robin zurückzucken ließ. War er hier nichts weiter als ein Ärgernis, das es galt, aus dem Weg zu räumen?
„Geh hinter mich“, befahl ihm Robert hart.
Robin gehorchte aufs Wort, sah er doch in dieser Order wieder einen Hoffnungsschimmer für sich. Doch konnte er über Robert Schulter hinweg das Gesicht seines alten Herrn sehen, der in väterlicher Manier den Kopf schüttelte. „So viel dazu“, stellte der alte Meister fest, und Robin meinte, hinter der ruhigen Miene beißenden Hass zu erkennen.
„Der Tod schreckt mich nicht“, erklärte Robert nun fest. „Wenn du mich allerdings für zu schwach hältst, dann nimm mir deinen Schüler wieder ab und töte ihn selbst.“
Robin stöhnte auf: So hatte er sich das nicht vorgestellt.
Der alte Meister lächelte nun sogar, ohne dass Robins Eindruck von dessen finsterer Seele sich änderte. „Andererseits“, sagte er bedächtig, „ist ein unbelehrbarer Sturkopf wie du wohl der einzig passende Gefährte, um sich dem Tod zum Kampf zu stellen. - Ich möchte hören, was der Priesterkönig dir zu sagen hatte, es muss ziemlich überzeugend gewesen sein.“
12. Vertrauen
------- TADEYA SLEYVORN -------
Obwohl sie bereits einige Tage unterwegs waren, konnte Tadeya es immer noch nicht glauben, was Elisa ihr auf dieser Reise antat. Wieder mal war es Nacht und sie lag auf dem Boden der Kutsche, die Hände zusammengeschnürt und festgebunden an dem Sitzgestänge. Elisa hatte diesem Ludwig, ihrem verordneten Begleiter, tatsächlich erlaubt, sie jeden Abend auf diese Weise zu behandeln, damit Elisa sich irgendwo dort draußen eine ruhige Nacht gönnen konnte. Tadeya war inzwischen richtig froh, dass sie nicht noch mehr Angehörige ihrer Familie kannte: Sie hatte die Nase voll davon, ständig von jemandem festgehalten und eingesperrt zu werden.
Schlafen konnte sie in dieser Position nur sehr wenig. Der Boden war hart und es gab kaum Platz zum Wenden, geschweige denn sich zwischendurch mal auszustrecken. Also dachte sie verbissen über weitere Fluchtmöglichkeiten nach, abgesehen von den unzähligen, die sie bereits ausprobiert hatte.
Im allerersten Morgenlicht hörte sie Schritte und Ludwigs Stimme. Jeden Tag ging es früh los, sobald die Straßen nicht mehr in absoluter Dunkelheit lagen. Die Kutschentür öffnete sich und wie erwartet erschienen sowohl Ludwig als auch Elisa in der fahlen Dämmerung. Tadeya sah im Gesicht ihrer Großmutter eine schreckliche Unerbittlichkeit -
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