Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Funke Leben
Vom Netzwerk:
staub­te sei­ne Knie ab. Es war nichts ab­zu­stau­ben;
aber er konn­te das Zit­tern in sei­nen Bei­nen nicht kon­trol­lie­ren und woll­te
nicht, daß Drey­er es sä­he.
    Drey­er merk­te es nicht. Er faß­te mit dem Fin­ger nach dem Fu­run­kel. Ber­ger sah,
daß das Ge­schwür ge­platzt war. Ei­ter lief her­aus. »Ma­chen Sie das nicht«, sag­te
er.
    »Was? Warum?«
    »Rüh­ren Sie den Fu­run­kel nicht an. Lei­chen­gift ist töd­lich.«
    Drey­er starr­te Ber­ger an. »Ich ha­be heu­te kei­ne Lei­che an­ge­faßt.«
    »Aber ich. Und Sie ha­ben mich an­ge­faßt. Mein Vor­gän­ger ist an Blut­ver­gif­tung
ge­stor­ben.«
    Drey­er schleu­der­te sei­ne rech­te Hand fort und wisch­te sie an der Ho­se ab.
»Ver­dammt! Was pas­siert nun? Ver­fluch­te Schwei­ne­rei! Ich ha­be schon an­ge­faßt.«
Er blick­te auf sei­ne Fin­ger, als hät­te er Le­pra. »Los! Mach was!« schrie er
Ber­ger zu. »Glaubst du, ich will ver­re­cken?«
    »Si­cher nicht.« Ber­ger hat­te sich ge­faßt. Die Ab­len­kung Dreyers hat­te ihm Zeit
ge­ge­ben.
    »Be­son­ders jetzt nicht, so kurz vor dem En­de«, füg­te er hin­zu.
    »Was?«
    »So kurz vor dem En­de«, wie­der­hol­te Ber­ger.
    »Was, En­de? Mach was, du Hund! Tu was drauf!«
    Drey­er war blaß ge­wor­den. Ber­ger hol­te ei­ne Fla­sche Jod, die auf ei­nem Brett;
stand. Er wuß­te, daß Drey­er nicht in Ge­fahr war; es war ihm auch gleich­gül­tig.
Die Haupt­sa­che war, daß er ihn ab­ge­lenkt hat­te. Er strich ei­ne Do­sis Jod über
den Fu­run­kel.
    Drey­er zuck­te zu­rück. Ber­ger stell­te die Fla­sche fort. »So – jetzt ist es
des­in­fi­ziert.«
    Drey­er ver­such­te den Fu­run­kel zu se­hen. Er schiel­te an sei­ner Na­se ent­lang.
    »Be­stimmt?«
    »Be­stimmt.«
    Drey­er schiel­te noch einen Au­gen­blick. Dann be­weg­te er die Ober­lip­pe wie ein
Ka­nin­chen. »So, und was woll­test du ei­gent­lich?« frag­te er.
    Ber­ger merk­te, daß er ge­won­nen hat­te. »Das, was ich ge­sagt ha­be. Die
Per­so­na­li­en ei­nes To­ten aus­tau­schen. Das ist al­les.«
    »Und Schul­te?«
    »Er hat nicht auf­ge­paßt. Nicht auf die Na­men. Au­ßer­dem war er zwei­mal drau­ßen.«
    Drey­er dach­te nach. »Und die Klei­der? Wie ist das?«
    »Sie wer­den stim­men. Auch die Num­mern.«
    »Wie­so? Hast du ...«
    »Ja«, sag­te Ber­ger. »Ich ha­be die bei mir, die wir aus­tau­schen wol­len.«
    Drey­er sah ihn an. »Ganz gut ge­plant habt ihr das. Oder warst du das al­lein?«
    »Nein.«
    Drey­er steck­te die Hän­de in die Ta­schen und ging ei­ni­ge Ma­le hin und her. Dann
blieb er vor Ber­ger ste­hen. »Und wer bürgt mir da­für, daß dei­ne so­ge­nann­te
Lis­te nicht doch auf­taucht?«
    »Ich.«
    Drey­er zuck­te die Ach­seln und spuck­te aus.
    »Bis­her war nur die Lis­te da«, sag­te Ber­ger ru­hig. »Die Lis­te und die
An­schul­di­gung. Ich hät­te sie be­nüt­zen kön­nen, und mir wä­re nichts pas­siert; ich
wä­re höchs­tens ge­lobt wor­den. Hier­nach« – er wies auf die Pa­pie­re auf dem Tisch
– »bin ich mit­schul­dig an dem Ver­schwin­den ei­nes Ge­fan­ge­nen.«
    Drey­er über­leg­te. Er be­weg­te vor­sich­tig sei­ne Ober­lip­pe und schiel­te wie­der.
    »Für Sie ist das Ri­si­ko be­deu­tend ge­rin­ger«, fuhr Ber­ger fort. »Es kommt nur
ei­ne Ver­feh­lung zu drei, vier an­de­ren hin­zu. Das gibt kaum einen Un­ter­schied.
Ich aber be­las­te mich zum ers­ten Ma­le. Ich neh­me das weit grö­ße­re Ri­si­ko. Das
ist ge­nug Ga­ran­tie, glau­be ich.«
    Drey­er ant­wor­te­te nicht.
    »Es ist noch et­was an­de­res zu über­le­gen«, sag­te Ber­ger, wäh­rend er ihn wei­ter
be­ob­ach­te­te. »Der Krieg ist so gut wie ver­lo­ren. Die deut­schen Trup­pen sind von
Afri­ka und Sta­lin­grad weit über die Gren­zen und über den Rhein zu­rück­ge­drängt
wor­den. Da­ge­gen hilft kei­ne Pro­pa­gan­da und kein Ge­re­de von ge­hei­men Waf­fen
mehr. In ein paar Wo­chen oder Mo­na­ten ist es zu En­de. Dann kommt auch hier die
Ab­rech­nung. Wo­für sol­len Sie da für an­de­re mit­bü­ßen? Wenn be­kannt wird, daß Sie
uns ge­hol­fen ha­ben, sind Sie ge­si­chert.«
    »Wer ist das: uns?«
    »Wir sind vie­le. Über­all. Nicht nur im Klei­nen La­ger.«
    »Und wenn ich das nun

Weitere Kostenlose Bücher