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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Funke Leben
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ei­ne An­zahl ge­deck­ter
Gü­ter­wa­gen an­ge­kom­men. Sie hat­ten zu ei­nem Ver­nich­tungs­la­ger wei­ter­ge­lei­tet
wer­den sol­len. Nachts wa­ren je­doch die Ver­bin­dun­gen aufs neue zer­bombt wor­den.
    Der Zug war einen Tag ste­hen­ge­blie­ben; dann hat­te man die In­sas­sen ins Mel­le­ner
La­ger ge­schickt.
    Es wa­ren nur Ju­den, Ju­den aus al­len Ge­gen­den Eu­ro­pas. Es wa­ren pol­ni­sche und
un­ga­ri­sche, ru­mä­ni­sche und tsche­chi­sche, rus­si­sche und grie­chi­sche Ju­den, Ju­den
aus Ju­go­sla­wi­en und Hol­land und Bul­ga­ri­en und so­gar ei­ni­ge aus Lu­xem­burg. Sie
spra­chen ein Dut­zend ver­schie­de­ner Spra­chen, und die meis­ten ver­stan­den
ein­an­der kaum.
    Selbst das ge­mein­sa­me Jid­disch schi­en ver­schie­den zu sein.
    Sie wa­ren zwei­tau­send ge­we­sen, und jetzt wa­ren sie noch fünf­hun­dert. Ein paar
hun­dert la­gen tot in den Gü­ter­wa­gen.
    Neu­bau­er war au­ßer sich. »Wo sol­len wir denn mit de­nen hin? Das La­ger ist doch
schon über­füllt! Und au­ßer­dem sind sie gar nicht of­fi­zi­ell zu uns über­wie­sen!
Wir ha­ben nichts da­mit zu tun! Das ist ja ein wil­des Durch­ein­an­der! Es gibt
kei­ne Ord­nung mehr! Was ist nur los?«
    Er rann­te in sei­nem Bü­ro auf und ab. Zu all sei­nen per­sön­li­chen Sor­gen kam
jetzt auch noch dies! Sein Be­am­ten­blut em­pör­te sich. Er ver­stand nicht, daß so
vie­le Um­stän­de mit Leu­ten ge­macht wur­den, die zum To­de ver­ur­teilt wa­ren. Wü­tend
starr­te er aus dem Fens­ter. »Wie die Zi­geu­ner lie­gen sie da vor den To­ren, mit
Sack und Pack! Sind wir auf dem Bal­kan oder in Deutsch­land? Ver­ste­hen Sie, was
los ist, We­ber?«
    We­ber blieb gleich­gül­tig. »Ir­gend­ei­ne Stel­le muß es an­ge­ord­net ha­ben«, sag­te
er. »Sonst wä­ren sie nicht her­auf­ge­kom­men.«
    »Das ist es ja ge­ra­de! Ir­gend­ei­ne Stel­le da un­ten am Bahn­hof. Oh­ne daß ich
ge­fragt wor­den bin. Nicht ein­mal vor­her ver­stän­digt. Von ord­nungs­ge­mä­ßer
Ab­wick­lung ganz zu schwei­gen. Das gibt es schein­bar über­haupt nicht mehr! Je­den
Tag tau­chen neue Äm­ter auf. Die am Bahn­hof be­haup­ten, die Leu­te hät­ten zu­viel
ge­schrie­en. Es hät­te einen schlech­ten Ein­druck auf die Zi­vil­be­völ­ke­rung
ge­macht. Was ha­ben wir da­mit zu tun? Un­se­re Leu­te schrei­en nicht!«
    Er sah We­ber an. We­ber lehn­te nach­läs­sig an der Tür. »Ha­ben Sie schon mit Dietz
dar­über ge­spro­chen?« frag­te er.
    »Nein, noch nicht. Sie ha­ben recht, ich wer­de das gleich mal tun!« Neu­bau­er
ließ sich ver­bin­den und sprach ei­ne Zeit­lang.
    Dann leg­te er den Hö­rer nie­der. Er war ru­hi­ger ge­wor­den.
    »Dietz sagt, wir brau­chen sie nur die Nacht über hier­zu­be­hal­ten. Ge­schlos­sen in
ei­nem Block. Nicht auf die Ba­ra­cken ver­tei­len. Nicht auf­neh­men. Ein­fach
dalas­sen und be­wa­chen. Mor­gen wer­den sie wei­ter­ge­schickt. Bis da­hin ist die
Ei­sen­bahn­li­nie wie­der re­pa­riert.« Er blick­te wie­der aus dem Fens­ter. »Aber wo
sol­len wir sie nur las­sen? Wir ha­ben doch al­les über­füllt.«
    »Wir kön­nen sie auf dem Ap­pell­platz las­sen.«
    »Den Ap­pell­platz brau­chen wir für die Kom­man­dos mor­gen früh. Das gibt nur
Kon­fu­si­on. Au­ßer­dem wer­den die Bal­ka­ne­sen ihn völ­lig ver­dre­cken. Das geht
nicht.«
    »Wir kön­nen sie auf den Ap­pell­platz vom Klei­nen La­ger ste­cken. Da sind sie
nicht im We­ge.«
    »Ist da ge­nug Platz?«
    »Ja. Wir müs­sen al­le un­se­re ei­ge­nen Leu­te dann in die Ba­ra­cken pa­cken. Sie
ha­ben bis jetzt zum Teil drau­ßen ge­le­gen.«
    »Warum? Sind die Ba­ra­cken so über­füllt?«
    »Das kommt dar­auf an, wie man es an­sieht. Man kann Leu­te pa­cken wie Sar­di­nen.
Auch über­ein­an­der.«
    »Für ei­ne Nacht muß es ge­hen.«
    »Es wird ge­hen. Kei­ner von den Leu­ten im Klei­nen La­ger wird ein In­ter­es­se dar­an
ha­ben, in den Trans­port zu ge­ra­ten.«
    We­ber lach­te. »Sie wer­den da­vor zu­rück­scheu­en wie vor der Cho­le­ra.«
    Neu­bau­er grins­te flüch­tig. Es ge­fiel ihm, daß sei­ne Häft­lin­ge im La­ger blei­ben
woll­ten. »Wir müs­sen Wa­chen auf­stel­len«, sag­te er.

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