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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Funke Leben
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Sa­chen las­sen kön­nen.«
    Ei­ne Stun­de spä­ter war die Son­ne da. Der Him­mel wur­de weich und blau, und die
letz­ten Ne­bel ver­schwan­den. Feucht und jung und mit ei­nem Schim­mer von Grün
la­gen die Fel­der mit den Baum­rei­hen da wie nach ei­nem Ba­de.
    Nach­mit­tags hör­te Block 22, daß sie­ben­und­zwan­zig Häft­lin­ge wäh­rend und nach dem
Bom­bar­de­ment er­schos­sen wor­den sei­en; zwölf wa­ren in Ba­ra­cke 1 ge­tö­tet,
acht­und­zwan­zig durch Split­ter ver­letzt. Zehn SS-Leu­te wa­ren tot; dar­un­ter
Birk­häu­ser von der Ge­sta­po. Hand­ke war tot; eben­so zwei Mann von der Ba­ra­cke
Le­wins­kys.
    509 kam her­über. »Was ist mit der Quit­tung, die du Hand­ke über die Schwei­zer
Fran­ken ge­ge­ben hast?« frag­te Ber­ger. »Wenn man sie nun un­ter sei­nen Sa­chen
fin­det? Was, wenn die Ge­sta­po sie in die Hän­de kriegt? Wir ha­ben nicht dar­an
ge­dacht!«
    »Doch«, sag­te 509. Er zog den Brief­bo­gen aus der Ta­sche. »Le­wins­ky wuß­te es.
Und er hat dar­an ge­dacht. Er hat Hand­kes Sa­chen an sich ge­bracht. Ein
zu­ver­läs­si­ger Ka­po hat sie für ihn ge­stoh­len, so­fort nach­dem Hand­ke er­le­digt
wur­de.«
    »Gut. Zer­reiß sie! Le­wins­ky war ver­dammt tüch­tig heu­te.« Ber­ger at­me­te auf.
»Ich hof­fe, jetzt ha­ben wir end­lich et­was Ru­he.«
    »Viel­leicht. Es kommt dar­auf an, wer der neue Blockäl­tes­te wird.«
    Ein Zug Schwal­ben er­schi­en plötz­lich über dem La­ger. Sie kreis­ten lan­ge, hoch,
in großen Spi­ra­len und ka­men dann tiefer und schos­sen krei­schend über die
pol­ni­schen Ba­ra­cken. Ih­re blau­en, glän­zen­den Flü­gel be­rühr­ten fast das Dach.
    »Das ist das ers­te­mal, daß ich Vö­gel im La­ger se­he«, sag­te Ahas­ver.
    »Sie su­chen Plät­ze zum Nis­ten«, er­klär­te Bu­cher.
    »Hier?« Le­ben­thal me­cker­te.
    »Sie ha­ben die Kirchtür­me nicht mehr.«
    Der Rauch über der Stadt hat­te sich et­was ge­klärt.
    »Tat­säch­lich«, sag­te Sulz­ba­cher. »Der letz­te Turm ist ein­ge­stürzt.«
    »Hier!« Le­ben­thal blick­te kopf­schüt­telnd auf die Schwal­ben, die jetzt mit
schril­len Ru­fen die Ba­ra­cke um­kreis­ten. »Und da­zu kom­men sie von Afri­ka zu­rück!
Hier­her!«
    »Sie ha­ben nir­gend­wo Platz in der Stadt, so­lan­ge es brennt.«
    Sie blick­ten hin­un­ter. »Wie das aus­sieht!« flüs­ter­te Ro­sen.
    »Es muß noch ei­ne Men­ge an­de­rer Städ­te so bren­nen«, sag­te Ahas­ver.
    »Grö­ße­re und wich­ti­ge­re. Wie müs­sen die erst aus­se­hen?«
    »Ar­mes Deutsch­land«, sag­te je­mand, der in der Nä­he hock­te.
    »Was?«
    »Ar­mes Deutsch­land.«
    »Men­schens­kin­der!« sag­te Le­ben­thal. »Habt ihr das ge­hört?«
    Es wur­de warm. Abends er­fuhr die Ba­ra­cke, daß auch das Kre­ma­to­ri­um be­schä­digt
wor­den war. Ei­ne der Um­fas­sungs­mau­ern war ein­ge­stürzt, und der Gal­gen stand
schief; aber der Schorn­stein rauch­te mit Voll­dampf wei­ter.
    Der Him­mel be­zog sich. Es wur­de im­mer schwü­ler. Das Klei­ne La­ger be­kam kein
Abendes­sen. Die Ba­ra­cken wa­ren still.
    Wer konn­te, lag drau­ßen. Es schi­en, als müs­se die schwe­re Luft Nah­rung ge­ben.
Die Wol­ken, die dich­ter und fah­ler wur­den, sa­hen aus wie Sä­cke, aus de­nen Es­sen
fal­len kön­ne. Le­ben­thal kam mü­de von ei­nem Pa­trouil­len­gang zu­rück. Er mel­de­te,
daß nur vier Ba­ra­cken im Ar­beits­la­ger Abendes­sen be­kom­men hät­ten. Die an­de­ren
nicht; an­geb­lich sei die Pro­vi­an­t­ab­tei­lung be­schä­digt.
    Es sei­en kei­ne Kon­trol­len in den Ba­ra­cken vor­ge­nom­men wor­den. Of­fen­bar ha­be die
SS den Ver­lust der Waf­fen noch nicht be­merkt.
    Es wur­de im­mer wär­mer. Die Stadt lag in ei­nem son­der­ba­ren, schwef­li­gen Licht.
    Die Son­ne war längst un­ter­ge­gan­gen, aber die Wol­ken hin­gen noch voll von dem
gel­ben, fah­len Licht, das nicht wei­chen woll­te.
    »Es gibt ein Ge­wit­ter«, sag­te Ber­ger. Er lag blaß ne­ben 509.
    »Hof­fent­lich.«
    Ber­ger sah ihn an. Das Was­ser lief ihm in die Au­gen. Sehr lang­sam dreh­te er den
Kopf, und plötz­lich floß ein Schwall Blut aus sei­nem Mun­de. Es war mü­he­los und
so na­tür­lich, daß 509 es in der

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