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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arc de Triomphe
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Schach ist ei­ne Welt für sich. So­lan­ge man spielt, tritt sie an
die Stel­le der an­de­ren da drau­ßen.« Er hob sei­ne ent­zün­de­ten Au­gen. »Die ist
nicht so voll­kom­men.«
    Le­vy, sein Part­ner, me­cker­te plötz­lich auf. Dann schwieg
er, sah sich er­schro­cken um und folg­te dem Pro­fes­sor.
    Sie mach­ten zwei Spie­le. Dann stand Mo­ro­sow auf. »Ich muß
ge­hen, Tü­ren öff­nen für die Blü­te der Mensch­heit. Warum schaust du ei­gent­lich
nie mehr bei uns her­ein?«
    »Ich weiß nicht. Zu­fall.«
    »Wie ist es mit mor­gen abend?«
    »Mor­gen abend kann ich nicht. Da ge­he ich es­sen. Ins
Ma­xi­me.«
    Mo­ro­sow grins­te. »Für einen il­le­ga­len Flücht­ling treibst
du dich ei­gent­lich ziem­lich frech in den ele­gan­tes­ten Lo­ka­len von Pa­ris her­um.«
    »Das sind die ein­zi­gen, in de­nen man völ­lig si­cher ist,
Bo­ris. Wer sich be­nimmt wie ein Re­fu­gié, wird bald er­wi­scht. Das soll­test
selbst du noch wis­sen, du Nan­sen­paß­be­sit­zer.«
    »Stimmt. Mit wem gehst du denn? Mit dem deut­schen
Ge­sand­ten als Pro­tek­ti­on?«
    »Mit Ka­te Hegström.«
    Mo­ro­sow tat einen Pfiff. »Ka­te Hegström«, sag­te er. »Ist
sie zu­rück?«
    »Sie kommt mor­gen früh. Von Wi­en.«
    »Gut. Dann se­he ich dich al­so doch spä­ter bei uns.«
    »Viel­leicht auch nicht.«
    Mo­ro­sow wink­te ab. »Un­mög­lich! Die Sche­herazade ist Ka­te
Hegströms Haupt­quar­tier, wenn sie in Pa­ris ist.«
    »Dies­mal ist es an­ders. Sie kommt, um in die Kli­nik zu
ge­hen. Wird in den nächs­ten Ta­gen ope­riert.«
    »Dann wird sie ge­ra­de kom­men. Du ver­stehst nichts von
Frau­en.« Mo­ro­sow kniff die Au­gen zu­sam­men. »Oder willst du nicht, daß sie
kommt?«
    »Warum nicht?«
    »Mir fällt ge­ra­de ein, daß du nicht bei uns warst, seit
du mir da­mals die Frau ge­schickt hast. Jo­an Ma­dou. Scheint mir doch kein rei­ner
Zu­fall zu sein.«
    »Un­sinn. Ich weiß nicht ein­mal, daß sie noch bei euch
ist. Konn­tet ihr sie ge­brau­chen?«
    »Ja. Sie war zu­erst im Chor. Jetzt hat sie ei­ne klei­ne
So­lo­num­mer. Zwei oder drei Lie­der.«
    »Hat sie sich in­zwi­schen ei­ni­ger­ma­ßen ge­wöhnt?«
    »Na­tür­lich. Warum nicht?«
    »Sie war ver­dammt ver­zwei­felt. Ein ar­mer Teu­fel.«
    »Was?« frag­te Mo­ro­sow.
    »Ein ar­mer Teu­fel, sag­te ich.«
    Mo­ro­sow lä­chel­te. »Ra­vic«, er­wi­der­te er vä­ter­lich mit
ei­nem Ge­sicht, in dem plötz­lich Step­pen, Wei­te, Wie­sen und al­le Er­fah­rung der
Welt wa­ren. »Re­de kei­nen Un­sinn. Das ist ein ziem­lich großes Lu­der.«
    »Was?« sag­te Ra­vic.
    »Ein Lu­der. Kei­ne Hu­re. Ein Lu­der. Wenn du ein Rus­se
wä­rest, wür­dest du das ver­ste­hen.«
    Ra­vic lach­te. »Dann muß sie sich sehr ge­än­dert ha­ben.
Ser­vus, Bo­ris! Gott seg­ne dei­ne Au­gen.«

7
    7    »Wann
muß ich in der Kli­nik sein, Ra­vic?« frag­te Ka­te Hegström.
    »Wann Sie wol­len. Mor­gen, über­mor­gen, ir­gend­wann. Es
kommt auf einen Tag nicht an.«
    Sie stand vor ihm, schmal, kna­ben­haft, selbst­si­cher,
hübsch und nicht mehr ganz jung.
    Ra­vic hat­te ihr vor zwei Jah­ren den Blind­darm
her­aus­ge­nom­men. Es war sei­ne ers­te Ope­ra­ti­on in Pa­ris ge­we­sen. Sie hat­te ihm
Glück ge­bracht. Er hat­te seit­dem ge­ar­bei­tet und kei­ne Schwie­rig­kei­ten mit der
Po­li­zei ge­habt. Sie war für ihn ei­ne Art Mas­kott­chen.
    »Dies­mal ha­be ich Angst«, sag­te sie. »Ich weiß nicht,
warum. Aber ich ha­be Angst.«
    »Das brau­chen Sie nicht. Es ist ei­ne Rou­ti­ne­sa­che.«
    Sie ging zum Fens­ter und sah hin­aus. Drau­ßen lag der Hof
des Ho­tels Lan­cas­ter. Ei­ne mäch­ti­ge al­te Kas­ta­nie reck­te ih­re al­ten Ar­me
auf­wärts zum nas­sen Him­mel. »Die­ser Re­gen«, sag­te sie. »Ich bin in Wi­en
weg­ge­fah­ren, und es reg­ne­te. Ich bin in Zü­rich auf­ge­wacht, und es reg­ne­te. Und
jetzt hier …« Sie schob die Vor­hän­ge zu­rück. »Ich weiß nicht, was mit mir los
ist. Ich glau­be, ich wer­de alt.«
    »Das glaubt man im­mer, wenn man es nicht ist.«
    »Ich soll­te an­ders sein. Ich bin vor zwei Wo­chen
ge­schie­den wor­den. Ich soll­te froh sein. Aber ich bin mü­de. Al­les wie­der­holt
sich, Ra­vic. Warum?«
    »Nichts wie­der­holt sich. Wir

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