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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arc de Triomphe
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der
Stra­ße. Aber wes­halb fra­gen Sie mich ei­gent­lich, wenn Sie nach­her nichts hö­ren
wol­len?«
    »Weil ich mü­de bin«, er­wi­der­te Ra­vic un­ge­dul­dig. »Weil es
Nacht ist. Mei­net­we­gen auch, weil wir Fun­ken in ei­nem un­be­kann­ten Wind sind.
Fah­ren Sie zu.«
    »Das ist et­was an­de­res.« Der Chauf­feur tipp­te mit ei­ner
ge­wis­sen Hoch­ach­tung an sei­ne Müt­ze. »Das ver­ste­he ich.«
    »Hö­ren Sie«, sag­te Ra­vic, dem ein Ver­dacht kam. »Sind Sie
Rus­se?«
    »Nein. Le­se aber al­ler­lei, wenn ich auf Kun­den war­te.«
Mit Rus­sen ha­be ich heu­te kein Glück, dach­te Ra­vic. Er lehn­te den Kopf zu­rück.
Kaf­fee, dach­te er. Sehr hei­ßen, schwar­zen Kaf­fee. Hof­fent­lich ha­ben sie ge­nug.
Mei­ne Hän­de müs­sen ver­dammt ru­hig sein. Wenn es nicht an­ders geht, muß Ve­ber
mir ei­ne Sprit­ze ma­chen. Aber es wird ge­hen. Er dreh­te die Fens­ter her­un­ter und
at­me­te lang­sam und tief die feuch­te Luft ein.

2
    2    Der klei­ne Ope­ra­ti­ons­raum war taghell er­leuch­tet. Er sah aus wie
ei­ne hy­gie­ni­sche Metz­ge­rei. Ei­mer mit blut­ge­tränk­ter Wat­te stan­den her­um, Ver­bän­de
und Tup­fer la­gen zer­streut, und das Rot schrie fest­lich ge­gen das vie­le Weiß.
Ve­ber saß im Vor­raum an ei­nem la­ckier­ten Stahl­tisch und mach­te No­ti­zen; ei­ne
Schwes­ter koch­te die In­stru­men­te aus; das Was­ser bro­del­te, das Licht schi­en zu
zi­schen, und nur der Kör­per auf dem Tisch lag ganz für sich selbst da – ihn
ging das al­les nichts mehr an.
    Ra­vic ließ die flüs­si­ge Sei­fe über sei­ne Hän­de rin­nen und
be­gann sich zu wa­schen. Er wusch sich mit är­ger­li­cher Ver­bis­sen­heit, als wol­le
er sich die Haut her­un­ter­scheu­em. »Schei­ße!« mur­mel­te er vor sich hin.
»Ver­damm­te, ver­fluch­te Schei­ße!«
    Die Ope­ra­ti­ons­schwes­ter sah ihn an­ge­wi­dert an. Ve­ber
blick­te auf. »Ru­hig, Eu­ge­nie! Al­le Chir­ur­gen flu­chen. Be­son­ders, wenn et­was
schief­ge­gan­gen ist. Sie soll­ten dar­an ge­wöhnt sein.«
    Die Schwes­ter warf ei­ne
Hand­voll In­stru­men­te in das ko­chen­de Was­ser. »Pro­fes­sor Per­ri­er fluch­te nie«,
er­klär­te sie be­lei­digt. »Und er ret­te­te trotz­dem vie­le Men­schen.«
    »Pro­fes­sor Per­ri­er war ein Spe­zia­list für
Ge­hirn­ope­ra­tio­nen. Sub­tils­te Fein­me­cha­nik, Eu­ge­nie. Wir schnei­den in Bäu­chen
her­um. Das ist et­was an­de­res.« Ve­ber klapp­te sei­ne Ein­tra­gun­gen zu und stand
auf. »Sie ha­ben gut ge­ar­bei­tet, Ra­vic. Aber ge­gen Pfu­scher kann man schließ­lich
nichts ma­chen.«
    »Doch – manch­mal kann man.« Ra­vic trock­ne­te sich die
Hän­de ab und zün­de­te sich ei­ne Zi­ga­ret­te an. Die Schwes­ter öff­ne­te in
schwei­gen­der Miß­bil­li­gung ein Fens­ter. – »Bra­vo, Eu­ge­nie«, lob­te Ve­ber. »Im­mer
nach der Vor­schrift.«
    »Ich ha­be Pflich­ten im Le­ben. Ich möch­te nicht gern in
die Luft flie­gen.«
    »Das ist schön, Eu­ge­nie. Und be­ru­hi­gend.«
    »Man­che ha­ben eben kei­ne. Und wol­len kei­ne ha­ben.«
    »Das geht auf Sie, Ra­vic!« Ve­ber lach­te. »Bes­ser, wir
ver­schwin­den. Eu­ge­nie ist mor­gens sehr ag­gres­siv. Hier ist so­wie­so nichts mehr
zu tun.«
    Ra­vic sah sich um. Er sah die Schwes­ter mit den Pflich­ten
an. Sie er­wi­der­te furcht­los sei­nen Blick. Die Bril­le mit dem Ni­ckel­rand gab
ih­rem kah­len Ge­sicht et­was Un­an­tast­ba­res. Sie war ein Mensch wie er, aber sie
war ihm frem­der als ein Baum. »Ent­schul­di­gen Sie«, sag­te er. »Sie ha­ben recht.«
    Auf dem wei­ßen Tisch lag das, was vor ein paar Stun­den
noch Hoff­nung, Atem, Schmerz und zit­tern­des Le­ben ge­we­sen war. Jetzt war es nur
noch ein sinn­lo­ser Ka­da­ver – und der mensch­li­che Au­to­mat, Schwes­ter Eu­ge­nie
ge­nannt, der stolz dar­auf war, nie einen Fehl­tritt be­gan­gen zu ha­ben, deck­te es
zu und karr­te es fort. Sie sind die ewig Über­le­ben­den, dach­te Ra­vic, das Licht
liebt sie nicht, die­se Holz­see­len, des­halb ver­gißt es sie und läßt sie lan­ge
le­ben.
    »Auf Wie­der­se­hen, Eu­ge­nie«, sag­te Ve­ber. »Schla­fen
Sie sich aus heu­te.«
    »Auf Wie­der­se­hen, Dok­tor Ve­ber. Dan­ke,

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