Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arc de Triomphe
Vom Netzwerk:
scheint«, quäk­te der Quetsch­te­nor im Fal­sett.
– Ra­vic zahl­te und ging. Drau­ßen hielt er ein Ta­xi an. »Fah­ren Sie zum
›Osi­ris‹.«
    Die »Osi­ris« war ein großes, bür­ger­li­ches Bor­dell mit
ei­ner rie­si­gen Bar in ägyp­ti­schem Stil.
    »Wir schlie­ßen ge­ra­de«, sag­te der Por­tier. »Nie­mand mehr
da.«
    »Nie­mand?«
    »Nur Ma­da­me Ro­lan­de. Die Da­men sind al­le fort.«
    »Gut.«
    Der Por­tier stampf­te miß­mu­tig mit sei­nen Ga­lo­schen das
Pflas­ter. »Wol­len Sie das Ta­xi nicht be­hal­ten? Sie krie­gen spä­ter nicht so leicht
ei­nes mehr. Hier ist Schluß.«
    »Das ha­ben Sie mir be­reits ein­mal ge­sagt. Ich wer­de schon
noch ein Ta­xi be­kom­men.«
    Ra­vic steck­te dem
Por­tier ein Pa­ket Zi­ga­ret­ten in die Brust­ta­sche und ging durch die schma­le Tür
an der Gar­de­ro­be vor­bei in den großen Raum. Die Bar war leer; sie wirk­te wie
üb­lich nach ei­nem klein­bür­ger­li­chen Sym­po­si­on – La­chen von ver­gos­se­nem Wein,
ein paar um­ge­wor­fe­ne Stüh­le, Zi­ga­ret­ten­res­te auf dem Bo­den und der Ge­ruch nach
Ta­bak, süßem Par­füm und Haut.
    »Ro­lan­de«, sag­te Ra­vic.
    Sie stand vor ei­nem Tisch, auf dem ein Hau­fen ro­sa
Sei­den­wä­sche lag. »Ra­vic«, sag­te sie oh­ne Er­stau­nen. »Spät. Was willst du – ein
Mäd­chen oder et­was zu trin­ken? Oder bei­des?«
    »Wod­ka. Den Pol­ni­schen.«
    Ro­lan­de brach­te die Fla­sche und ein Glas. »Schenk dir
selbst ein. Ich muß noch die Wä­sche sor­tie­ren und auf­schrei­ben. Das Au­to der
Wä­sche­rei kommt gleich. Wenn man nicht al­les no­tiert, stiehlt die Ban­de wie
ei­ne Schar Els­tern. Die Chauf­feu­re, ver­stehst du? Als Ge­schen­ke für ih­re
Mäd­chen.«
    Ra­vic nick­te. »Laß die
Mu­sik spie­len, Ro­lan­de. Laut.«
    »Gut.«
    Ro­lan­de schal­te­te den Kon­takt ein. Die Mu­sik don­ner­te mit
Pau­ken und Schlag­zeug durch den ho­hen, lee­ren Raum wie ein Sturm.
    »Zu laut, Ra­vic?«
    »Nein.«
    Zu laut? Was war zu laut? Nur die Stil­le. Die Stil­le, in
der man zer­sprang wie in ei­nem luft­lee­ren Raum.
    »Fer­tig.« Ro­lan­de kam zu Ra­vic an den Tisch. Sie hat­te
ei­ne fes­te Fi­gur, ein kla­res Ge­sicht und ru­hi­ge, schwar­ze Au­gen. Das schwar­ze,
pu­ri­ta­ni­sche Kleid, das sie trug, kenn­zeich­ne­te sie als Auf­se­he­rin; es
un­ter­schied sie von den fast nack­ten Hu­ren.
    »Trink et­was mit mir, Ro­lan­de.«
    »Gut.«
    Ra­vic hol­te ein Glas von der Bar und schenk­te ein.
Ro­lan­de hielt die Fla­sche zu­rück, als das Glas halb voll war. »Ge­nug! Ich
trin­ke nicht mehr.«
    »Halb­lee­re Glä­ser sind scheuß­lich. Laß ste­hen, was du
nicht trinkst.«
    »Warum? Das wä­re doch Ver­schwen­dung.«
    Ra­vic blick­te auf. Er sah das ver­läß­li­che, ver­nünf­ti­ge
Ge­sicht und lä­chel­te. »Ver­schwen­dung! Die al­te fran­zö­si­sche Angst. Wo­zu spa­ren?
Mit dir wird auch nicht ge­spart.«
    »Dies hier ist Ge­schäft. Das ist et­was an­de­res.«
    Ra­vic lach­te. »Laß uns ein Glas dar­auf trin­ken! Was wä­re
die Welt oh­ne die Mo­ral des Ge­schäf­tes! Ein Hau­fen Ver­bre­cher, Idea­lis­ten und
Fau­len­zer.«
    »Du brauchst ein Mäd­chen«, sag­te Ro­lan­de. »Ich kann Ki­ki
te­le­fo­nie­ren. Sie ist sehr gut. Ein­und­zwan­zig Jah­re alt.«
    »So. Auch ein­und­zwan­zig Jah­re alt. Das ist heu­te nichts
für mich.« Ra­vic goß sein Glas wie­der voll. »Wor­an denkst du ei­gent­lich,
Ro­lan­de, be­vor du ein­schläfst?«
    »Meis­tens an gar nichts. Ich bin zu mü­de.«
    »Und wenn du nicht zu mü­de bist?«
    »An Tours.«
    »Warum?«
    »Ei­ne Tan­te von mir hat da ein Haus mit ei­nem La­den drin. Ich
ha­be zwei Hy­po­the­ken dar­auf ge­ge­ben. Wenn sie stirbt – sie ist sechs­und­sieb­zig
–, be­kom­me ich das Haus. Ich will dann aus dem La­den ein Café ma­chen. Hel­le
Wän­de mit Blu­men­mus­tern, ei­ne Ka­pel­le, drei Mann: Kla­vier, Gei­ge, Cel­lo; im
Hin­ter­grund ei­ne Bar. Klein und gut. Das Haus liegt in ei­nem gu­ten Vier­tel. Ich
glau­be, daß ich es mit neun­tau­send­fünf­hun­dert Franks ein« rich­ten kann, mit den
Vor­hän­gen und Lam­pen so­gar. Dann will ich noch fünf­tau­send Franks in Re­ser­ve
ha­ben für die ers­te Zeit. Und na­tür­lich

Weitere Kostenlose Bücher