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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der schwarze Obelisk
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Glück!»
    «Wir
kön­nen das Glück brau­chen, Hein­rich», sagt Ge­org. «Oh­ne die­sen Be­trag könn­ten
wir den Wech­sel nicht be­zah­len, der mor­gen fäl­lig ist. Du soll­test lie­ber
herz­li­chen Dank sa­gen. Es ist das ers­te wirk­li­che Geld, das wir her­ein­krie­gen.
Wir brau­chen es ver­dammt nö­tig.»
    «Dank?
Fällt mir ge­ra­de ein!»
    Hein­rich
ver­schwin­det tü­ren­schmet­ternd, ein ech­ter, auf­rech­ter Deut­scher, der nie­man­dem
je­mals Dank schul­det.
    «Brau­chen
wir den Zas­ter tat­säch­lich so drin­gend?» fra­ge ich.
    «Drin­gend
ge­nug», er­wi­dert Ge­org. «Aber jetzt laß uns ab­rech­nen. Wie­viel Geld hast du?»
    «Ge­nug.
Ich ha­be das Rei­se­geld drit­ter Klas­se ge­schickt be­kom­men. Ich fah­re vier­ter und
spa­re da­mit zwölf Mark. Mein Kla­vier ha­be ich ver­kauft – ich kann es nicht
mit­schlep­pen. Der al­te Kas­ten hat hun­dert Mark ein­ge­bracht. Das sind zu­sam­men
hun­dertzwölf Mark. Da­von kann ich le­ben, bis ich mein ers­tes Ge­halt be­kom­me.»
    Ge­org
nimmt drei­ßig hol­län­di­sche Gul­den und hält sie mir hin. «Du hast als
Spe­zi­al­agent ge­ar­bei­tet. Da­mit hast du An­recht auf ei­ne Pro­vi­si­on wie
Trä­nen-Os­kar. Für be­son­de­re Leis­tung fünf Pro­zent Zu­schlag.»
    Es
ent­steht ein kur­z­er Wett­streit; dann neh­me ich das Geld als Rück­la­ge für den
Fall, daß ich im ers­ten Mo­nat be­reits aus mei­ner neu­en Stel­lung raus­flie­ge.
«Weißt du schon, was du in Ber­lin ma­chen mußt?» fragt Ge­org.
    Ich
ni­cke. «Feu­er mel­den; Dieb­stäh­le be­schrei­ben; klei­ne Bü­cher be­spre­chen; Bier
ho­len für die Re­dak­teu­re; Blei­stif­te an­spit­zen; Druck­feh­ler kor­ri­gie­ren – und
ver­su­chen, wei­ter­zu­kom­men.»
    Die
Tür wird mit ei­nem Fuß­tritt ge­öff­net. Wie ein Ge­spenst steht der Feld­we­bel
Knopf im Rah­men. «Ich ver­lan­ge acht Bil­lio­nen», krächzt er.
    «Herr
Knopf», sa­ge ich. «Sie sind aus ei­nem lan­gen Traum noch gar nicht ganz
auf­ge­wacht. Die In­fla­ti­on ist vor­bei. Vor vier­zehn Ta­gen hät­ten Sie acht
Bil­lio­nen für den Stein be­kom­men kön­nen, den Sie für acht Mil­li­ar­den ge­kauft
ha­ben. Heu­te sind es acht Mark.»
    «Ihr
Lum­pen! Ihr habt das ab­sicht­lich ge­tan!»
    «Was?»
    «Mit
der In­fla­ti­on auf­ge­hört! Um mich aus­zuräu­bern! Aber ich ver­kau­fe nicht! Ich
war­te auf die nächs­te!»
    «Was?»
    «Die
nächs­te In­fla­ti­on!»
    «Gut»,
sagt Ge­org. «Dar­auf wol­len wir einen trin­ken.»
    Knopf
greift als ers­ter nach der Fla­sche. «Wet­ten?» fragt er.
    «Um
was?»
    «Daß
ich schme­cken kann, wo­her die Fla­sche kommt.»
    Er
zieht den Kor­ken her­aus und riecht. «Aus­ge­schlos­sen, daß Sie das raus­fin­den»,
sa­ge ich. «Bei Korn vom Faß viel­leicht – wir wis­sen, daß Sie dar­in der bes­te
Ken­ner der Pro­vinz sind –, aber nie bei Schnaps in der Fla­sche.»
    «Um
wie­viel wet­ten Sie? Um den Preis des Grab­steins?»
    «Wir
sind plötz­lich ver­armt», er­wi­dert Ge­org. «Aber wir wol­len drei Mark ris­kie­ren.
Auch in Ih­rem In­ter­es­se.»
    «Gut.
Ge­ben Sie mir ein Glas.»
    Knopf
riecht und pro­biert. Dann ver­langt er ein zwei­tes und ein drit­tes Glas voll.
«Ge­ben Sie es auf», sa­ge ich. «Es ist un­mög­lich. Sie brau­chen nicht zu zah­len.»
    «Die­ser
Schnaps ist aus dem De­li­ka­tes­sen­ge­schäft von Brock­mann an der Ma­ri­en­stra­ße»,
sagt Knopf.
    Wir
star­ren ihn an. Es stimmt. «Her mit dem Zas­ter!» krächzt er. Ge­org zahlt die
drei Mark, und der Feld­we­bel ver­schwin­det. «Wie war das mög­lich?» sa­ge ich.
«Hat die al­te Schnaps­dros­sel über­sinn­li­che Kräf­te?»
    Ge­org
lacht plötz­lich. «Er hat uns rein­ge­legt!»
    «Wie?»
    Er
hebt die Fla­sche. Auf die Rück­sei­te ist un­ten ein win­zi­ges Schild­chen ge­klebt:
J. Brock­mann, De­li­ka­tes­sen, Ma­ri­en­stra­ße 18. «So ein Gau­ner!» sagt er ver­gnügt.
«Und was für Au­gen er noch hat!»
    «Au­gen!»
sa­ge ich. «Über­mor­gen nacht wird er dar­an zwei­feln, wenn er nach Hau­se kommt
und den Obe­lis­ken nicht mehr fin­det. Auch sei­ne Welt wird für ihn ein­stür­zen.»
    «Stürzt
dei­ne ein?» fragt Ge­org.
    «Täg­lich»,
er­wi­de­re ich. «Wie

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