Emil oder Ueber die Erziehung
über demselben stehen bleibt, stets einen Theil davon auflöst. Auffallend ist es, daß ein so offenbarer und so gefährlicher Mißbrauch von der Polizei geduldet wird. Aber freilich ist es ja wahr, daß die wohlhabenden Leute, die solche Weinsorten nicht leicht trinken, nur im geringen Grade der Gefahr ausgesetzt sind, vergiftet zu werden.
[7] Die vegetabilische Säure übt eine schwache Wirkung aus. Wenn es mineralische und noch dazu wenig verdünnte Säure wäre, so würde die Vereinigung nicht ohne Aufbrausen vor sich gehen.
[8] Die Zeit verliert für uns ihr Maß, wenn unsere Leidenschaften ihren Lauf willkürlich regeln wollen. Die Uhr des Weisen ist sein Gleichmuth und sein Seelenfriede. Jede Stunde ist für ihn die rechte, und er kennt dieselbe stets.
[9] Die Vorliebe für das Landleben, die ich bei meinem Zöglinge voraussetze, ist eine natürliche Frucht seiner Erziehung. Da er übrigens von diesem albernen und gezierten Wesen, welches den Frauen in so hohem Grade gefällt, auch keine Spur an sich hat, so wird er von ihnen auch weniger verhätschelt. Selbstverständlich wird er sich deshalb auch unter ihnen weniger gefallen und in ihrer Gesellschaft, deren Reiz er noch nicht zu würdigen im Stande ist, weniger verdorben werden. Ich habe mich ernstlich gehütet, ihn dazu anzuhalten, ihnen die Hände zu küssen und fade Schmeicheleien zu sagen, ja ich habe ihn nicht einmal gelehrt, ihnen die rücksichtsvollen Aufmerksamkeiten zu beweisen, die ihnen von den Männern allgemein zugestanden werden. Ich habe es mir zum unverbrüchlichen Gesetze gemacht, nichts von ihm zu verlangen, dessen Grund über seinen Gesichtskreis hinausgeht; und für ein Kind gibt es keinen vernünftigen Grund, das eine Geschlecht anders als das andere zu behandeln.
[10] In der Abhandlung über die Ungleichheit.
[11] Ich halte es für eine Unmöglichkeit, daß die großen Monarchien Europas noch lange bestehen können. Alle haben schon ihre Glanzepoche gehabt, und jeder Staat, welcher glänzt, geht seinem Untergange entgegen. Ich kann mich für meine Ansicht freilich auch noch auf speciellere Gründe als blos auf diese allgemeine Wahrheit berufen, aber es ist hier nicht der Ort davon zu reden, und Jeder kennt sie auch nur allzu gut.
[12] Der Prinz Karl Eduard, der sogenannte Prätendent, Enkel Jacobs II., Königs von England, entthront im Jahre 1688.
Anmerkung des Herrn Petitain.
[13] Aber, wird man mir entgegnen, du bist doch selbst ein Schriftsteller! Zu meinem eigenen Unglück bin ich es, ich gestehe es. Indeß sind doch meine Fehler, für die ich genug habe büßen müssen, für Andere noch kein Grund, in ähnliche zu verfallen. Ich schreibe ja nicht, um sie zu entschuldigen, sondern im Gegentheile, um meine Leser abzuhalten, sich an ihnen ein Vorbild zu nehmen.
[14] Der Abbé de St. Pierre.
[15] Bei den Alten gab es keine Schneider; die Kleider der Männer wurden von den Frauen im Hause selbst angefertigt.
[16] Juv.Sat.II.v.53.
[17] Ich halte es für eine Unmöglichkeit, daß uns unsere Sinne täuschen, denn es ist unter allen Umständen wahr, daß wir das wahrnehmen, was wir wahrnehmen; und in dieser Beziehung hatten die Epikuräer Recht. Nur die Urtheile, die es uns beliebt mit den Sinneswahrnehmungen in Bezug auf ihre ersten Ursachen, oder in Bezug auf ihre gegenseitigen Beziehungen, oder in Bezug auf die Natur der Gegenstände, deren Wahrnehmung sie uns ermöglichen, in Verbindung zu setzen, tragen die Schuld des Irrthums. Und gerade hierin verfielen die Epikuräer in einen großen Irrthum, indem sie die Behauptung aufstellten, daß die Urtheile, die wir über unsere Sinneswahrnehmungen fällten, niemals falsch wären. Wir nehmen lediglich die sinnlichen Eindrücke, nicht aber unsere Urtheils wahr; diese bilden wir selbst. – Dieser Abschnitt, welcher zum ersten Male in der von Didot im Jahre 1801 veranstalteten Ausgabe abgedruckt wurde, befindet sich in der That in dem Manuscripte des Verfassers in der Form einer Randnote zum Texte, wobei jedoch zu beachten ist, daß in demselben die beiden vorhergehenden Absätze fehlen. Anmerk. des Herrn Petitain.
[18] Ich habe mich seitdem durch eine genauere Untersuchung vom Gegentheil überzeugt. Die Strahlenbrechung wirkt kreisförmig, und der Stock erscheint an dem im Wasser befindlichen Ende dicker als an dem anderen; allein dies vermag nichts an der Beweiskraft meiner Folgerung zu ändern, und der Schluß ist deshalb nicht weniger richtig.
Zweiter Band
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