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Emilia - Herzbeben

Emilia - Herzbeben

Titel: Emilia - Herzbeben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Nell
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Kräfte«, erklärte Jona. Er setzte sich an den Tisch neben sie und lächelte ihr zu. Mia senkte verlegen den Kopf und starrte auf die Tischplatte.
    »Kennst du dich mit ASW aus, Mia?«, fragte die Lehrerin jetzt.
    Mia schüttelte mit dem Kopf, woraufhin sich die Lehrerin einen Stuhl nahm und sich vor ihren Tisch setzte. »Es bedeutet, dass du Dinge außerhalb deiner fünf Sinne wahrnimmst. Würde Jona jetzt zum Beispiel an eine Farbe denken, könntest du diese über deine außersinnliche Wahrnehmung erkennen. Willst du es mal versuchen?«
    Mia sah Jona an und senkte dann verlegen den Blick. »Ich weiß nicht.«
    Die Lehrerin forderte Jona auf, an eine Farbe zu denken und sagte dann zu Mia: »Es ist nicht schwer. Versuche nicht mit deinem Verstand die Farbe zu erraten. Versuche sie zu fühlen. Aus dem Bauch heraus.«
    Mia sah mit gesenktem Kopf zu ihm rüber. Er lächelte immer noch. Sein dunkelblondes Haar schimmerte in dem Sonnenstrahl, der durch das Fenster fiel und ihn streifte und seine warmen, hellbraunen Augen fixierten Mias Gesicht. Sie wurde nervös. Sie traute sich nicht, ihn länger als ein paar Sekunden lang anzusehen und wandte immer wieder den Blick ab. Doch sie versuchte währenddessen irgendetwas in ihrem Bauch zu fühlen. Etwas, das nichts mit dem wilden Kribbeln zu tun hatte, natürlich. Aber da war nichts. Wenn sie ihren Verstand fragte, zählte er ihr alle Farben auf, die sie kannte. Das war nicht sehr hilfreich. Also versuchte sie ihn auszublenden, atmete tief ein und konzentrierte sich noch mal auf ihr Bauchgefühl, während sie ihn wieder ansah.
    In seinen Augen war etwas Warmes. Etwas, das sie auf eine ihr unbekannte Weise miteinander verband. Sie hatte das Gefühl, alswürde sie gleich abheben, je länger sie ihn ansah. Sie fühlte sich ihm so nah und sie hatte keine Ahnung wieso. Und dann plötzlich, wie aus heiterem Himmel, sah sie ein Bild vor sich. Sie stutzte. Er und ihr Großvater gaben sich die Hand. Sie nickten, als hätten sie etwas abgemacht. Dann sah sie Jona in einem Haus, vermutlich bei sich zu Hause. Sein Vater schrie ihn an und nannte ihn Freak! Mia erschrak fürchterlich. Sein eigener Vater! Dann änderten sich die Bilder wieder und auf einmal sah sie ihn mitten auf einem Feld stehen, umgeben von dichtem Nebel. Über ihm waren dunkle Wolken. Und aus dem Nichts tauchte plötzlich etwas Schwarzes auf. Schwarzer Nebel formte sich zu einem riesigen Wesen, aus dessen Kopf zwei pechschwarze Augen glänzten und ihn ansahen. Er bekam keine Luft! Jona erstickte!
    Jetzt sprang Mia von ihrem Stuhl auf, wobei er laut hinten über kippte und starrte Jona mit einem solchen Entsetzen an, dass er und Nadja ebenfalls aufsprangen.
    »Was ist? Was hast du gesehen?«, fragte Nadja erschrocken.
    Mia schnappte ängstlich nach Luft. Es war nicht dieses nebulöse Schattenwesen gewesen, das ihr Angst eingejagt hatte. Sie hatte seltsamerweise überhaupt keine Angst davor gehabt. Aber Jona, der vor ihren Augen erstickt war, machte ihr Sorgen. Große Sorgen. Diese Szene erinnerte sie an den Jungen aus ihrer alten Schule, der vermutlich immer noch im Krankenhaus lag. Er hatte ebenfalls im Nebel, umgeben von Unwetter gestanden und keine Luft mehr bekommen. Und es erinnerte sie auch an ihren Klassenkameraden in der Grundschule, der vor ihren Augen fast erstickt war. Was hatte das alles zu bedeuten? »Einen Schatten«, hauchte Mia und erwähnte nicht, dass sie gesehen hatte, wie Jona starb.
    Nadja und Jona sahen sich plötzlich mit einem solch wissenden Schrecken an, als wüssten sie genau, wovon Mia sprach. Und im nächsten Moment zückte Nadja ihr Handy, wählte eine Nummer und lief aus dem Klassenzimmer. Mia hörte nur noch, wie sie den Namen ihres Großvaters nannte und dann die Tür zu schlug. Jona nahm Mias Hand und zog sie zwischen den Tischen hindurch ebenfalls zur Klassentür. Währenddessen fragte er die Lehrerin, ob sie gehen dürften. »Selbstverständlich!«, rief sie und dannstürmten sie auch schon hinaus. Die Flure waren leer. Von irgendwo her hörten sie Nadjas Stimme, aber sie sahen sie nicht.
    »Was ist denn los?«, fragte Mia, als Jona sie durch die Gänge zog. Nicht, dass es ihr nicht gefallen hätte. Es war das erste Mal, dass ein Junge ihre Hand hielt. Und dass es Jona war, der dies tat, versetzte sie in einen Zustand höchster Glücksgefühle, obwohl Nadjas aufgewühlte Stimme im Hintergrund und Jonas Hektik diesen schönen Moment etwas überschatteten.
    Er sah sie an und schien zu

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