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Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe)

Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe)

Titel: Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Brontë
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Aufmerksamkeit auf den Kamin. Linton lag auf der Ofenbank, sog an einer Zuckerstange und folgte meinen Bewegungen mit teilnahmslosen Augen. »Wo ist Miss Catherine?« fragte ich streng; denn ich nahm an, ich könnte ihn, weil ich mit ihm allein war, so weit einschüchtern, dass er mir Auskunft gäbe. Er sog weiter wie ein unschuldiges Kind.
    »Ist sie fort?« sagte ich.
    »Nein«, antwortete er, »sie ist oben; sie darf nicht weg, wir lassen sie nicht fort.«
    »Sie wollen sie nicht fortlassen, Sie kleiner Dummkopf?« rief ich. »Sofort führen Sie mich in ihr Zimmer, oder es soll Ihnen Hören und Sehen vergehen!«
    »Papa würde dir Hören und Sehen vergehen lassen, wenn du versuchen würdest, zu ihr zu gehen«, antwortete er. »Er sagt, ich soll nicht nett mit ihr sein: sie ist meine Frau, und es ist eine Schande, dass sie mich verlassen will. Er sagt, sie hasse mich und wünsche mir den Tod, damit sie mein Geld bekommt; aber das kriegt sie nicht, und nach Hause darf sie auch nicht. Niemals! Sie soll heulen und krank sein, soviel sie will!«
    Er nahm seine frühere Beschäftigung wieder auf und schloss die Augen, als wolle er einschlafen.
    »Master Heathcliff«, fing ich wieder an, »haben Sie ganz vergessen, wie freundlich Catherine im vorigen Winter gegen Sie gewesen ist, als Sie behaupteten, Sie liebten sie, und als sie Ihnen Bücher brachte und Ihnen Lieder vorsang und viele, viele Male in Wind und Wetter herkam, um Sie zu besuchen? Sie weinte bei dem Gedanken, dass sie einen Abend nicht kommen könnte, weil Sie enttäuscht sein würden; und jetzt glauben Sie die Lügen, die Ihr Vater Ihnen erzählt, obwohl Sie wissen, dass er Sie beide nicht ausstehen kann. Und Sie verbünden sich sogar mit ihm gegen sie! Nennen Sie das Dankbarkeit?«
    Lintons Mundwinkel sanken herab, und er nahm die Zuckerstange aus dem Mund.
    »Ist sie nach Wuthering Heights gekommen, weil sie Sie hasste?« fuhr ich fort. »Denken Sie mal darüber nach. Und was Ihr Geld angeht: sie weiss nicht einmal, dass Sie welches haben werden. Sie sagen, sie sei krank, und dabei lassen Sie sie allein da oben in einem fremden Haus, Sie, der gespürt hat, wie es ist, wenn man so vernachlässigt wird! Sie taten sich selber leid wegen Ihrer Leiden, und Catherine bemitleidet Sie auch; aber für ihren Kummer haben Sie kein Mitgefühl! Sehen Sie, ich vergiesse Tränen darüber, Master Heathcliff, und ich bin eine ältere Frau und bin nur ein Dienstbote — und Sie, der Sie Ursache hätten, sie anzubeten, haben nach allen ihren Liebesbeteuerungen nur Tränen und Gedanken für sich selber und liegen hier und lassen es sich wohl sein. Oh, Sie sind ein herzloser, selbstsüchtiger Junge!«
    »Ich kann nicht bei ihr bleiben«, antwortete er brummig. »Ich will nicht allein mit ihr sein. Sie weint so, dass ich es nicht ertragen kann. Und sie will nicht still sein, auch wenn ich sage, dass ich meinen Vater rufe. Einmal habe ich ihn geholt, und er hat ihr gedroht, sie zu erwürgen, wenn sie nicht still wäre; aber im Augenblick, als er aus dem Zimmer war, fing sie wieder an und hat die ganze Nacht durch gejammert und gestöhnt, obwohl ich geschrien habe vor Wut darüber, dass ich nicht schlafen konnte.«
    »Ist Mr. Heathcliff ausgegangen?« fragte ich, weil ich merkte, dass der jämmerliche Tropf keinen Funken Mitgefühl für die Seelenqualen seiner Kusine aufzubringen vermochte.
    »Er ist im Hofe«, sagte er, »und spricht mit Doktor Kenneth; der sagt, dass der Onkel nun wirklich im Sterben liegt. Das freut mich, denn nach ihm werde ich der Herr von Thrushcross Grange sein. Catherine sprach immer davon als von ihrem Haus. Es gehört gar nicht ihr. Es gehört mir; Papa sagt, alles, was sie hat, gehört mir. Alle ihre hübschen Bücher gehören mir. Sie wollte sie mir schenken, auch ihre netten Vögel und ihr Pony Minny, wenn ich den Schlüssel zu unserem Zimmer holen und sie herauslassen würde. Aber ich habe ihr gesagt, dass sie nichts zu verschenken hätte, weil mir alles, alles gehört. Und dann hat sie geweint und hat ein kleines Medaillon von ihrem Hals genommen und hat gesagt, sie wolle mir das geben. Es waren zwei Bilder darin in einem goldenen Gehäuse, auf der einen Seite ihre Mutter, auf der anderen der Onkel, als sie jung waren. Das war gestern; ich sagte, die gehörten mir auch, und wollte sie ihr wegnehmen. Das boshafte Ding wollte sie mir nicht geben, sie stiess mich weg und tat mir weh. Ich schrie auf — das erschreckt sie immer —, sie hörte Papa

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