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Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe)

Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe)

Titel: Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Brontë
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alles in der Welt nicht noch einen Winter hier verleben.
     
     

Einunddreissigstes Kapitel
    DER TAG gestern war klar, ruhig und kalt. Wie ich es mir vorgenommen hatte, ritt ich nach Wuthering Heights. Meine Haushälterin bat mich, ein Briefchen an ihre junge Herrin mitzunehmen, und ich schlug ihr diese Gefälligkeit nicht ab, denn die gute Frau war sich keiner Unschicklichkeit bei ihrem Wunsch bewusst. Das äussere Tor stand offen, aber das Gattertor war festgemacht, wie bei meinem letzten Besuch; ich klopfte und rief Earnshaw von den Gemüsebeeten herüber; er löste die Kette, und ich ging hinein. Der Mensch ist der hübscheste Bauernbursche, den man sich nur wünschen mag. Ich betrachtete ihn dieses Mal besonders aufmerksam; anscheinend gibt er sich nicht die geringste Mühe, seine Vorzüge ins rechte Licht zu setzen.
    Ich fragte ihn, ob Mr. Heathcliff zu Hause sei. Er antwortete, nein; aber zum Mittagessen werde er zurück sein. Es war elf Uhr, und als ich erklärte, hineingehen und auf ihn warten zu wollen, legte er sofort sein Werkzeug beiseite und begleitete mich, aber wie ein Wachhund, nicht um den Wirt zu vertreten.
    Wir kamen zusammen ins Zimmer. Catherine war da und machte sich nützlich, indem sie etwas Gemüse für die bevorstehende Mahlzeit putzte. Sie sah verdrossener und weniger lebhaft aus als bei meinem ersten Besuch. Sie hob kaum die Augen, um nach mir zu sehen, und setzte ihre Arbeit fort, mit derselben Nichtachtung aller üblichen Höflichkeitsformen wie damals: sie erwiderte weder mein ›Guten Morgen‹ noch meine Verbeugung durch das geringste Zeichen.
    ›Sie scheint nicht so liebenswürdig zu sein‹, dachte ich, ›wie Mrs. Dean mich glauben machen möchte. So viel ist wahr: sie ist eine Schönheit, aber kein Engel.‹
    Earnshaw sagte mürrisch, sie möge ihre Sachen in die Küche bringen. »Bring sie selber hin«, sagte sie und stiess sie von sich, sobald sie damit fertig war. Dann zog sie sich auf einen Stuhl am Fenster zurück und fing an, aus den Rübenabfällen in ihrem Schoß Figuren von Vögeln und Tieren zu schnitzeln. Ich näherte mich ihr, als wenn ich einen Blick in den Garten werfen wollte, und ließ — wie ich glaubte, von Hareton unbemerkt — Mrs. Deans Briefchen in ihren Schoß gleiten, aber sie fragte laut: »Was ist das?« und stiess es fort.
    »Ein Brief von Ihrer alten Bekannten, der Haushälterin von Thrushcross Grange«, antwortete ich, ärgerlich über ihre Art, meine freundliche Absicht bloßzustellen, und in der Befürchtung, der Brief könne für eine Botschaft von mir gehalten werden. Nach meiner Erklärung hätte sie das Papier gern aufgehoben, aber Hareton kam ihr zuvor; er erwischte es und steckte es in seine Westentasche mit der Bemerkung, Mr. Heathcliff solle es erst sehen. Darauf wendete Catherine schweigend ihr Gesicht von uns ab, zog ganz verstohlen ihr Taschentuch hervor und führte es an ihre Augen; und nachdem ihr Vetter eine Weile seine sanfteren Gefühle niedergekämpft hatte, zog er den Brief heraus und warf ihn so ungnädig wie möglich neben sie auf den Fußboden. Catherine ergriff ihn und las ihn begierig durch, dann richtete sie einige Fragen an mich über ihre Freunde unter den Menschen und Tieren in ihrem alten Heim, und während sie nach den Hügeln hinüberblickte, sagte sie halb zu sich selbst: »Wie gern ich Minny da unten ritte! Wie gern ich dort umherklettern würde! Oh, ich bin müde, ich habe es satt, Hareton!« Und sie lehnte ihren hübschen Kopf an den Fensterrahmen, halb gähnend, halb seufzend, und fiel in eine Art geistesabwesender Traurigkeit, ohne sich darum zu kümmern oder sich überhaupt bewusst zu sein, dass wir sie beobachteten.
    »Mrs. Heathcliff«, sagte ich, nachdem ich eine Zeitlang stumm dagesessen hatte, »wissen Sie nicht, dass ich ein guter Bekannter von Ihnen bin? So gut, dass es mir merkwürdig vorkommt, dass Sie nicht zu mir kommen und mit mir sprechen wollen. Meine Haushälterin wird niemals müde, von Ihnen zu sprechen und Sie zu loben. Sie wird sehr enttäuscht sein, wenn ich mit keinem anderen Bescheid zurückkehre, als dass Sie ihren Brief erhalten und nichts gesagt haben.«
    Sie schien sich über meine Worte zu wundern und fragte: »Hat Ellen Sie gern?«
    »Ja, sehr gern«, erwiderte ich ohne Zögern.
    »Sagen Sie ihr«, fuhr sie fort, »dass ich ihren Brief beantworten würde, aber ich habe kein Schreibmaterial, nicht einmal ein Buch, aus dem ich ein Blatt herausreissen könnte.«
    »Keine Bücher!«

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