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Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe)

Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe)

Titel: Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Brontë
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Heathcliff zur Hölle schickte. Als ich so saß und diese Gedanken durch meinen Kopf schossen, wurde das Fenster hinter mir eingeschlagen, und Heathcliffs finsteres Antlitz blickte unheilverkündend herein. Die Gitterstäbe standen zu dicht beieinander, als dass sie seine Schultern hindurchließen, und ich lächelte frohlockend im Gefühl meiner Sicherheit. Sein Haar und seine Kleider waren weiss von Schnee, und seine vor Kälte und Wut entblößten Raubtierzähne glänzten durch das Dunkel.
    ›Isabella, lass mich hinein, oder du sollst es bereuen!‹ fauchte er.
    ›Ich kann doch keinen Mord begehen‹, entgegnete ich. ›Mr. Hindley steht mit einem Messer und einer geladenen Pistole Wache.‹
    ›Lass mich durch die Küchentür ein‹, sagte er.
    ›Hindley wird vor mir dort sein‹, antwortete ich, ›ist denn deine Liebe so kläglich, dass sie nicht einmal ein Schneegestöber ertragen kann? Wir hatten Ruhe in unseren Betten, solange Sommerwetter war, aber kaum kehrt der Wintersturm ein, musst du nach Obdach suchen. Heathcliff, ich an deiner Stelle legte mich über ihr Grab und stürbe wie ein treuer Hund. Die Welt ist jetzt ja nicht mehr wert, weiter darin zu leben, nicht wahr? Du hast es mir so deutlich gemacht, dass Catherine die einzige Freude deines Lebens war, dass ich mir nicht vorstellen kann, wie du ihren Verlust überleben willst.‹
    ›Ist er dort?‹ rief Earnshaw und stürzte an das Fenster. ›Wenn ich meinen Arm hinausstrecken kann, dann kann ich ihn treffen.‹
    Ellen, ich fürchte, du wirst mich für niederträchtig schlecht halten; aber du weisst nicht alles, darum richte nicht. Um nichts in der Welt hätte ich geholfen oder einen Anschlag unterstützt, selbst wenn er auf sein Leben gezielt hätte. Aber seinen Tod wünschen musste ich, darum war ich so furchtbar enttäuscht und vor Entsetzen über die Folgen meiner höhnischen Reden wie gelähmt, als Heathcliff sich auf Earnshaws Waffe stürzte und sie seiner Hand entrang.
    Die Ladung ging los, das Messer klappte zurück und drang tief in das Handgelenk seines Eigentümers ein. Heathcliff riss es mit Gewalt heraus, wobei er einen tiefen Fleischriss verursachte, und steckte es bluttriefend in seine Tasche. Dann nahm er einen Stein, zertrümmerte die Verbindung zwischen zwei Fenstern und sprang hindurch in die Halle. Sein Gegner war vor starkem Schmerz und Blutverlust — eine Hauptader musste getroffen sein — bewusstlos zu Boden gesunken. Der Rohling schlug und trat nach ihm und stiess seinen Kopf wiederholt auf die Steinfliesen. Dabei hielt er mich mit einer Hand fest, um zu verhindern, dass ich Joseph rief. Er überwand sich mit übermenschlicher Selbstbeherrschung so weit, dass er seinen Feind nicht ganz totschlug; als ihm der Atem ausging, ließ er von ihm ab und schleppte den leblos scheinenden Körper auf die Bank am Kamin. Dort riss er den Ärmel von Earnshaws Rock herunter, verband die Wunde mit brutaler Roheit und spuckte und fluchte während dieser Verrichtung genauso heftig, wie er vorher getreten hatte. Kaum hatte er mich freigelassen, suchte ich nach dem alten Knecht, der, als er den Sinn meines hastigen Berichtes allmählich begriffen hatte, zwei Stufen auf einmal nehmend, hinuntereilte und keuchte: ›Was is’n hier jetz los? Was is’n hier jetz los?‹
    ›Das ist hier los‹, donnerte Heathcliff, ›dass dein Herr wahnsinnig ist; und wenn er in einem Monat noch lebt, lasse ich ihn in eine Anstalt sperren. Wie, zum Teufel, konntest du dich unterstehen, mich auszusperren, du zahnloser Schuft? Was mummelst und brummst du da? Komm her, ich denke nicht daran, ihn zu pflegen. Wisch das dort auf, und achte dabei auf die Flamme deiner Kerze, denn mehr als die Hälfte davon ist Branntwein.‹
    ›Un Sie ham ihn nu ermordet?‹ rief Joseph, und in seinem Schrecken hob er die Hände hoch und blickte gen Himmel.
    ›Nee, so was hab ich noch nie gesehn. Möge der Herr…‹
    Heathcliff versetzte ihm einen Stoss, dass er mitten in der Blutlache auf die Knie fiel, und warf ihm ein Handtuch zu. Aber statt aufzuwischen, faltete Joseph die Hände und begann ein Gebet zu sprechen, das mich durch seine seltsame Ausdrucksweise zum Lachen brachte. Ich befand mich in einer Gemütsverfassung, in der mich nichts erschütterte, ja ich war so gleichgültig, wie es manche Übeltäter am Fuße des Galgens sind.
    ›Oh, dich hatte ich vergessen‹, sagte der Tyrann, ›du kannst das tun. Nieder mit dir! Und du hast dich mit ihm gegen mich verschworen,

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