Emmas Geheimnis: Roman (German Edition)
vermeiden?«
Ich hob die Schultern.
»Vielleicht mag er dich ja wirklich?«
»Er hatte genug Gelegenheiten, mir etwas von seinem Familienleben zu sagen«, beharrte ich. »Ich habe ihm von Brian erzählt und wie sehr mir sein Tod noch zu schaffen macht. Er hätte genauso gut … Ach, egal. Ich fühle mich hintergangen.«
»Bist du immer so unversöhnlich?«, fragte sie.
»Hättest du es ihm verziehen?«
»Ja.«
Ich sah sie überrascht an. »Ja? Einfach so?«
»Ich hätte ihm wahrscheinlich auch geglaubt, wenn er gesagt hätte: Ich bin verheiratet, aber für dich lasse ich mich scheiden. Wenn ich in ihn verliebt gewesen wäre, hätte ich ihm das geglaubt.«
»Du meinst, ich war gar nicht in ihn verliebt?«
»Ich meine nur, dass wir da wohl anders ticken.«
Ich dachte darüber nach. War ich wirklich so ungerecht zu Matt? Sollte ich hingehen und mich entschuldigen? Aber könnte ich ihm denn danach problemlos vertrauen? Ich würde doch ständig denken, dass noch irgendwelche Geheimnisse zwischen uns stehen …
»Niemand ist perfekt. Da muss man verzeihen können«, meinte Emma, als ich immer noch nichts sagte.
»Aber man kann doch keine Beziehung aufbauen, wenn man dem anderen nicht mal sagt, ob man verheiratet ist oder nicht! Das ist doch wesentlich!«
»Wer sagt, dass er es dir absichtlich verschwiegen hat? Vielleicht bedeutet ihm das alles zu Hause in New York nichts mehr. Und wie lange kennt ihr euch denn? Zwei Wochen? Irgendwann hätte er mit dir darüber geredet. Bestimmt. Er macht einen netten Eindruck.«
»Nein«, sagte ich. »Ich brauche klare Verhältnisse. Ich kann es außerdem nicht gebrauchen, dass mir jetzt jemand wehtut. Da habe ich noch genug andere Probleme mit mir selbst.«
Emma legte wieder den Kopf zurück. »Der Mond ist so schön heute Nacht«, sagte sie.
Ich sah ebenfalls in den Himmel. »Ja, ein Mittsommer mond. Super.« Ich erschrak selbst darüber, wie abfällig es klang, was ich sagte. Dabei hatte ich es nicht so gemein t.
»Kate«, sagte sie. »Die Dinge sind nicht immer so einfach, wie du sie gerne hättest. Menschen tun einander weh, ohne es zu beabsichtigen. Du solltest noch einmal mit ihm reden.«
Ich schüttelte den Kopf. »Mir ist es nun mal lieber, wenn ich selbst entscheiden darf, ob ich mich auf ein Verhältnis mit einem verheirateten Mann einlasse oder nicht.«
»Er wird sich doch scheiden lassen«, sagte Emma.
»Das behauptet er. Vielleicht sitzt seine Frau in New York und schreibt ihm liebevolle E-Mails, während die Kinder beim Baseballtraining sind. Oder was spielen sie in den USA?«
» Du hast Angst, der Ehefrau gegenüber unfair zu sein? «
»Auch«, sagte ich und war nachdenklich geworden. »Und seine Kinder … Ich kann doch nicht einfach … Nein, Emma, auch wenn du das nicht verstehst, aber mir ist das zu kompliziert. Und ich habe keine Lust auf Ausreden. Ich will ihn am liebsten sofort vergessen.«
Emma ließ sich ganz ins Gras fallen und faltete ihre Hände über ihrem Bauch. Ich betrachtete sie im fahlen Licht der Straßenlaternen. Wie schrecklich dünn sie war! Unter der langen Strickjacke zeichneten sich die Schulterknochen ab. Man konnte sogar sehen, wo die Hüftknochen hervorstanden. Ihr Gesicht wirkte aber zufrieden, und sie sah trotz allem nicht kränklich aus.
»Kate, das Leben läuft nicht immer geradeaus.«
»Wieso bist du so dünn?«, fragte ich sie.
Überrascht richtete sie sich auf. »Das hab ich doch erzählt.«
»Ja, aber du bist extrem dünn. So wie …«
»Magersüchtig?«
Ich nickte.
»Keine Sorge, ich weiß, dass ich zu wenig Gewicht habe und seit meiner Pubertät essgestört bin. Ich hatte es gut im Griff, aber nach der Geburt ging alles etwas durcheinander. Seitdem hab ich fast zehn Kilo abgenommen. Es kommt wieder in Ordnung, okay?«
»Frierst du deshalb leichter?«
»Wieso?«
»Die langen Ärmel … Es ist eine laue Nacht.«
»Ach so. Ja.« Sie zwinkerte mir zu. »Ich bin jetzt nicht das Thema. Sondern du und Matt. Ist da wirklich das letzte Wort gesprochen?«
Ich nickte.
»Und damit kommst du klar?«
Ich schüttelte den Kopf. »Wird wohl noch ein paar Tage dauern.«
»An deiner Stelle würde ich wirklich mit ihm reden«, sagte sie.
»Nein. Es war schön mit ihm, es war ein Schritt in die richtige Richtung, zurück ins Leben, und jetzt geht es irgendwie weiter. Aber nicht mit ihm.«
Emma stand auf und hielt mir eine Hand hin, um mir hochzuhelfen. »Heute ist eine magische Nacht«, sagte sie. »Du solltest sie
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