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Emmas Story

Emmas Story

Titel: Emmas Story Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miriam Muentefering
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Wohnungsinteressenten.
    »Tut mir Leid, dass ich etwas zu spät bin«, entschuldigt sich Lu und gibt sich wenigstens Mühe, etwas außer Atem zu wirken.
    Ich kenne das. Schon so lange. So gut. Lu kommt immer zu spät und hat immer eine wunderbare Erklärung dafür. So viele einleuchtende Erklärungen für Verspätungen kann es in einem einzigen Leben gar nicht geben. »Ich habe gerade noch deinen Freund getroffen. Wie heißt er noch?«
    »Armin«, sage ich ruhig. Doch in mir macht sich augenblicklich Verblüffung breit. In der Tat, das ist wirklich eine überraschende Erklärung.
    »Richtig. Ach, ich kann mir das nicht merken«, lacht Lu.
    »Wo hast du ihn denn getroffen?«, will ich wie nebenbei wissen, während ich die drei Klingelschilder studiere.
    »Direkt vor der Tür. Er wollte ins Haus rein, und ich wollte raus. Was für ein Zufall, was?«
    Ich drücke auf den richtigen Klingelknopf und höre den melodischen Ton tief drinnen im Haus.
    Armin vor Lus Haustür. Er wollte rein.
    »Wollte er zu Daniel und Gregor?«, erkundige ich mich.
    Lu sieht mich von der Seite an.
    Unter diesem Blick überkommt mich augenblicklich eine Scham, mit der ich Lu gegenüber niemals gerechnet hätte.
    Ihr Blick ist verwundert. Er spricht offen aus, was ihr Mund nicht sagt: ›Wieso musst du mich danach fragen? Ich dachte, ihr seid Freunde?!‹
    Ja, es beschämt mich, dass ich nicht weiß, dass Armin vorhatte, Daniel und Gregor noch einmal zu besuchen.
    Er hat es nicht erwähnt.
    Ich bin automatisch davon ausgegangen, dass – wenn er mich schon nicht auf eine Besichtigung begleiten will – er sich das ganze Wochenende nicht aus seinen vier Wänden bewegen wird.
    Und er hat nicht erwähnt, dass er nicht mit zur Wohnungsbesichtigung kommen kann, weil er eine Verabredung hat.
    Lus Blick bohrt sich zwischen meine Rippen.
    Am liebsten würde ich sie anherrschen: ›Guck nicht so!‹
    Aber gerade noch rechtzeitig wird von innen der Türöffner betätigt.
    Ich drücke die Tür auf und lasse Lu den Vortritt. So kann sie mich wenigstens nicht länger anschauen.
    Das Haus ist ein sehr gepflegtes Zweifamilien-Haus. Leider bedeutet das meistens auch, dass es in diesen Häusern etwas steif zugeht. Auf den Fensterbänken im Treppenhaus steht jeweils ein grüner Farn, und an ihnen ist kein einziges braunes Blatt zu sehen. Die Fußmatten sind klinisch rein. Der Dachboden ist auch ausgebaut, erfahren wir. Dort lebt eine ruhige, nette Jurastudentin, teilt uns die Vermieterin, Frau Sander, mit. Das passt. Eine Jurastudentin passt hier in dieses Haus, wo im Hausflur ein Apothekenkalender hängt, auf dem der Putzdienst in einer schmalen, steilen Handschrift sorgfältig eingetragen ist. Alle zwei Wochen mit dem Vermerk: ›Bitte auch Trockenkeller!‹
    Frau Sander hat sich genauso eingetragen wie ihre Mieterinnen. Ob sie wohl selbst putzt oder ob sie eine Reinigungskraft beschäftigt? Oder gar eine Haushälterin? Seit wir uns zur Begrüßung die Hände gereicht haben, gleitet ihr Blick immer wieder über mein Gesicht. Sie ist so durch und durch höflich, dass sie sich bemüht, es mich nicht merken zu lassen, aber ich kann es trotzdem spüren. Sie sieht mich immer wieder forschend an. Im unteren Hausflur. Im Keller, den sie uns als Erstes zeigt. Im Treppenhaus. Vor der Wohnungstür im ersten Obergeschoss, wo die Wohnung frei wird. Die wenigen Sätze, die höflich fallen, tauschen nur sie und ich aus. Lu sagt gar nichts. Sie schaut nur. Ihr Schweigen irritiert mich fast noch mehr als das fremde Starren.
    »Kenne ich Sie nicht von irgendwoher?«, fragt Frau Sander schließlich, als sie es nicht mehr aushält.
    Ich lächele unverbindlich. »Ich wüsste nicht. Ich arbeite an der Universität, falls Sie da also öfter …?«
    »Nein, nein. Ich dachte eher an das Fernsehen oder Illustrierte oder so was. Ihr Gesicht kommt mir so bekannt vor. Ich dachte, vielleicht sind Sie ja ein bekanntes Model?« Ihr Blick bleibt fragend auf mich gerichtet.
    Das höre ich oft.
    Die Menschen meinen, mich zu kennen. Weil sie irgendein anderes ebenmäßiges, schönes Gesicht gesehen haben.
    »Leider nicht«, antworte ich, etwas hölzern. Irgendwann wünscht jede sich ihr eigenes Gesicht, ob schön oder nicht.
    Frau Sander lächelt steif zurück. Wahrscheinlich hat sie an meiner Reaktion erkannt, dass sie mir mit ihrer Frage kein Kompliment gemacht hat. Sie klopft an die Wohnungstür.
    »Frau Kessel ist eine ganz entzückende junge Frau«, erzählt sie, um die peinliche Stille zu

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