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Empfindliche Wahrheit (German Edition)

Empfindliche Wahrheit (German Edition)

Titel: Empfindliche Wahrheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carré
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Umbau, aber wir haben reichlich Platz, um Sie zu beherbergen.
    Als er sich ausreichend im Bilde fühlte, fuhr er wieder hinunter zur Hauptstraße und über eine kurze, holprige Auffahrt bis vor die Veranda des Gutshauses. Klingel fand er keine, aber dafür einen Messingklopfer, den er dröhnend fallen ließ. Drinnen schlug ein Hund an, irgendwo im Haus tönte wildes Gehämmer. Die Tür flog auf, und eine kleine Frau um die sechzig musterte ihn scharf aus furchtlosen blauen Augen. Der schlammverkrustete gelbe Labrador an ihrer Seite musterte ihn ebenfalls.
    »Guten Abend, ich heiße Toby Bell. Ich hätte gern Sir Christopher gesprochen«, sagte er, woraufhin ein warmes Lächeln ihre hageren Züge verjüngte.
    »Natürlich! Wer sonst? Wissen Sie, einen Moment lang dachte ich allen Ernstes, Sie wären zu jung für Toby Bell. Das ist das Problem bei uns Hundertjährigen. Er ist da, Liebling! Toby Bell ist hier! Wo steckt dieser Mann bloß wieder? Wahrscheinlich in der Küche. Er liegt im Clinch mit einem alten Backofen. Kit, könntest du einen Augenblick mit dem Geklopfe aufhören und herkommen? Ich habe ihm ein Paar von diesen Plastikohrenschützern gekauft, aber er setzt sie nicht auf. Stur wie Böcke, diese Männer. Sheba, sag Toby guten Tag. Ich darf Sie doch Toby nennen? Ich bin Suzanna. Nicht so wild, Sheba. Oje, du bist aber gar nicht salonfähig!«
    Das Hämmern verstummte. Die schlammverkrustete Sheba drückte die Schnauze gegen Tobys Oberschenkel. Sein Blick folgte dem Suzannas, die einen spärlich beleuchteten Fliesengang entlangspähte.
    »Im Ernst, Liebling? Ganz sicher? Nicht dass er sich plötzlich als der neue Klempner herausstellt!«
    Durch Toby ging ein Ruck des Erkennens: endlich, nach drei Jahren des Wartens, die Stimme des wahren Paul!
    »Und ob er es ist, Liebling!«, rief Suzanna in den Gang. »Und er lechzt nach einer Dusche und einem Drink nach der langen Fahrt, hab ich recht, Toby?«
    »Gute Reise gehabt, Toby? Problemlos hergefunden? Anweisungen alle halbwegs brauchbar?«
    »Alles bestens. Ihre Anweisungen waren wunderbar präzise«, rief Toby ebenso kernig durch den leeren Gang.
    »Ich wasch mir nur schnell die Hände und zieh diese verflixten Stiefel aus. Eine halbe Minute, dann bin ich bei Ihnen.«
    Sturzbachartiges Wasserrauschen, dann ein trompetendes Geräusch, Gurgeln in den Leitungen. Der gemessene Schritt des wahren Paul, der sich über Steinfliesen näherte. Und schließlich der Mann selbst, als Silhouette erst nur, ehe ein Overall und uralte Turnschuhe sichtbar wurden und als Letztes auch das Geschirrtuch, an dem er sich die Hände trocknete, um dann Tobys Hand mit seinen beiden zu umspannen.
    »Verflucht nett, dass Sie gekommen sind«, sagte er gefühlvoll. »Sie nehmen uns eine Last von der Seele. Wir haben eine höllische Zeit hinter uns, nicht wahr, Liebling?«
    Doch ehe Suzanna das bestätigen konnte, tauchte neben Kit wie aus dem Nichts eine große, schlanke Frau Ende zwanzig mit dunklem Haar und großen südländischen Augen auf. Und da sie mehr daran interessiert schien, Toby in Augenschein zu nehmen, als daran, ihn zu begrüßen, hielt er sie im ersten Moment für eine Hausangestellte, vielleicht ein Au-pair-Mädchen.
    »Tag. Ich bin Emily. Tochter des Hauses«, sagte sie knapp und schüttelte ihm an ihrem Vater vorbei kurz die Hand, ohne ein Lächeln allerdings.
    »Haben Sie Ihre Zahnbürste mit?«, fragte ihn Kit derweil. »Braver Junge! Im Auto? Dann holen Sie mal Ihre Siebensachen rein, und ich zeige Ihnen Ihr Zimmer. Und du sorgst für was Handfestes zum Essen, ja, Liebling? Der Bursche muss am Verhungern sein nach der langen Fahrt. Er braucht dringend eine von Mrs. Marlows Fleischpasteten.«
    ***
    Die Haupttreppe war im Bau befindlich, darum nahmen sie den alten Personalaufgang. Eigentlich müsste die Farbe an den Wänden längst trocken sein, warnte ihn Kit, aber kommen Sie besser nicht hin. Die Frauen waren verschwunden. Nach den Geräuschen aus der Spülküche zu urteilen, versuchten sie Sheba salonfähig zu machen.
    »Em ist Ärztin«, informierte ihn Kit mit einer Stimme, die im ganzen Treppenschacht hallte. »Hat in St. Bartholomew’s studiert. Als Jahrgangsbeste auch noch. Verarztet jetzt die Armen und Bedürftigen des East Ends, diese Glückspilze. Das Dielenbrett hier ist lose, passen Sie ein bisschen auf.«
    Sie hatten einen Flur erreicht, von dem mehrere Türen abgingen. Kit stieß die mittlere auf. Durch Gaubenfenster sah Toby hinab in einen ummauerten

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