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Empty Mile

Empty Mile

Titel: Empty Mile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Stokoe
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Picknick wieder.
    Marla führte mich zu einer Bürotür hinter den Sitzreihen. »Chris Reynolds ist der Vorsitzende«, flüsterte sie mir zu. »Er dürfte am besten Bescheid wissen. Zum Glück sind wir frühzeitig da. Du kannst dich mit ihm unterhalten, und dann können wir wieder verschwinden, bevor das Treffen anfängt.«
    »Und den interessanten Vortrag verpassen?«
    »Wenn man das Vortrag nennen will. Meistens läuft es so, dass irgendwer aufsteht und eine halbe Stunde über sein Lieblingsthema schwadroniert. Bei jedem Treffen ein anderer. Diese Grabung, jene Grabung, eine Reise durch das Land zu den Sowieso-Goldfeldern …«
    »Nicht gut?«
    »Manche sind ganz okay, aber wenn man öfter kommt, ist es immer das Gleiche.«
    Marla klopfte an die dunkle Eichentür mit dem altmodischen Ornamentglasfenster. Jemand sagte: »Herein«
    Wir betraten ein kleines Zimmer mit hüfthoher Eichenvertäfelung. Ein alter, glanzlos gewordener Schreibtisch füllte fast den gesamten Raum. Chris Reynolds saß dahinter, vor sich eine Art von Rechnungsbuch. Er hatte ein müdes, verlebtes Gesicht, die Haut um seine Augen herum wirkte aufgedunsen. Der Name hatte mir nichts gesagt, aber ich erinnerte mich an das Gesicht. Ihm gehörte ein Laden für Prospektoren in der Stadt, der Nugget Shooter hieß, wo wir kürzlich zwei Topfpflanzen aufgestellt hatten. Er wusste, dass mein Vater verschwunden war, wie alle, die die Zeitung von Oakridge lasen.
    Wir begrüßten ihn. Marla und ich nahmen auf Stühlen vor dem Schreibtisch Platz, und sie erzählte ihm, dass ich mich für die Geschichte von Empty Mile interessierte. Er schien glücklich zu sein, dass er etwas zu einem Thema sagen durfte, mit dem er sich auskannte.
    »Empty Mile. Was wollen Sie denn wissen?«
    »Alles, was Sie mir berichten können. Mein Vater hat ein Stück Land am Swallow River gekauft. Ich versuche herauszufinden, warum.«
    »Und da Sie sich an uns wenden, scheinen Sie zu glauben, dass es etwas mit Gold zu tun hat.«
    »Das wäre das einzig Bemerkenswerte an dem Landstück.«
    Er lachte. »Das könnte man über fast jedes Stück Land hier sagen. Hören Sie, der Swallow wurde während des Goldrausches gründlich abgegrast. In dem Fluss gibt es kein Gold mehr, glauben Sie mir. Nicht die Sorte, die man mit einer Pfanne auswaschen kann. Da sind sehr viele Prospektoren gewesen. Und viele Prospektoren bedeutet, dass alles Gold gefunden wurde. Die kamen, sahen und siebten. Deswegen gab man der Gegend ja auch den Namen …« Er sah uns herausfordernd an.
    »Empty Mile.«
    »Genau. Und Ihr Vater wird das ebenso gewusst haben, wie jedes andere Mitglied unserer Gesellschaft. Ein schöner Gedanke, ohne Frage, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er wirklich glaubte, er hätte einen Abschnitt erworben, der nicht leer geschürft worden ist. Er muss andere Gründe gehabt haben.«
    »Das ist der Ursprung des Namens? Dass das Land so gründlich leer geschürft wurde, dass es geradezu sprichwörtlich wurde? Könnte der Name nicht auch bedeuten, dass es dort von Anfang an kein Gold gegeben hat?«
    »Der Swallow hatte reiche Goldvorkommen bis hier herauf, wo Oakridge heute liegt. Es ergäbe keinen Sinn, wenn nur Empty Mile leer gewesen wäre. Ich kenne diesen Flussabschnitt. Die Ufer, das Flussbett, das langsame Wasser. Es ist praktisch unmöglich, dass es
kein
Gold dort gegeben hat. Und es ist tatsächlich der Bericht eines Prospektors überliefert, der durchkam und sich darüber beklagte, wie gründlich alles abgeräumt worden sei. Das ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass es am Anfang dort Gold gegeben haben muss.«
    Er drehte sich auf dem Stuhl herum und zog die Schublade eines verbeulten Aktenschranks auf. Eine Minute wühlte er die prall gefüllten Hängeschnellhefter durch, dann wandte er sich uns wieder zu. Er gab mir ein Blatt Papier. Es handelte sich um die Fotokopie eines handschriftlichen Briefes. Man sah Knicke, wo das ursprüngliche Dokument achtfach gefaltet war.
    »Kopie eines Briefes, den ein Prospektor an seine Frau schrieb. Teil einer Dokumentensammlung in Berkeley. Er erwähnt Empty Mile namentlich. Die früheste bekannte Erwähnung.«
    Er nickte mir zu, dass ich es lesen sollte.
    Die Handschrift sah ungelenk aus, als hätte der Mann, der den Brief geschrieben hatte, nur die Knie als Schreibunterlage gehabt. Es war keine große Poesie, auch nicht so überlegt verfasst wie Nathaniel Bletchers Tagebuch, aber der Frau, für die er bestimmt war, musste er kostbarer als

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