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Ende einer Welt

Titel: Ende einer Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claude Anet
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dies nicht bemerken. Sie schritten der Breite und Länge nach
über die Terrasse, betrachteten mit kritischen Blicken die
Hütten und unterhielten sich lebhaft. Einen Augenblick
näherte sich Eymur der Feuerstätte, neben der No
kauerte.
    »Gut habt ihr's hier«, und sein Arm deutete
mit einer weiten Gebärde auf die große
überhängende Felswand, die die Terrasse vor dem Wind
schützte. Ein breites Lächeln ließ seine
starken Zähne sehen. Er schloß sich gleich wieder
seinen Gefährten an, und alle drei zogen sich wieder
zurück.
    Am nächsten Tage aber erschienen sie neuerlich.
Diesmal waren es ihrer zehn; sie trugen Pfähle und
Häute von Pferden und Hirschen, die in Streifen von zwei
Fuß Breite zugeschnitten waren, auf den Schultern. Einige
Hunde, folgten ihnen mit heraushängender Zunge. Bei ihrem
Anblick entflohen Frauen und Kinder schreiend in den tiefsten Winkel
ihrer Wohnstätten.
    Unweit der Hütte Nos stand ein großer Platz
leer, weil bei der letzten Epidemie zwei Familien ganz ausgestorben
waren. Die Hütten waren vollkommen verfallen.
    Hier legten die Rundschädel die mitgebrachten
Gegenstände nieder und begannen, ohne Zeit zu verlieren, eine
Wohnung zu errichten, bei deren Bau, wie sie es gewohnt waren,
hauptsächlich Holz verwendet wurde. Sie arbeiteten schnell und
pfiffen dabei durch die Zähne. Die Hunde strichen indes
über die Terrasse, als wären sie hier die Herren, und
suchten nach Knochen. Einer von ihnen drang keck bis in den Eingang
einer Hütte und schnappte nach einem Stück Fleisch,
das für das Essen der Familie vorbereitet war. Der
wütende Besitzer der Hütte versetzte ihm einen
wuchtigen Stockhieb auf die Schnauze. Der Hund wich heulend
zurück, blieb stehen, bellte und drohte, nach der Kehle des
Mannes, der ihn geschlagen hatte, zu springen. Doch die
Rundschädel riefen ihm jetzt ein Wort zu, und der Hund zog
sich knurrend zu ihnen zurück und legte sich dort nieder.
Dieser Zwischenfall machte auf die Leute vom Flusse gewaltigen Eindruck.
    Gegen Mittag beendeten die Rundköpfe ihre Arbeit. Der
geräumige Bau, der zwei Türen besaß, konnte
etwa zehn Personen als Behausung dienen.
    Nachmittag sah man eine ganze Familie herankommen; einen Mann,
eine Frau und ihre fünf Kinder, von denen zwei Söhne
in dem Alter waren, in dem man die Proben der Einweihung zu bestehen
hat. Bevor sie einzogen, schwenkten sie Fackeln im Innern der
Hütte, um Geister, die sich vielleicht hier niedergelassen
hatten, zu vertreiben. Als das getan war, zogen sie mit den
Säcken aus Pferdehaut, die ihren ganzen Reichtum enthielten,
ein. Die Hunde begleiteten sie. In maßlosem Staunen
beobachteten die Leute vom Fluß, daß diese Hunde wie
menschliche Wesen zum Feuer gingen, um sich zu wärmen. Jedes
Getier zog sich vor dem Feuer, wie vor seinem ärgsten Feinde,
zurück. Was waren also die Hunde? Der Schrecken, den sie
einflößten, steigerte sich noch.
    Mit schmerzlichen Empfindungen beobachtete No den Einzug der
Fremden. Bis jetzt waren die Wohnstätten nach urdenklichem
Recht ausschließlicher Besitz der Leute vom Flusse gewesen.
Und jetzt kamen diese Eindringlinge ohne Höflichkeit und ohne
Tradition und ließen sich hier als Herren nieder. Sie taten
dies indes nicht auf rauhe Art. Sie traten niemanden in den Weg, aber
sie verhielten sich einfach so, als wären sie allein auf der
Welt. Sie kümmerten sich um ihr Wohlergehen und kaum um das
anderer und waren nur darauf bedacht, nicht den geringsten Vorwand zu
einem Streite mit jenen zu geben, deren Platz sie sich angeeignet
hatten.
    Die gemachten Erfahrungen schienen sie zu befriedigen, denn
bald erstanden neben der einen Hütte noch drei andere. Diesmal
fühlten sich die früheren Bewohner
belästigt. Jetzt war das Lager in zwei Teile gespalten; auf
der einen Seite standen drei Hütten der
Bärensöhne, auf der anderen die vier
geräumigeren der Rundköpfe.
    Einen Monat später hatten die Fremden alle im Freien
errichteten Lager verlassen und sich für die Winterzeit in den
Schutz der Felswände zurückgezogen. Ihre neue
Unterkunft entzückte sie, nun hatten sie nicht mehr unter der
Kälte zu leiden. Gelegentlich sparten sie auch ihren Wirten
gegenüber nicht mit Lob über die Klugheit, mit der
diese ihre Wohnstätten angelegt hatten.
    Im übrigen blickten sie voll Geringschätzung
auf die Leute vom Flusse herab, deren Art zu jagen ihnen sehr
rückständig vorkam, und die sich damit

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