Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ende eines Sommers

Ende eines Sommers

Titel: Ende eines Sommers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosemarie Pilcher
Vom Netzwerk:
Landstreichermantels.
    „Das meinte meine Großmutter auch. Sie wollte mich nach Inverness mitnehmen, aber ich sagte, ich sei zum Essen mit Ihnen verabredet.“
    „Essen Sie gern Steaks?“
    „Ich habe kein Steak mehr gegessen, seit Vater mich an meinem Geburtstag zum Essen einlud. In Reef Point haben wir von Tiefkühlpizzas gelebt.“
    „Wie lange werden Sie brauchen?“
    „Eine halbe Stunde …“
    Er sah erstaunt aus. „Ist das alles?“
    „Ich hasse Einkaufen, vor allem zu den Hauptgeschäftszeiten. Nichts paßt, und wenn was paßt, dann mag ich es nicht. Ich werde mit einem Haufen Kleider wiederkommen, von denen keins die richtige Größe hat, und vermutlich mit der schlechtesten Laune.“
    „Dann werde ich sagen, daß die Kleider bezaubernd sind, und Ihnen so lange schmeicheln, bis Sie wieder gute Laune haben.“ Er sah auf seine Uhr. „Eine halbe Stunde … sagen wir, um zwölf? Hier?“
    „Ja, prima.“
    Ich ging wieder hinaus, die Tasche voller Geld, und schaute mich um, wo ich es ausgeben konnte. Da waren Metzgereien, Lebensmittelgeschäfte und Läden für Wildspezialitäten, ein Waffenschmied und eine Autowerkstatt. Schließlich machte ich zwischen der unvermeidlichen italienischen Eisdiele, die in keiner schottischen Stadt fehlen darf, und dem Postamt „Isabel McKenzie Moden“ ausfindig. Oder vielmehr: „Isabel MODEN McKenzie“. Ich trat durch eine Glastür ein, die bescheiden mit Tüllgardinen dekoriert war, und fand mich in einem kleinen Raum wieder, ringsum von Regalen gesäumt, deren Inhalt nur wenig Hoffnung erweckte. Es gab eine Glastheke, in der lachs- und beigefarbene Unterwäsche zur Schau gestellt war, und hier und da lagen ein paar traurige hanffarbene Pullover herum, geschmackvoll arrangiert.
    Mein Mut sank, aber bevor ich entkommen konnte, öffnete sich ein Vorhang hinten im Laden, und eine kleine, graumäusige Frau in einem Jerseykostüm, das ihr zwei Nummern zu groß war, und einer riesigen Cairngorm-Brosche kam auf mich zu.
    „Guten Morgen.“ Ich nahm an, daß sie in Edinburgh das Licht der Welt erblickt hatte, und fragte mich, ob sie Isabel Moden McKenzie in Person war, und wenn, was sie nach Caple Bridge verschlagen hatte. Vielleicht hatte man ihr gesagt, das Oberbekleidungsgeschäft floriere hier besonders lebhaft.
    „Oh … guten Morgen. Ich möchte einen Pullover.“
    „Sehr gern. Wünschen Sie Wolle oder Boucle?“ Ich teilte ihr mit, ich wünsche einen Wollpullover. „Und welche Größe darf es sein?“ Ich sagte, vermutlich irgendeine mittlere Größe.
    Sie fing an, Schubladen aufzuziehen, und bald kämpfte ich mich durch Pullover in Altrosa, Moosgrün und dem Braun toter Blätter.
    „Äh – haben Sie keine anderen Farben?“
    „Was für eine Farbe hatten Sie im Sinn?“ „Nun-Dunkelblau?“
    „Oh, es wird sehr wenig Dunkelblau getragen in diesem Jahr.“ Ich fragte mich, wo sie ihre Information her hatte. Vielleicht verfügte sie über einen heißen Draht nach Paris.
    „Dies hier ist ein bezaubernder Farbton …“
    Es war Petrolblau, eine Farbe, von der ich überzeugt war, daß sie zu nichts und niemandem paßte.
    „Ich möchte wirklich etwas Schlichteres – wissen Sie, warm und dick … vielleicht einen Rollkragenpullover?“
    „O nein, wir haben keine Rollkragenpullover. Es werden sehr wenige Rollkragenpullover …“
    Ich unterbrach sie, was unhöflich war, doch ich verzweifelte langsam.
    „Macht nichts, ich lasse das mit dem Pullover. Vielleicht haben Sie ein paar Röcke?“
    Es fing alles von vorne an. „Möchten Sie einen Schotten- oder Tweedrock?“
    „Tweed, glaube ich.“
    „Und welche Taillenweite haben Sie?“
    Allmählich war ich am Ende meiner Geduld, aber ich verriet ihr auch noch meine Taillenweite. Wieder suchte sie lange herum, diesmal durchforstete sie einen wenig hoffnungsvoll aussehenden Kleiderständer. Sie brachte zwei Röcke zum Vorschein und legte sie mit großer Geste vor mich hin. Einer war unaussprechlich. Der andere nicht ganz so häßlich, in braun-weißem Fischgrät. Schwach erklärte ich mich bereit, ihn anzuprobieren, wurde in einen Raum gequetscht, der so klein war wie ein Schrank, von einem weiteren Vorhang eingeschlossen und meinem Schicksal überlassen. Unter einigen Schwierigkeiten kämpfte ich mich aus den Kleidern, die ich trug, und zog den Rock an. Der Tweed kratzte und zerrte an meinen Strümpfen, als sei er aus Disteln gewebt. Ich befestigte die Haken in der Taille und den Reißverschluß und betrachtete

Weitere Kostenlose Bücher