Endless: Roman (German Edition)
etwas anderes hören konnte … weder das ferne Geräusch des Verkehrs über ihnen, das noch weiter entfernte Rumpeln der Subway und auch nicht das Plätschern des Bachs. Sie hörte nur ihren eigenen Herzschlag.
»Meena«, sagte er halb flehend, halb störrisch, »du weißt doch, dass ich das nur getan habe, weil ich dich lie…«
»Nein«, konterte sie mit fester Stimme. »Das ist keine Entschuldigung. Wir sind nicht im fünfzehnten Jahrhundert, und ich bin keine Sultanstochter, die du einfach entführen kannst, um mit ihr in den Sonnenuntergang zu reiten. Wie konntest du nur?«
Er wollte sie in die Arme nehmen …
Doch bevor er sie berühren konnte, hatte sie den SuperStaker aus der Tasche gezogen und richtete ihn mitten auf seine Brust.
»Wirklich«, sagte sie. Ihre Stimme mochte zittern, aber ihre Hände nicht. »Ich meine es ernst. Nein.«
Verblüfft ließ er die Arme sinken.
»Meena«, sagte er, »was ist das?«
»Es heißt SuperStaker«, erwiderte sie. »Mein Bruder hat es erfunden. Siehst du diesen Knopf?« Sie zeigte auf einen roten Knopf oben auf der Pistole.
»Ja«, antwortete er, immer noch perplex … und auch ein wenig amüsiert.
»Wenn er aufleuchtet«, informierte Meena ihn, »wird ein UV-Strahl abgeschossen. Und wenn das Ziel zufällig ein Vampir ist, dann tut es weh. Ziemlich weh. Ich weiß das,
weil ich die Waffe bei Brianna benutzt habe. Und es hat ihr nicht gefallen. Es hat tatsächlich ein Loch in sie hineingebrannt. Deshalb konnte ich sie hier unten auch finden. Ich bin einfach nur dem Gestank nach verbranntem Vampir gefolgt.«
»Eigentlich«, sagte Lucien, »glaube ich, dass sie dich gefunden hat. Ich will jedoch nicht mit dir streiten, da du eine Pistole auf mich gerichtet hast. Hasst du mich wirklich so sehr, Meena, dass du ein Loch in mich brennen würdest?«
»Ich … ich mache mir Sorgen um dich«, sagte sie. »Du hast versucht, mich zu kidnappen. Im Grunde genommen hast du mir gezeigt, dass ich dir nicht vertrauen kann. Keine Ahnung, was du als Nächstes versuchen wirst. Du bist nicht mehr so wie damals, als ich mich in dich verliebt habe. Du … du hast dich verändert.«
Er hob die Hände und schaute sie unschuldig an. »Ich liebe dich immer noch. In dieser Hinsicht habe ich mich nicht verändert. Ich gebe zu, dass ich mich gestern Abend unklug verhalten habe. Und am Abend zuvor war ich anscheinend auch nicht richtig bei mir. Aber jetzt geht es mir viel besser, Meena. Du hast mir dabei geholfen.«
Sie musterte ihn zweifelnd. »Wie soll ich das denn gemacht haben? Du hörst mir doch gar nicht zu.«
»Ich fühle mich stark«, sagte er. Seine dunklen Augen leuchteten im Feuerschein der Fackeln an der Wand. »Stärker als jemals zuvor. Ich habe mich darauf verlassen, dass der Mannette die Transformation für mich vornimmt, aber mir war nicht klar, dass ich mich nicht verwandeln konnte, solange so ein wichtiger Teil von mir fehlte. Dieser
Teil warst du, Meena. Als du wieder in mein Leben getreten bist, ist alles wie von selbst gegangen.«
Meena starrte ihn verwirrt an. »Was für eine Transformation? Was ist der Mannette?«
»Mannette ist ein anderer Name für den Minetta-Bach«, erklärte Lucien und nickte zu dem Rinnsal, das neben den Teppichen entlangfloss. »Die Ureinwohner dieser Insel hielten ihn für sehr mächtig, aber spätere Siedler zwangen ihn unter die Erde … so ähnlich, wie unsere Spezies immer wieder in Verstecke getrieben …«
»Ich kenne den Minetta-Bach«, unterbrach Meena ihn. Sie erinnerte sich daran, während ihrer Recherchen zum unterirdischen Tunnelsystem unter Manhattan etwas darüber gelesen zu haben. »Aber was soll das heißen, unsere Spezies? Deine Spezies beißt meine Spezies.«
»Meena.« Er streckte die Hand aus, als wolle er ihr über die Haare streicheln. Als er jedoch sah, dass sie immer noch den SuperStaker auf ihn gerichtet hielt, ließ er die Hand wieder sinken. »Ich meinte die, die anders sind. Du weißt sehr wohl, dass man dich wegen deiner Fähigkeit, die Zukunft vorherzusagen, auf dem Scheiterhaufen verbrannt oder gesteinigt hätte, wenn du in einem anderen Jahrhundert zur Welt gekommen wärst.«
»Eine Wahrsagerin zu sein«, erwiderte Meena, »ist nicht das Gleiche wie ein Unsterblicher zu sein, der von Menschenblut lebt.« Schaudernd blickte sie sich in der Höhle um. »Du kannst all deine schicken Möbel hier hereinstellen, Lucien, aber es wird nie besonders gemütlich sein. Ich kann es nicht fassen, dass du hier
Weitere Kostenlose Bücher