Endlich ist Mommy wieder glücklich!
heiße Nacht verbracht, aber davon wollte Kieran gar nichts wissen.
Als Kevin auch den Nachtisch nicht mal anrührte, konnte Kieran sich aber eine Bemerkung doch nicht verkneifen.
„Das wilde Leben bekommt dir wohl nicht so gut, Bruderherz. Du siehst schlimm aus.“
Eigentlich erwartete er die übliche bissige Retourkutsche, doch Kevin murmelte nur: „Da hast du recht.“
Nanu? Da musste es ihm ja noch schlechter gehen, als er aussah.
„Ich weiß, du hältst Schlaf für unnötig, aber ab und zu solltest du dir vielleicht doch mal ein paar Stunden gönnen“, setzte er nach.
Seine Mutter trat stirnrunzelnd an den Tisch. „Ruhe, ihr beiden“, sagte sie. „Wenigstens Thanksgiving könntet ihr euch wie Erwachsene benehmen.“
„Tut mir leid“, sagte Kieran, und er meinte es ehrlich. Wieso ließ er sich von seinem latenten Ärger auf seinen Bruder immer wieder hinreißen?
Sein Vater wechselte geschickt das Thema. „Erzählen Sie uns von Ihrer Tochter, Erica. Ist sie auch rothaarig?“
Erica lächelte. „Eher rotblond.“
„Ich hätte schwören können, Sie sind Irin.“
„Meine Vorfahren kamen aus Europa. Mein Mädchenname ist Keller, und offenbar habe ich meine roten Haare von meiner deutschen Urgroßmutter. Aber wir haben auch entfernte irische Verwandte namens McCann.“
Zufrieden klopfte sich Dermot auf den Schenkel. „Wusste ich’s doch!“
„Wenn es nach meinem Vater geht, sollte jeder Ire sein“, beeilte sich Kieran einzuwerfen. „Oder sich zumindest wünschen, er wäre einer.“
Beleidigt schüttelte Dermot den Kopf. „Ich habe überhaupt nichts gegen Deutsche“, verteidigte er sich. „Aber unsere Erica hat bestimmt irische Wurzeln.“
Unsere Erica. Das sagte alles.
Dermot hob schnuppernd den Kopf und fragte seine Frau: „Bäckst du noch einen Kuchen, Liebling? Wir haben doch schon Vorrat für drei Wochen.“
„Der ist nicht für uns“, erwiderte Lucy und wirkte auf einmal ernst. „Den bringe ich heute Abend den Garzas. Ihre Kinder sind heute bei ihnen, um die Beerdigung zu planen.“
„Wessen Beerdigung? Wer sind überhaupt die Garzas?“, fragte Kieran stirnrunzelnd.
„Ignacio Garzas Beerdigung. Er ist gestern Nacht im Schlaf gestorben. Ich kenne seine Frau aus der Bibliothek; wir machen da manchmal gemeinsam Vorlesenachmittage für die Kinder.“
„Er war ein guter Kerl“, fügte Dermot hinzu. „Und er hatte einen grünen Daumen, eine echte Gabe. Wir haben im Sommer immer Tomaten von ihm bekommen; so gute gibt es sonst nirgendwo. Die werde ich vermissen.“
„Seine Frau wird ihn vermissen“, fügte Lucy hinzu. „Sie waren über fünfzig Jahre lang verheiratet.“
Unvermittelt stand Kevin auf und ging mit seinem Teller in die Küche, kam aber nicht zurück. Das überraschte Kieran nicht. Solche Themen waren nichts für seinen lebenslustigen Bruder.
Lucy beugte sich zu ihm und fragte leise: „Er ist sehr blass, findest du nicht? Und er benimmt sich seltsam.“
Da musste er ihr recht geben, aber er hatte keine Lust auf eine Diskussion. „Er ist nur müde“, erwiderte er. „Wahrscheinlich war er auf Geschäftsreise.“
Und hat die Nächte mit irgendwelchen an der Hotelbar aufgegabelten Frauen verbracht.
„Na ja, jedenfalls waren Nita und Ignacio immer ein Herz und eine Seele“, kam sie zum ursprünglichen Thema zurück. „Ich mache mir wirklich Sorgen um sie.“
„Um wen?“, fragte Mallory, die von draußen hereinkam.
Nachdem Lucy sie informiert hatte, sagte sie: „Es ist immer furchtbar, den Ehepartner zu verlieren, ganz egal, wie lange man verheiratet war.“
Plötzlich wurde Kieran klar, dass sie hier in Bereiche eindrangen, in denen Erica sehr persönliche Erfahrungen hatte. Und ganz bestimmt wollte sie nicht auf diese Weise daran erinnert werden. Doch bevor er das Thema wechseln konnte, fügte seine Mutter hinzu: „Ich weiß einfach nicht, was ich zu ihr sagen soll.“
„Kann ich verstehen“, sagte Mallory. „Bei so was fehlen mir auch immer die richtigen Worte.“
„Es ist völlig in Ordnung, wenn Sie gar nichts sagen“, warf Erica ein.
Alle Blicke richteten sich auf sie. Verflixt, warum hatte er nicht früher eingegriffen?
„Das Wichtigste ist, einfach für sie da zu sein und zuzuhören“, fuhr Erica fort. „Es tut gut, wenn man sich bei jemandem ausweinen kann. Aber manchmal will man auch nur allein sein mit seinem Kummer, und es ist ganz wichtig, diesen Freiraum zu bekommen.“
Alle hörten ihr schweigend zu, und Erica
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