Endlich
genau dieses Molekül haben. Und die Analyse ergab, dass mein Tumor das Protein besaß! Meine Immunzellen lehnten es jedoch ab, sich als hinreichend kaukasisch zu erweisen … Weitere ähnliche Techniken werden von der Gesundheitsbehörde überprüft, aber ich habe es einigermaßen eilig, und ich kann das Gefühl der dumpfen Enttäuschung nicht vergessen, das mich überkam, als ich die Nachricht erhielt.
Vielleicht ist am besten, wenn man diese falschen Hoffnungen rasch hinter sich bringt: In derselben Woche erfuhr ich, dass ich nicht die notwendigen Mutationen in meinem Tumor hatte, um für irgendeine andere der gezielten Krebstherapien in Frage zu kommen, die augenblicklich verfügbar sind. Ein, zwei Nächte später mailten mir vielleicht fünfzig Freunde den Hinweis, dass 60 Minutes einen Beitrag über »Gewebeumbau« mittels Stammzellen bei einem Mann mit einem Speiseröhrenkarzinom gebracht habe: Es war medizinisch möglich gewesen, ihm eine neue Speiseröhre wachsen zu lassen. Erregt setzte ich mich mit meinem Freund Dr. Collins in Verbindung, dem Vater der genom-basierten Krebstherapie, und er sagte mir sanft, aber bestimmt, mein Krebs habe sich von der Speiseröhre aus zu weit ausgebreitet, als dass man ihn auf solche Weise behandeln könne.
Als ich die depressive Stimmung zu analysieren versuchte, die sich in diesen elenden sieben Tagen bei mir einstellte, kam ich darauf, dass ich mich nicht nur enttäuscht, sondern auch betrogen fühlte. »Wenn Sie noch nichts für die Menschheit getan haben«, schrieb einst der große amerikanische Pädagoge Horace Mann, »sollten Sie sich schämen, zu sterben.« Ich hätte mich gerne als Kandidat für experimentelle Medikamente oder neue chirurgische Versuche zur Verfügung gestellt, teils natürlich in der Hoffnung, dass mich das retten könnte, aber doch auch im Sinne des von Mann formulierten Prinzips. Aber nicht einmal für dieses Abenteuer tauge ich. So muss ich weiter mit der Chemo-Routine vorantrotten, die dann ergänzt wird – wenn sich das lohnen sollte – durch Bestrahlungen und möglicherweise durch das vieldiskutierte Cyberskalpell für den chirurgischen Eingriff, beides an Wunder grenzende Möglichkeiten, wenn man wenige Jahre zurückdenkt.
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Es gibt ein noch viel unsichereres Mittel, das ich zu erproben vorhabe, auch wenn seine Effektivität am äußersten Rand der Wahrscheinlichkeit liegt. Ich werde versuchen, meine gesamte DNS sequenzieren zu lassen, zusammen mit dem Genom meines Tumors. Francis Collins blieb bei der Einschätzung des Nutzens dieser Aktion typisch nüchtern. Wenn die beiden Sequenzierungen sich durchführen ließen, schrieb er mir, »könnte man genau feststellen, welche Mutationen in dem Tumor sein Wachstum ausgelöst haben. Die Möglichkeiten, in den Krebszellen Mutationen zu entdecken, die uns zu einer neuen therapeutischen Idee führen könnten, sind ungewiss – hier stehen wir genau an der Grenze der gegenwärtigen Krebsforschung.« Er erklärte mir, dass teils aus diesem Grund die Kosten für die Sequenzierung im Augenblick enorm hoch sind. Doch wenn ich von meiner Korrespondenz ausgehe, hat praktisch jeder in diesem Land entweder selbst Krebs gehabt oder hat einen Freund oder Verwandten durch eine Krebserkrankung verloren. Also werde ich vielleicht ein klein wenig zur Erweiterung jenes Wissens beitragen können, das zukünftigen Generationen hilft.
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Ich sage »vielleicht«, weil Francis nun den Großteil seiner Pionierarbeit hat unterbrechen müssen, um seinen Berufsstand gegen eine juristische Blockierung des meistversprechenden Forschungsweges zu verteidigen. In eben den Tagen im letzten August, da er und ich diese teils ermutigenden, teils deprimierenden Gespräche führten, hat ein Bundesrichter in Washington angeordnet, dass die Regierung keine Mittel mehr auf die Forschung mit embryonalen Stammzellen verwenden darf. Richter Royce Lamberth hatte über eine Klage zu befinden, die Anhänger der sogenannten Dickey-Wicker-Gesetzesergänzung eingereicht hatten – welche nach den beiden Republikanern benannt ist, denen es im Jahre 1995 gelang, Bundesausgaben für die Unterstützung jedweder Forschung untersagen zu lassen, die menschliche Embryonen verwendet. Als gläubiger Christ hat Francis durchaus Bedenken bei der Vorstellung, dass diese fühllosen Zellklumpen eigens zu Forschungszwecken erzeugt werden sollen (ich habe diese Bedenken auch, falls es Sie interessiert), aber er hoffte, dass wichtige Forschungsarbeiten mit
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