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Endspiel - Genie und Wahnsinn im Leben der Schachlegende Bobby Fischer

Endspiel - Genie und Wahnsinn im Leben der Schachlegende Bobby Fischer

Titel: Endspiel - Genie und Wahnsinn im Leben der Schachlegende Bobby Fischer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Brady
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wählte, etwa Film, Oper, Baseball usw., und dann Fragen beantwortete, die exponentiell schwieriger wurden. Die erste richtige Antwort brachte zwei Dollar, die zweite vier, die dritte acht. Der Betrag verdoppelte sich jede Woche, bis zu einem Maximum von 64 000 Dollar. Wenn ein Teilnehmer an der 8000-Dollar-Frage scheiterte, bekam er einen neuen Cadillac im Wert von damals 5000 Dollar als Trostpreis.
    The 64 000 Dollar Question war äußerst beliebt; sogar Präsident Eisenhower sah jede Woche zu. Sein Stab hatte strenge Anweisung, ihn zur Sendezeit nicht zu stören. Zum Sendetermin am Dienstagabend ging die Zahl der Verbrechen zurück, aber auch die der Kino- und Restaurantbesuche. Halb Amerika saß gebannt vor dem Schirm, und erfolgreiche Kandidaten wurden zu Berühmtheiten. Würde Schach als Wissensgebiet für die Sendung ausgewählt, bekäme der Sport einen gewaltigen Schub. Die Schachgemeinde, zumindest diejenige New Yorks, fieberte der Entscheidung des Senders entgegen.
    Selbst Regina schätzte – ungewohnt optimistisch – Bobbys Chancen hervorragend ein. Bobby selbst freute sich auf eine Gelegenheit, sein immenses Schachwissen zu zeigen und vielleicht sogar 64 000 Dollar abzuräumen. Der Höchstgewinn (in heutiger Kaufkraft über 300 000 Euro) hätte alle Geldsorgen der Familie schlagartig beendet.
    Beim Casting lief zunächst alles gut, Bobby beantwortete seine Fragen mühelos. Bis gefragt war, bei welchem Turnier Yates Aljechin besiegt habe. Bobby dachte lange nach und antwortete dann, es müsse sich um eine Fangfrage handeln, denn Yates habe Aljechin niemals besiegt.
    Etwas verdutzt, weil Bobby bis dahin so traumhaft sicher geantwortet hatte, entgegnete der Redaktionsassistent, dass Yates Aljechin in zwei Turnieren geschlagen habe: 1922 in Hastings und im Folgejahr in Karlsbad. Bobby war stinksauer und wollte nicht einsehen, dass er falschlag. (Yates hat Aljechin in diesen Turnieren tatsächlich besiegt.)
    Letztlich spielte Bobbys Auftreten beim Casting aber keine Rolle: Die Produzenten der Show entschieden sich gegen Schach als Wissenskategorie. Ihrer Ansicht nach interessierten sich einfach zu wenige Zuschauer dafür.
    Dennoch gab Bobby sich eine Mitschuld. Sein Traum vom Reichtum hatte sich in Luft aufgelöst. Bescheiden resümierte er: »Ich schätze, keiner von uns war klug genug, um die Musterung zu bestehen. Solange wir hoffen durften, war [die Quizshow] aber ein spannendes Gesprächsthema.«

    Eines Nachmittags, Regina kam gerade von ihrer Schicht im Krankenhaus, sprachen sie vor ihrem Haus zwei konservativ gekleidete Männer mit Sonnenbrillen an. »Mrs. Fischer? Mrs. Regina Fischer?«
    »Ja?«, antwortete sie.
    Die Männer zogen ihre FBI-Dienstmarken.
    »Worum geht’s?«
    »Dürfen wir reinkommen? Wir würden uns gerne privat mit Ihnen unterhalten.«
    »Sagen Sie zuerst, worum es geht«, beharrte Regina.
    »Wir wollen nur ein paar Fragen stellen.«
    »Nicht ohne meinen Anwalt.«
    »Wovor fürchten Sie sich? Haben Sie etwas zu verbergen?«
    »Ich fürchte nichts, und ich habe nichts zu verbergen«, antwortete Regina. »Ich will nur nicht mit Ihnen reden, ohne dass mein Anwalt dabei ist.«
    Mit diesen Worten ließ sie die Ermittler stehen, betrat ihr Haus und stieg mit zittrigen Knien nach oben. Schließlich hatten die zwei Agenten sie ziemlich aggressiv angegangen.
    Reginas politische Umtriebe mussten dem FBI subversiv vorkommen, vor allem im fast schon hysterisch antikommunistischen Klima jener Zeit: ihre sechs Jahre in Moskau, ihr ungreifbarer Mann in Chile, ihre Arbeit in Rüstungsbetrieben, ihr Umgang mit Unruhestiftern, ihre Nähe zu linken Organisationen und ihre rege Beteiligung an Protesten. So hatte Regina am Abend vor der Hinrichtung der verurteilten Spione Ethel und Julius Rosenberg an einer Mahnwache teilgenommen. Hatte sie etwas Illegales getan? Gab es unter ihren Freunden Spione? Sie erforschte ihr Gewissen und rief dann ihren Anwalt an. Danach erzählte sie Joanie und Bobby, was passiert war.
    Zu ihrer Erleichterung hörte sie nie wieder etwas vom FBI. Regina wusste, dass das Justizministerium sie seit 1942 verdächtigte, Sowjetspionin zu sein. Das FBI unter seinem Direktor J. Edgar Hoover durchleuchtete ihr Leben gründlichst. Die vertrauliche FBI-Akte über Regina Fischer veranschaulicht deutlich, wie sehr der von McCarthy befeuerte Verfolgungswahn Amerika damals im Griff hatte:
    GEHEIM
    Es sei vermerkt, dass die betreffende Person eine gut ausgebildete, weit gereiste,

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