Endstation Färöer
Andreas-Petur. »Ich habe dir was in deinen Gin Tonic gekippt, das stimmt, aber nur weil sie mich darum gebeten haben. Mit dem Feuer habe ich nichts zu tun. Ich wusste nichts davon, bis ich es im Radio gehört habe. Das ist die reine, ganze Wahrheit.«
Irgend so etwas hatte ich mir schon gedacht. Es wollte mir nicht in den Kopf, dass Andreas-Petur so viel gegen mich hatte, dass er seinen eigenen Bierclub anzünden würde. Selbst ein Schwein sorgt für sein Wasserloch.
»Und wer hat dich gebeten, mir etwas ins Glas zu kippen? Und wer hat den Ølankret angezündet?« Ich hielt ihn immer noch am Kragen.
»Das waren Hans und Günther.«
Andreas-Petur blickte über die Bucht. Ich sah in dieselbe Richtung. Etwas undeutlich in der diesigen Sicht standen die beiden Breitschultrigen vorn auf dem Schoner, und es schien, als sähen sie zu uns herüber.
Mir war vollkommen klar, wer Hans und Günther waren, aber ich fragte dennoch: »Sind das die beiden da auf dem Schoner?«
Andreas-Petur nickte.
»Warum solltest du mich denn betäuben?«
»Keine Ahnung.« Er wusste selbst, dass die Antwort nicht überzeugend klang, und fuhr deshalb fort: »Ich kenne die nicht, sie haben bei mir Fisch gekauft, aber ansonsten habe ich nichts mit ihnen zu tun. Sie wussten, dass du Mitglied im Ølankret bist und ich auch. Sie haben mir eine Kiste Whisky versprochen, wenn ich dir was ins Glas tue, damit du einschläfst. Später sollte ich sie reinlassen, nachdem der Barkeeper gegangen war.«
»Wie kann es sein, dass das Mädchen uns nicht gesehen hat? Die Barkeeper gucken doch immer in jede Ecke, bevor sie gehen.«
Jetzt hielt ich ihn nur noch mit einer Hand. Er schien so weit gestutzt zu sein, dass er nicht mehr fortfliegen würde.
»Ich habe das Licht ausgemacht und uns hinter der Tür platziert. Sie hat nur kurz hineingeschaut und nicht einmal Licht gemacht.« Andreas-Petur versuchte, mir fest in die Augen zu schauen, aber das gelang ihm nicht so recht. »Ich schwöre dir, ich hatte keine Ahnung, dass sie dich da drinnen verbrennen wollten. Glaubst du, ich würde meinen eigenen Bierclub anzünden? Sie sagten, ihr würdet euch kennen, und sie wollten dir einen Streich spielen. Damit war ich einverstanden, aber wenn ich gewusst hätte …«
Inzwischen war seine Stimme so bittend wie die eines Predigers, der ein Gespräch mit Gott führt. Trotz aller Predigerähnlichkeit war ich geneigt, ihm zu glauben.
»Können wir nicht ein andermal miteinander reden? Kann ich jetzt gehen? Ich mag hier nicht vor den Augen der beiden mit dir sprechen.« Er schielte zur Eva hinüber, wo die Salzsäulen auf dem Steven zu ahnen waren. »Kannst du nicht heute später am Abend auf mein Boot kommen? Dann können wir reden.«
»Ich weiß nicht so recht«, sagte ich zweifelnd. »Jetzt habe ich dich hier und die Polizei will auch mit dir reden. Aber wenn du versprichst, mir alles zu erzählen, was du über den Schoner und dessen Mannschaft weißt, dann ist es nicht ausgeschlossen, dass ich dich gehen lasse. Machst du aber nur den geringsten Versuch abzuhauen, dann hetz ich dir die Mitglieder des Ølankret auf den Hals.«
»In Ordnung.«
Er sah erleichtert aus, als er sich davonmachte und zum Anleger eilte, wo er auf seinem Boot verschwand.
Vielleicht machte ich einen Fehler, als ich Andreas-Petur nicht gleich beim Polizeirevier ablieferte. Andererseits war es nicht undenkbar, dass ich von ihm etwas erfahren würde, womit er der Polizei gegenüber nicht rausrücken würde. Außerdem schärften sie mir ja die ganze Zeit ein, ich sollte mich nicht in die Polizeiarbeit einmischen, jetzt konnten sie ihn allein finden. Und drittens hatte er mir bestätigt, dass die Leute vom Schoner hinter ihm her waren.
Inzwischen war die Zeit so weit fortgeschritten, dass der Verkehr seinen Höhepunkt erreicht hatte, und ich musste mehrere Minuten warten, bevor ich die Straße überqueren konnte. Ich schaute mich nicht mehr zum Schoner um. Für heute hatte ich genug von den Typen. Die Schmerzen in meiner Lunge erinnerten mich ununterbrochen an sie. Zwei Beulen am Kopf erzählten zweifellos die gleiche Geschichte. Ich hatte Glück gehabt und war nochmal davongekommen. Aber für wie lange?
25
Der Bibliothekar in der Landesbibliothek hatte eine Glatze, einen Bart und trug eine Nickelbrille. Ein Mittsechziger. Als ich um die Bladet -Ausgaben der letzten Monate bat, kam ein zottiges »Ja« von ihm, gefolgt von einem tiefen Ton wie von einem Nebelhorn. Seine Augen sahen dabei in
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