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Endstation Färöer

Endstation Färöer

Titel: Endstation Färöer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jógvan Isaksen
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war. Die kein Toilettenfenster gehabt hatten, um hinauszuklettern.
    Hitler verfolgte nicht nur Juden und Widerständler. Wenn es in seine strategischen Pläne passte, sägte er auch Freunde ab. Am 30. Juni 1934, in der ›Nacht der langen Messer‹, wurden Ernst Röhm und viele andere von Hitlers Handlangern erschossen. Ernst Röhm begriff bis zum Schluss nicht, was eigentlich geschah, und seine letzten Worte waren: »Heil Hitler.« Das Heer war unzufrieden mit der SA gewesen, die jetzt Hitler unterstützte, und so bekam die SS unter der Leitung von Heinrich Himmler mehr Macht und wurde eine selbstständige Organisation, die Hitler direkt unterstellt war. Die Gestapo wurde ebenso Hitler und Himmler unterstellt und diente dazu, alle anderen zu überwachen. Die Waffen-SS wurde später ein Heer im Heer. Besonders die SS wuchs unglaublich, eine Entwicklung, die immer noch im vollen Gang war, als das Reich in Schutt und Asche gelegt wurde. Alle Wege zur Macht führten zum Schluss durch die SS. Ein SS-Staat war im Entstehen.
    Nach dem Angriff auf Russland am 22. Juni 1941 erhielt die SS neue Aufgaben. ›Sonderaufgaben‹. Dreitausend Mann sollten hinter der Front aufräumen. Reinhard Heydrich, Himmlers Unterbefehlshaber, gab Befehl, alle Juden, Asiaten, Zigeuner und alle Mitglieder kommunistischer Parteien zu töten. Angehörige des Heeres konnten mit der Bevölkerung machen, was sie wollten. Die Untermenschen sollten ausgerottet, die mongolischen Banden aufgehalten werden, und hier lag die große Aufgabe für die SS. Den Menschen im Osten wurde schnell klar, dass sie vernichtet werden sollten.
    Während das Heer vorwärtsstürmte, machten sich die Vernichtungskommandos ans Werk. Bei den Nürnberger Prozessen sagte Otto Ohlendorf, ein Gruppenführer, aus, dass seine Abteilung allein im ersten Jahr mindestens 90.000 Männer, Frauen und Kinder ermordet hatte. Etwa eine halbe Million Juden wurden im europäischen Teil Russlands erschossen und ungefähr noch einmal so viele Russen.
    Das war der reine Wahnsinn. Es war still in der Bibliothek. Ab und zu hörte ich den Oberkellner blättern, er saß hinter der Bücherausgabe und las in einem Lexikon. Die Glatze und ein paar Haarbüschel ragten hervor. Summende Geräusche von den Leuchtstoffröhren. Frieden mit einer Andeutung von Leere im Gegensatz zu den Grausamkeiten in den Büchern. Und es kam noch schlimmer.
    Wann Hitler beschloss, die endgültige Ausrottung der Juden in die Wege zu leiten, weiß man heute noch nicht genau. Aber sehr früh schon war er der Meinung, dass die Juden buchstäblich ›ausgerottet‹ werden sollten. Bereits Anfang der Dreißigerjahre bat er seine Helfer, sich brauchbare Methoden zu überlegen – und es funktionierte! Auch die Idee mit dem Giftgas stammte von Hitler, rührte von seinen eigenen Erfahrungen im Schützengraben während des Ersten Weltkriegs. Jetzt sollten die Juden das Gleiche zu spüren bekommen, was so viele gute Deutsche hatten erleiden müssen. Am 31. Juli 1941 gab Göring dem Leiter des SD, Reinhard Heydrich, den Befehl, einen Plan zur ›Endlösung‹ vorzubereiten. Auf der Wannsee-Konferenz am 20. Januar 1942, an der die Nazi-Spitzen und SS-Leiter teilnahmen, wurde die Entscheidung getroffen: Die ›Endlösung‹ sollte eingeleitet werden. Und so fing man an, Europas Juden einzusammeln.
    Anfangs wurde alles getan, um die Massenmorde geheim zu halten. Die Züge, die seit Anfang 1942 Juden abtransportierten, hatten unbekannte Endstationen. Geschichten, die die Nazis selbst erfunden hatten, erzählten von hübschen Städten in Europas östlichen Gebieten. Um die vielen Morde zu rechtfertigen – denn bald war bekannt, dass gemordet wurde –, sagte man, die Juden hätten ansteckende Krankheiten gehabt oder den Kern einer Widerstandsbewegung gebildet. Die ideologischen Spitzen kamen mit ihrer eigenen Ideologie nicht zurecht, mussten aber darüber stillschweigen. Hitler, der sonst über alles Mögliche redete oder schrieb, äußerte fast nichts über dieses Thema. Ein Vorhaben, in das unglaubliche Kräfte investiert wurden. Aber es gibt kein Material darüber, was zu diesen Morden gesagt wurde, ob Bilder oder Filme darüber gezeigt wurden. In keinem Konferenzprotokoll taucht das Thema auf. Wie ist das zu erklären? Als Versuch, es geheim zu halten wie so vieles andere? Niemand weiß es. In der Parteispitze war Heinrich Himmler der Einzige, der bei einer Massenhinrichtung dabei war, und als Resultat wurde er ohnmächtig und lief

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