Endstation für neun

abgeschlossen. Nach allen Regeln der Kunst durchgeführt. Ihr einziger Makel bestand darin, dass jemand Teresa Camaräo ermordet hatte und man nicht wusste, wer. Die letzten Zuckungen in den Ermittlungen zum Fall Teresa datieren aus dem Jahre 1952, als die dänische, norwegische und finnische Polizei mitteilte, es sei ausgeschlossen, dass dieses elende Auto aus einem ihrer Länder nach Schweden gekommen war. Gleichzeitig stellte der schwedische Zoll fest, dass es auch nicht aus dem übrigen Ausland gekommen sein konnte. Es gab damals, wie du dich vielleicht erinnerst, noch nicht so viele Autos wie heute, und es waren unzählige Formalitäten nötig, um ein Kraftfahrzeug über eine Grenze zu schaffen.«
    »Ja, ich erinnere mich. Und diese Zeugen…«
    »Die beiden Zeugen in dem Auto waren Arbeitskollegen. Der eine war Meister in einer Autowerkstatt und der andere Kfz-Mechaniker. Der dritte Mann war ebenfalls ausgesprochen kompetent, was Autos betraf. Von Beruf war er… Tja, rate mal.«
    »Direktor der Renault-Fabriken?«
    »Nein. Polizeioberwachtmeister. Spezialist für Verkehrsfragen. Er hieß Carlberg und ist mittlerweile tot. Aber auch dieser Punkt wurde nicht vernachlässigt. Wir beschäftigten uns damals schon ein wenig mit Zeugenpsychologie. Folglich ließ man diese drei Männer eine Reihe von Tests absolvieren. Sie mussten jeder für sich die Silhouetten verschiedener Automodelle identifizieren, die mit einem Projektor auf eine Leinwand geworfen wurden. Die drei erkannten alle gängigen Automodelle, und der eine Zeuge, der Kfz-Meister, schaffte sogar noch so seltene Modelle wie Hispano-Suiza und Pegaso. Nicht einmal, als sie ihm ein Auto unterschoben, das es so gar nicht gab, konnten sie ihn hereinlegen. Er erklärte, das sei die Front eines Fiat 500 und das Heck eines Panhard Dyna.«
    »Aus und vorbei«, sagte Kollberg. »Was sagten die Jungs, die den Fall untersucht haben? Hinter vorgehaltener Hand?«
    »Im Kollegenkreis hieß es: Der Mörder ist in den Akten, es ist einer der unzähligen Männer, die mit Teresa Camaräo geschlafen haben, und dieser Mann hat sie in einem Anfall von, tja, was immer einem Sexualverbrecher so in den Sinn kommen mag, erwürgt. Die Ermittlungen sind kollabiert, weil irgendwer bei der Kontrolle all dieser Renaults geschlampt hat. Also überprüften wir alles noch einmal. Und noch einmal. Aber dann dachten sie völlig richtig, inzwischen ist so viel Zeit vergangen, dass die Spur für immer erkaltet ist. Sie glaubten immer noch, dass bei der Kontrolle der Autos irgendetwas schiefgegangen sein musste, aber es war zu spät, um daran noch etwas zu ändern. Ich bin mir sicher, dass beispielsweise Ek, der damals dabei war, das auch heute noch glaubt. Und im Grunde denke ich genauso. Ich kann es mir nicht anders erklären.« Kollberg schwieg einen Moment. Dann sagte er: »Was ist mit Teresa an dem Tag passiert, den du erwähnt hast? Im Mai 49?«
    Martin Beck studierte die Blätter und sagte: »Sie erlitt eine Art Schock, der ein psychologisches Phänomen auslöste und zu einem psychischen und physischen Zustand führte, der relativ selten auftritt, aber keineswegs einmalig ist. Teresa Camaräo wuchs in einer Oberschichtfamilie auf. Ihre Eltern waren Katholiken wie sie selbst. Sie war Jungfrau, als sie im Alter von zwanzig Jahren heiratete. Sie lebte vier Jahre mit ihrem Mann zusammen, typisch schwedisch, obwohl beide Ausländer waren, und in dem Milieu, das so typisch für die an gepasste obere Mittelschicht war und immer noch ist. Sie war zurückhaltend, ziemlich klug und eher ruhig. Ihr Mann beschrieb die Ehe als glücklich. Teresa Camaräo war, meint hier ein Arzt, ein typisches Produkt dieser beiden Milieus, strikte katholische Oberschicht und strikte schwedische Bürgerlichkeit, mit all den moralischen Tabus, die jedes Milieu für sich beansprucht, ganz zu schweigen von der Summe aus beiden. Am 15. Mai 49 war ihr Mann beruflich in Nordschweden unterwegs. Sie besuchte zusammen mit einer Freundin eine Vorlesung. Dort trafen die beiden einen Mann, den die Freundin von früher her kannte. Er begleitete sie in Camaräos Wohnung in der Torsgatan, wo die Freundin übernachten sollte, da sie ebenfalls Strohwitwe war. Sie tranken Tee und ein paar Gläser Wein und unterhielten sich über die Vorlesung. Der Typ war niedergeschlagen, weil er Probleme mit einem Mädchen hatte, das er übrigens kurz darauf heiratete. Er hatte an dem Abend nichts vor. Er fand Teresa hübsch, was sie auch war, und