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Endstation für neun

Endstation für neun

Titel: Endstation für neun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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ich alles, was in den letzten zehn Jahren passiert ist, in Gedanken durchgegangen. Warum hast du nichts gesagt?« Martin Beck sah ihn an und biss nachdenklich auf seinen Kugelschreiber. Sie hatten den gleichen Gedanken, und Kollberg sprach ihn aus.
    »Man kann sich beim besten Willen nicht nur telepathisch verständigen.«
    »Nein«, sagte Martin Beck. »Außerdem liegt der Fall Teresa sechzehn Jahre zurück. Und du hattest nichts mit den Ermittlungen zu tun. Sie wurden von Anfang bis Ende von der Stockholmer Polizei durchgeführt. Ich könnte mir vorstellen, dass Ek als Einziger von damals noch dabei ist.«
    »Dann bist du die Akten schon durchgegangen?«
    »Wo denkst du hin. Ich habe sie nur überflogen. Die Ermittlungsakten sind mehrere tausend Seiten dick. Sie liegen in Västberga. Sollen wir hinfahren und sie uns anschauen?«
    »Ja. Mein Gedächtnis könnte eine Auffrischung gut gebrauchen.«
    Im Auto sagte Martin Beck:
    »Du erinnerst dich vielleicht noch gut genug, um zu verstehen, warum sich Stenström mit der Teresa-Sache beschäftigt hat?« Kollberg nickte.
    »Ja, weil es das absolut Schwierigste war, worauf er sich stürzen konnte.«
    »Genau. Der unmöglichste von allen unmöglichen Fällen. Er wollte uns ein für alle Mal zeigen, was er draufhat.«
    »Und dann hat er sich erschießen lassen«, sagte Kollberg. »Herrgott, ist das dämlich. Und wo ist die Verbindung?« Martin Beck antwortete nicht, und es fiel kein Wort mehr, bis sie sich nach vielem Hin und Her bis Västberga durchgekämpft und im Schneeregen vor dem Polizeipräsidium Süd geparkt hatten. Dann sagte Kollberg:
    »Kann der Fall Teresa gelöst werden? Heute?«
    »Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen«, sagte Martin Beck.

25
    Kollberg seufzte unglücklich und blätterte lustlos und willkürlich in den zusammengehefteten Berichten, die sich auf dem Tisch stapelten.
    »Um das alles durchzugehen, braucht man eine Woche«, sagte er.
    »Mindestens. Hast du die Fakten im Kopf?«
    »Nein. Nicht einmal in groben Zügen.«
    »Es gibt hier irgendwo eine Zusammenfassung. Ansonsten kann ich das Wesentliche erzählen.«
    Kollberg nickte. Martin Beck suchte einige Blätter heraus und erklärte:
    »Die Fakten selbst sind klar und eindeutig. Sehr simpel. Und genau darin liegt das Problem.«
    »Schieß los«, sagte Kollberg.
    »Am Morgen des 10. Juni 1951, also vor mehr als sechzehn Jahren, fand ein Mann, der nach seiner entlaufenen Katze suchte, eine tote Frau in einem Gebüsch in der Nähe von Stadshagens Sportplatz auf Kungsholmen. Sie war nackt und lag mit angelegten Armen auf dem Bauch. Die gerichtsmedizinische Untersuchung ergab, dass jemand sie erwürgt hatte und sie seit etwa fünf Tagen tot war. Der Körper war noch gut erhalten und hatte vermutlich in einem Kühlraum oder etwas Ähnlichem gelegen. Die Umstände des Verbrechens deuteten insgesamt klar auf einen Lustmord hin, aber da so viel Zeit verstrichen war, konnte der Obduzent keine sicheren Anzeichen dafür finden, dass die Frau ein Opfer sexueller Gewalt geworden war.«
    »Was im Großen und Ganzen Lustmord bedeutet«, warf Kollberg ein.
    »Genau. Die Untersuchung des Tatorts zeigte andererseits, dass der Körper nicht mehr als zwölf Stunden an der Fundstelle gelegen haben konnte, was später auch durch Zeugen bestätigt wurde, die am Vorabend das Gebüsch passiert hatten und die Leiche hätten sehen müssen, wenn sie schon dort gewesen wäre. Weiter fand man Fasern und Textilpartikel, die daraufhin deuteten, dass sie, in eine graue Decke gewickelt, zum Fundort transportiert wurde. Es stand folglich eindeutig fest, dass Fundort und Tatort nicht identisch waren und jemand die Leiche in die Büsche geworfen hatte. Von größeren Anstrengungen, sie mit Hilfe von Moos oder Zweigen oder Ähnlichem zu verstecken, konnte auch nicht die Rede sein. Ja, das dürfte wohl alles… Nein, Moment, noch zwei Punkte. Sie hatte einige Stunden vor ihrem Tod nichts gegessen. Irgendwelche Täterspuren in Form von Fußabdrücken oder Ähnlichem konnten nicht gesichert werden.« Martin Beck drehte das Blatt um und überflog den maschinengeschriebenen Text.
    »Die Frau wurde noch am selben Tag als eine gewisse Teresa Camaräo identifiziert. Sie war sechsundzwanzig Jahre alt und stammte aus Portugal. Sie war 1945 nach Schweden gekommen und hatte im selben Jahr einen Landsmann namens Henrique Camaräo geheiratet. Er war zwei Jahre älter als sie und Funker bei der Handelsflotte gewesen, hatte aber

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