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Endstation Kabul

Endstation Kabul

Titel: Endstation Kabul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achim Wohlgethan
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gerne sehen würde, wenn ich bis zum Wechsel der Kommandos bei ihnen bliebe. Meine Teamkameraden und ich hatten uns nicht nur aneinander gewöhnt und jede Menge gemeinsam erlebt, sondern eine feste Freundschaft geschlossen. Mit bangem Gefühl gab ich meinen Antrag bei der Aufklärungskompanie ab.
    Wir hörten, dass die Amerikaner ein großes Waffenlager gefunden hatten. Über zehntausend AK-47-Sturmgewehre mit der notwendigen Munition sollen ihnen in die Hände gefallen sein. Die KCT hatten zwar bereits die verschiedensten Waffen zur Verfügung, wurden aber trotzdem hellhörig. Waren sie doch der Auffassung: Waffen aller Art kann man nie genug haben. So fuhren wir zu den Amerikanern mit einem Ersuchen, uns zu Ausbildungszwecken ein paar der russischen Sturmgewehre zu überlassen. Die Amerikaner waren ganz aufgeschlossen und meinten: »Kein Problem. Aber ihr müsst uns im Tausch etwas anderes geben.« Eine Hand wäscht halt die andere. Ihre Wünsche waren eher banal. Sie brauchten Plastikteller, Becher und Besteck – Dinge, die im deutschen Kontingent zur Genüge vorhanden waren. Ich organisierte über unsere Küche das Geforderte in kürzester Zeit. Am Abend hatte ich bereits alles zusammen.
    Der amerikanische Materialverantwortliche freute sich wie ein kleines Kind über die Unmenge an Plastikbesteck, die Amis hatten nämlich im Moment einen Engpass bei diesen Artikeln. Ich wunderte mich, dass es selbst bei den Amerikanern mit ihren finanziellen Mitteln und der perfekten Logistik zu Engpässen in der Versorgung kam. Das zeigte mal wieder, wie weit wir hier vom Schuss waren. Trotzdem hatte bei der Übergabe alles seine Ordnung: Er überrreichte mir, mit einem Beleg, zehn Sturmgewehre und zehntausend Schuss Munition für diese. Als wir alles aufgeladen hatten, fuhren wir zurück ins Warehouse und begannen, die Waffen und Munition in unseren Container einzulagern. Die Niederländer freuten sich tierisch über diesen Zugewinn.
    Der Bundeskanzler hatte sich für Ende September angesagt. Gerhard Schröder wollte bereits zum zweiten Mal Camp Warehouse besuchen. Beim ersten Mal hatte er fast im Schatten des »Kaisers«, Franz Beckenbauer, gestanden. Der war im Frühjahr mitgereist, um für die Fußball-WM in Deutschland die Werbetrommel zu rühren. Er hatte damals jede Menge Trikots und Fußbälle als Geschenke für afghanische Schulen dabei und stahl unserem Kanzler fast die Show. Was natürlich auch daran lag, dass dieses Volk sehr fußballbegeistert ist und Franz Beckenbauer kein Unbekannter war.
    Allerdings hatten wir vor Schröders Besuch noch einen anderen Auftrag. Einen Tag vorher sollte in der Polytechnischen Hochschule von Kabul eine Handelskonferenz mit internationalen Vertretern der Wirtschaft stattfinden. Auch Präsident Karzai sollte teilnehmen, deshalb wurde die Absicherung mit ISAF-Truppen unterstützt. Die niederländischen Kommandos sollten die erweiterte Sicherung im Außenbereich übernehmen. Am Morgen fuhren wir zum Haupteingang der Polytechnischen Hochschule. Dort ließ sich auch unser vorgeschobener Gefechtsstand nieder. Nachdem wir uns alle mit den Örtlichkeiten vertraut gemacht hatten, wurden die verschiedenen Teams eingewiesen und für bestimmte Aufgaben eingeteilt. Wir, das Team 4.11, wurden zur Sicherung des Haupttores und unseres Gefechtsstandes eingesetzt. Dazu parkten wir unsere Fahrzeuge so, dass sie den Zugang zum Haupteingang der Hochschule behinderten und vorbeikommende Fahrzeuge die Geschwindigkeit drosseln mussten, wenn sie an uns vorbeiwollten. Wir stellten uns neben diese Barriere und beobachteten die Lage.
    Außer mit der sengenden Hitze hatten wir mit Staub zu kämpfen. Neben der Hochschule befand sich der große Platz, auf dem die Loya Jirga stattgefunden hatte. Von dort wehte eine Menge Staub und Sand zu uns herüber, was sehr unangenehm war. Auch auf der Straße vor der Hochschule lag eine leichte Sandschicht, die bei jeder Böe aufgewirbelt wurde und uns in der Nase kitzelte und in den Augen brannte. Dann kam ein Fahrzeug der Stadtwerke auf uns zu und versprach eine Besserung der Lage. Der große rote Tankwagen, der wie ein alter 5-Tonner der Bundeswehr aussah, hatte vorne eine Sprengvorrichtung, mit dem er die Straße wässerte, um das Staubproblem zumindest für eine Weile zu verringern.
    Der Wagen kam langsam auf uns zu, bis ich ihn per Handzeichen aufforderte, stehen zu bleiben. Der Fahrer hatte meine Geste auch registriert und drosselte sein Tempo. Allerdings stellte er

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