Endstation Mosel
Monikas auf dem Schreibblock ruhenden rechten Hand der Mittelfinger? Gabi schien es ebenfalls bemerkt zu haben und grinste sie an: »In jüngster Zeit hat er sich unter anderem um die Beschaffung von Teilzeitkräften für die Luxemburger Gebäudereinigungsfirma Klein gekümmert. Sie unterhält Dependancen in Deutschland und Frankreich. Fensterputzer sind zumeist Männer. Für die Böden werden Frauen eingesetzt. Frauen sind nicht so dämlich, sich für einen Hungerlohn auch noch die Gräten zu brechen.«
»Sorry, werte Kollegin, aber das gehört nicht zum heutigen Thema«, unterbrach sie Stiermann.
»Pardon, Herr Präsident, aber wenn man wie ich tagtäglich mit benachteiligten, entwürdigten und gepeinigten Frauen konfrontiert ist, entwickelt man so etwas wie Sensibilität und Mitgefühl.« Sie winkte ab. »Lassen wir das! Dieser Hank oder Hemp wirbt also Leute für schlecht bezahlte, teils nicht einmal ordentlich gemeldete Jobs. Da hat er automatisch Kontakt zu den ärmeren bis ärmsten Bevölkerungsschichten, zu denen in Frankreich – nicht anders als bei uns – Immigranten und Asylsuchende zählen. In Nancy ist man ganz schlecht auf ihn zu sprechen. Nichts Genaues sagt man nicht, aber ich verwette meinen …«, sie legte eine Pause ein, »Rosenkranz darauf, dass die fünf Toten aus der Populis von dort kommen.«
»Ich glaube zu wissen, wer dieser ominöse Taucher ist, der nachts für das Käsblatt an der Populis war«, nutzte Stadler die Gelegenheit, sich zu Wort zu melden.
»Das hilft uns jetzt nicht recht weiter«, schaltete sich Walde ein. »Grabbe, berichte bitte!«
Stadler schnaubte tief durch und lehnte sich in seinen Stuhl zurück.
*
Grabbe richtete mehrere Häufchen Papiere vor sich in Reih’ und Glied aus.
»Leider ist die Situation bei der Besatzung der Populis unverändert. Aber ich habe hier Unterlagen, die darauf hindeuten, dass im Krankenhaus der Gebenedeiten Schwestern Steineroth in der Station mit Schwerpunkt Transplan …«, diesmal blieb er schon viel früher hängen. Dabei hatte er sich heute darauf konzentriert, das Wort Transplantationstourismus zu vermeiden. »Dass dort in der Station mit Schwerpunkt Organverpflanzung unter Chefarzt Prof. Dr. Sieblich Ungereimtheiten auftreten.«
»Was heißt Ungereimtheiten und wie kommen Sie an diese Informationen?«, fragte Staatsanwalt Roth, der sich Notizen machte.
Grabbe war auf diese Frage vorbereitet: »Die sind mir zugespielt worden.«
»Ich hoffe, hier ist alles mit rechten Dingen zugegangen, in solch sensible Bereiche wie Krankendaten et cetera möchte ich keinesfalls ohne die erforderlichen Genehmigungen …«
»… gegen die meisten Informationen, egal ob anonym oder nicht, habe ich nichts einzuwenden. Sollen wir sie ignorieren, wo wir sie schon mal auf dem Tisch liegen haben?«, unterbrach ihn Stiermann.
»So einfach ist das nicht, im Falle eines Prozesses ist das ganze Material nichts wert und kann unter Umständen sogar kontraproduktiv sein.«
»Ich schlage vor, wir hören uns an, was Kollege Grabbe zu sagen hat«, schlug Walde vor.
Als niemand etwas einwandte, fuhr Grabbe fort: »Bei den Privatpatienten ist mir eine Ungereimtheit aufgefallen. Prof. Dr. Sieblich rechnet seine Leistungen mit den Patienten direkt ab. Das Krankenhaus stellt lediglich einen Tagessatz in Rechnung. Dieser wird in der Regel von den entsprechenden Versicherungen beglichen. Ich möchte da nicht allzu sehr ins Detail gehen. Dies trifft aber nur auf deutsche Patienten zu.«
»Werden auch Ausländer in seiner Transplantationsabteilung behandelt?«, fragte Monika.
»Soweit sie hier leben und in den entsprechenden Wartelisten geführt werden, ja. Aber hier handelt es sich fast ausnahmslos um Araber aus Dubai und benachbarten Ländern.«
»Wie viele?«
»Ich habe siebenunddreißig gezählt«, antwortete Grabbe.
»Und die haben alle Organe erhalten?«, wollte Monika weiter wissen.
»Das geht aus den Unterlagen nicht hervor. Ich habe auch keine Diagnosen oder Rechnungen von Prof. Sieblich. Nein, lediglich die Rechnungen über die Tagessätze der Gebenedeiten Schwestern. Und die wurden – da liegt für mich der Hund begraben – bei allen arabischen Patienten von ein und demselben Konto überwiesen. Dieses Konto wird geführt auf einen gewissen Dr. Singh. Er ist Inder und arbeitet als Anästhesist in der Klinik der Gebenedeiten Schwestern …«
»In der Abteilung von Prof. Dr. Sieblich«, ergänzte Monika.
Grabbes anfängliche Scheu war einer
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