Endstation Oxford
der Karte. »Es ist gar nicht so weit. Nur ein Stück die M40 hinunter. Vielleicht treffen wir ihn tatsächlich persönlich an oder finden zumindest Anzeichen seiner Anwesenheit. Er wird doch sicher keine kleine Freundin dort untergebracht haben, oder?«
»Kann ich mir nicht vorstellen. Andererseits habe ich mich schon früher in ihm geirrt.«
»Wir könnten ihn fragen, was er inzwischen unternommen hat und ob er irgendetwas in die Wege geleitet hat, um Estelle zu finden.«
»Irgendwie ist er aalglatt. Bei ihm weiß man nie, ob er ehrlich ist oder nicht. Jedes Mal, wenn ich ihn treffe, verhält er sich anders. Er scheint sich der jeweiligen Situation anzupassen.«
Kate wendete den Wagen auf Charleys Auffahrt und fuhr in Richtung A44. Craig lotste sie über die Autobahn und machte sie rechtzeitig auf die Ausfahrt aufmerksam. Auf ihrem Weg über die schmalen Landstraßen nahm die ansprechende Umgebung sie wieder gefangen. Auch hier war es wirklich schön, allerdings weniger ländlich als in dem Teil von Oxfordshire, den sie soeben verlassen hatten.
»Es muss hier irgendwo rechts sein«, verkündete Craig. »Gleich hinter der Post.«
»Die Karte muss alt sein«, stellte Kate fest. »In kleinen Dörfern wie diesem hier gibt es keine Postämter mehr.«
Und sie behielt recht. Zwar hing noch ein Briefkasten an der Ecke eines kleinen Tante-Emma-Ladens, aber das Schild mit der Aufschrift »Postamt« war verschwunden. Kate parkte in einer Parklücke wenige Meter weiter, gleich hinter einem mit Matsch bespritzten Audi A4. Nirgends sah man Menschen, und die beiden Autos waren die einzigen in der ganzen Straße. Der Kasten am windschiefen Pfeiler der einsamen Bushaltestelle enthielt keinen Fahrplan mehr.
»Ein Geisterdorf«, flüsterte Kate.
»Aber hübsche Cottages«, erwiderte Craig.
Obwohl es heller Tag war, waren die meisten Fensterläden geschlossen und die Vorhänge zugezogen.
»Wochenendhäuser«, stellte Kate fest. »Jede Wette: Wenn du dir die Namen dieser Häuser anschaust, findet du so etwas wie Zur alten Post oder Altes Schulhaus, und vielleicht findest du sogar ein Cottage Zum roten Löwen, wo früher einmal der Pub gewesen ist.«
»Hier ist Peters Haus«, sagte Craig und blieb vor einem weiß getünchten Cottage stehen. »Alte Meierei. Du hast recht. Wahrscheinlich ließ es sich hier vor ein paar Jahrzehnten nicht schlecht leben.«
»Ich verstehe, warum Estelle es renovieren will«, sagte Kate. »Wenn Peter hier nicht bald anstreicht, wird er die Fensterbänke sehr bald erneuern müssen.«
»Die Form des Daches gefällt mir ganz und gar nicht«, pflichtete Craig ihr bei.
»Es hängt durch. Das wird teuer.«
Sie folgten dem kurzen Backsteinpfad durch struppiges, feuchtes Gras. Kate klingelte. Das Echo klang durch das Haus, das sich leer anhörte.
»Weißt du, ob der Audi da draußen Peter gehört?«
»Soviel ich weiß, fährt er einen alten Volvo Kombi. Ich habe schon gehört, wie Estelle mit ihm geschimpft hat, weil der Wagen ihrer Meinung nach die ganze Straße verschandelt.«
»Ich probiere es noch einmal.« Craig klopfte, doch es kam keine Antwort.
»Vielleicht versteckt sich Peter hinter dem Sofa und hofft, dass wir schnell wieder verschwinden.«
»Es gibt noch einen Seiteneingang. Sollen wir es dort probieren?«
»Aber sicher.«
Das Gartentor war weder abgeschlossen noch verriegelt. Sie stießen es auf und betraten Peters Garten. Wie es aussah, war der Rasen seit letztem August nicht mehr gemäht worden. Zwischen bräunlichen Grasbüscheln wuchsen unbeschnittene Rosenbüsche.
»Der Rollladen ist hochgezogen«, stellte Craig fest, der neben der Hintertür stand und durch das schmutzige Fenster spähte.
»Kannst du irgendetwas erkennen?« Kate stellte sich neben ihn und rubbelte mit der bloßen Hand über die Scheibe.
»Keiner da. Aber auf dem Tisch stehen eine Milchtüte, eine Packung Müsli, zwei Schalen und zwei Kaffeebecher. Die Schalen sehen benutzt aus.«
»Dann hat also jemand bei ihm übernachtet. Interessant wäre, wann das war und ob der- oder diejenige noch da ist.«
»Meinst du, es könnte Estelle gewesen sein?«
»Sie hätte sicher gespült und das Müsli weggeräumt.«
»Neben dem Stuhl liegt eine Zeitung.«
»Kannst du das Datum erkennen?«
»Unmöglich. Auch die Schlagzeile kann ich nicht sehen. Nichts, was darauf schließen lassen könnte, dass die Zeitung von heute ist.«
»Siehst du irgendwelche Bücher oder vielleicht den Katalog?«
»Nein, aber beide würde
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